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"Zug der Hoffnung" in Fahrt

Bahnlinie zwischen Indien und Pakistan nach 41 Jahren wieder eröffnet

Von Hilmar König, Delhi*

Mit traditioneller Musik wurde der Zug in Pakistan begrüßt Foto: AFP Als »historischen Schritt« in den bilateralen Beziehungen haben am Wochenende Politiker Indiens und Pakistans die Wiederaufnahme der Eisenbahnverbindung zwischen Munabao im indischen Unionsstaat Ra-jasthan und Khokrapar in der pakistanischen Provinz Sindh bewertet.

Als am Saonnabend der »Thar-Express« erstmals seit 41 Jahren wieder die Grenze zwischen beiden Staaten passierte und kurz darauf Munabao erreichte, empfingen ihn hunderte Schaulustige auf den Sanddünen der Thar-Wüste mit Beifall und Hochrufen auf die indisch-pakistanische Freundschaft. Die zehn grün-gelben Waggons der Pakistan Railways waren mit Fähnchen und Girlanden geschmückt. An der Lokomotive prangten die Schriftzüge »Königin der Wüste« und »Brücke der Freundschaft«. Die 300 Passagiere, darunter 60 Mitglieder des Pakistan-Indien-Völkerforums für Frieden und Demokratie, winkten begeistert. Auf dem Bahnsteig spielte eine Musikkapelle, Volkstänzer wirbelten im Kreise. Als ein paar Stunden später der Zug zurückkehrte, wurde den 260 indischen Passagieren auf pakistanischem Gebiet eine ebenso enthusiastische Begrüßung zuteil.

Die enorme Anteilnahme der Bevölkerung ist verständlich. Tausende Familien leben seit 1947 getrennt, als viele indische Muslime nach Sindh flohen, wo sie bis heute als »Mohajirs« für einen gleichberechtigten Status kämpfen. Der Krieg von 1965 führte zur Stilllegung der Eisenbahnlinie, die bis dahin Bombay und Karatschi miteinander verband. Im April vergangenen Jahres beschlossen beide Regierungen im Rahmen des Friedensdialogs, den Schienenverkehr wieder aufzunehmen. Die Linie verbindet nun Karatschi mit Jodhpur, wobei Khokhrapar und Munabao nur die Grenzstationen sind. Die Distanz zwischen ihnen beträgt lediglich zehn Kilometer, doch sei deren Überwindung »historisch gesehen ein großer Schritt, ein Meilenstein in den Beziehungen zwischen Pakistan und Indien«, kommentierte Salahuddin Haider, der Regierungssprecher der Sindh-Provinz, das Ereignis. Ähnlich äußerte sich Indiens Eisenbahnminister Lalu Prasad Yadav. Er sagte, der »Zug der Hoffnung« werde dazu beitragen, den Graben zwischen beiden Nachbarn zu überbrücken.

Für den pakistanischen Lokführer Jaan Shehsad indes wiederholte sich Geschichte. Er hatte 1965 den letzten Zug über die Grenze gebracht und durfte jetzt den ersten nach Munabao fahren. Sein indischer Kollege Badri Prasad meinte im Führerstand des Anschlusszuges nach Jodhpur: »Ich bin nicht einfach ein Lokführer, sondern Botschafter des Friedens.« Viele indische und pakistanische Teilnehmer der Jungfernfahrt weinten vor Freude, endlich ihre Verwandten wieder besuchen zu können. Babu Khan, ein rajasthanischer Musiker, erklärte: »Unsere Menschen leben auf beiden Seiten der Grenze. Dank des Zuges haben wir jetzt die Möglichkeit, uns zu treffen.« Mohammed Ali Azhar, der 1947 als Kind mit seinen Eltern aus Jaipur in die Sindh-Provinz emigrierte, erklärte: »Ich bin aufgeregt und neugierig, denn das ist die Entdeckungsreise zu meinen Wurzeln.« Zweifellos verbessert der einmal wöchentlich verkehrende »Thar-Express« das Klima zwischen den beiden nuklear bewaffneten Nachbarn weiter. Doch bei aller Euphorie darüber darf nicht übersehen werden, dass zentrale Probleme nach wie vor ungelöst sind, an erster Stelle der Kaschmirkonflikt.

* Aus: Neues Deutschland, 21. Februar 2006


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