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Rüstungsmesse in Indien: Russland lässt die Panzer rollen

Indien ist seit vielen Jahren der größte Importeur von russischen Rüstungen. Ein Bericht von RIA Novosti *

Mehr als 150 Erzeugnisse stellen russische Rüstungsbetriebe bei der 7. Internationalen Waffenmesse DEFEXPO 2012 vor, die am Donnerstag (12. April) in Neu-Delhi eröffnet worden ist.

Die größte Aufmerksamkeit zieht die neuste Modifikation des T-90S-Panzers auf sich, nicht zuletzt weil Indien der größte ausländische Abnehmer dieses Modells ist (T90S-Kampffahrzeuge machen etwa ein Viertel aller Panzer der indischen Streitkräfte aus).

Bei der DEFEXPO stehen Verhandlungen über die Modernisierung aller bisher nach Indien gelieferten Panzer der Typen T-90S und T-72 an. Das teilte der Vizechef der russischen Waffenexportbehörde Rosoboronexport, Viktor Komardin, in einem Pressegespräch vor der Eröffnung der Messe mit.

„Messe-Hit“

Im Jahr 2001 hatte Russland Indien die Lizenz für den Bau von 1000 T-90S-Panzern verkauft. Die Serienproduktion dieser Panzer unter dem Namen Bhishma wurde aber erst 2009 in die Wege geleitet worden. Bis dahin wurde die erste große T-90S-Partie (310 Maschinen) 2002 nach Indien geliefert. Der zweite Vertrag (124 gebaute Panzer und 223 fertigzubauende Garnituren) wurde zwischen 2008 und 2011 erfüllt.

Derzeit verfügen die indischen Streitkräfte über schätzungsweise 640 T-90S-Panzer, bis zu 2000 T-72M1-Panzer und etwa 800 veraltete T-54/T-55 und 120 Arjun-Panzer aus eigener Produktion. Die indischen Tanks sind den russischen in vielerlei Hinsicht unterlegen.

Komardin erwartet großes Aufsehen um den modernisierten T-90S bei der DEFEXPO 2012, zumal es die erste Präsentation dieser Modifikation im Ausland ist. „Die indische Armee hat bereits T-90S-Panzer, aber seine modernisierte Version - im Grunde ist das ein absolut neues Fahrzeug - könnte für die indische Seite interessant sein“, betonte er. Der Panzer T-90S mit Klimaanlage und neuer Kanone wird erstmals im Ausland gezeigt

Am T-90S wurde vor allem der Turm modernisiert. Das Kampffahrzeug verfügt jetzt über ein neues automatisiertes Feuerlenksystem, eine präzisere 125-Millimeter-Kanone, ein ferngesteuertes 7,62-Millimeter-Maschinengewehr und ist besser gegen hochpräzise Waffen, lenkbare Anti-Panzer-Raketen und Minen geschützt.

Dank des neuen stabilisierten Panorama-Visiers, eines Mehrweg-Aufsatzvisiers und eines Rundumbeobachtungssystems ermöglicht das automatisierte Feuerlenksystem die Ortung und Vernichtung von Zielen im Stand und in der Bewegung unabhängig von Tages- oder Nachtzeit.

Die Lenkbarkeit des Panzers wurde dank eines neuen automatischen Getriebes und eines neuen Schwenkantriebssystems verbessert.

Die modernisierte T-90S hat einen 1130 PS starken Dieselmotor.

Darüber hinaus verfügt der Panzer über einen Dieselgenerator für den Standbetrieb weshalb der Treibstoffverbrauch stark verringert werden konnte und der Panzer schwieriger im Infrarotlicht auszumachen ist. Dabei ist die T-90S relativ leicht mit den denselben Außenmaßen geblieben, was einer der Vorteile der russischen Panzer sind.

Indien – wichtiger Kunde im Waffenhandel

Indien ist seit vielen Jahren der größte Importeur von russischen Rüstungen. Laut dem Zentrum für die Analyse des globalen Waffenhandels war Russland zwischen 2008 und 2011 die Nummer eins auf dem indischen Waffenmarkt (51,6 Prozent, 7,16 Milliarden Dollar). Experten rechnen damit, dass sich Russlands Waffenexport nach Indien bis 2015 mehr als verdoppeln und 14,6 Milliarden Dollar übertreffen wird. 2013 werden die USA allerdings zur Nummer eins auf dem indischen Rüstungsmarkt aufsteigen. „In den letzten Jahren wird der Druck der Konkurrenz zunehmend größer“, räumte Viktor Komardin ein. „Das ist ein objektiver Prozess: Der indische Markt ist sehr attraktiv. Aber auch die Ausschreibungsbedingungen sind enorm hart. Deshalb zeuge die Tatsache, dass wir viele Ausschreibungen gewinnen, von der hervorragenden Qualität der russischen Waffen, wie auch von der Effizienz unserer Marketingpolitik.“

Die DEFEXPO ist traditionell eine der wichtigsten Waffenmessen im Asiatisch-Pazifischen Raum. Die russischen Rüstungsbauer gehören seit der ersten Messe im Jahr 2000 zu den Ausstellern. Bei der DEFEXPO werden keine Kampfjets präsentiert – dafür ist die Luft- und Raumfahrtmesse in Bangalore da.

Nach Angaben des Zentrums für Strategien- und Technologienanalyse hat Indien im vergangenen Jahr 16 russische Su-30MKI-Kampfjets (sechs gebaute Maschinen und zehn fertigzubauende Garnituren) erhalten. Gleichzeitig wurde auch der Vertrag über die Lieferung von 16 MiG-29K-Bordjets erfüllt, die für den Flugzeugträger „Vikramaditya“ (Ex-„Admiral Gorschkow“) bestimmt sind.

In diesem Jahr wird Neu-Delhi nach russischen Angaben weitere 30 Su-30MKI-Bestandteile erhalten. Darüber hinaus ist die Unterzeichnung eines Vertrags über die Lieferung von weiteren 42 Maschinen dieses Typs geplant.

Mit seinen Kampfjets hat Russland bei den indischen Ausschreibungen bisher keine Erfolge verzeichnen können. Die Russen gingen mit ihrem Mehrzweck-Kampfjet MiG-35 2011 bei einer Ausschreibung über 126 Maschinen leer aus - die Inder entschieden sich für die französische Dassault Rafale der vierten Generation.

Beim Ringen um die Lieferung von 22 Kampfhubschraubern zog das russische Modell Mi-28N Night Hunter den Kürzeren (AN64D Apache von Boeing erhielt den Zuschlag). Derzeit laufen zwei weitere Ausschreibungen, an denen die Mehrzweckhubschrauber Ka-226 und der superschwere Mi-26 teilnehmen. Experten stellen beiden Modellen große Erfolgschancen aus.

Waffen für indisches Heer

Zudem zeigt Russland bei der indischen Rüstungsmesse den neusten automatischen hochpräzisen Anti-Panzer-Raketenkomplex Kornet-EM, der auf den neuen Panzerwagen „Tigr“ installiert werden kann. Seine Schussweite liegt zwischen acht bis zehn Kilometer, während das Brechungsvermögen der Raketen 110 bzw. 1300 Millimeter erreicht. Dank des gleichzeitigen Abfeuerns von zwei Raketen auf ein Ziel können jegliche bisher entwickelte aktive Panzerabwehrsysteme überwunden werden. Auch gegen Luftziele wie Hubschrauber, Drohnen und Schlachtflugzeuge ist die Kornet-EM geeignet.

Russland präsentiert in Neu-Delhi auch andere neue Technik wie Panzerunterstützungsfahrzeug BMPT, den Infanteriepanzerwagen BMP-3M, Schützenpanzerwagen BTR-80A, Mehrfachraketenwerfer Smertsch (Tornado), Selbstfahrlafette Nona-SWK usw.

Als Flugtechnik werden der Kampfhubschrauber Mi-28NE, der Mehrzweckhubschrauber KA-226T, der Radarseeaufklärungshubschrauber Ka-31, der Frachthelikopter Mi-18, das Frachtflugzeug Il-76MD und seine Tankmodifikation Il-78MK vorgestellt.

2008 hatte Russland mit Indien einen Vertrag über die Lieferung von 80 Mi-17W5-Helikoptern abgeschlossen. Seit dem Lieferbeginn Herbst wurden den Indern bereits 21 Maschinen übergeben.

Marinewaffen

Auch Marinewaffen hat Russland bei der DEFEXPO zu bieten. So wird das neuste Diesel-Elektro-U-Boot Amur-1650 präsentiert. Neben der Scorpene (Frankreich), dem Klasse 214 (Deutschland) und der S-80 (Spanien) ist dieses Modell an der indischen Ausschreibung über sechs U-Boote für insgesamt 11,8 Milliarden Dollar beteiligt. „Russland testet derzeit eine prinzipiell neue luftunabhängige Kraftanlage, mit der nicht nur U-Boote des Typs Amur-1650, sondern auch gemeinsame Projekte ausgestattet werden können“, so Komardin. „Das ist eine sehr wichtige Bedingung der indischen Seite. Die Perspektiven in diesem Bereich sind gut.“

Dank dem luftunabhängigen Betrieb kann das U-Boot bis zu 25 Tagen unter Wasser bleiben. Bei ausländischen U-Booten sind es lediglich 15 bis 20 Tage.

In den Admiralitätswerften in St. Petersburg werden derzeit zwei neue U-Boote dieses Typs gebaut, die mit neuen Kraftanlagen ausgerüstet werden, für deren Entwicklung das Zentrale Konstruktionsbüro Rubin zuständig ist.

Das Amur-1650-Projekt ähnelt dem nicht-atomgetriebenen U-Boot 677 Lada. Die „St. Petersburg“, das erste U-Boot dieses Typs (allerdings ohne luftunabhängigen Betrieb) wurde 2010 in Dienst gestellt.

Neben der Amur-1650 präsentiert Russland bei der DEFEXPO 2012 ein U-Boot des Projekts 636m, zwei Fregatten (Gepard 3.9 und Projekt 22356), zwei Wachschiffe (Tigr und Projekt 11356), das kleine Raketenschiff Tornado, mehrere Boote sowie verschiedene Schiffswaffen und Seekontrollmittel.

Laut dem Zentrum für Strategien- und Technologienanalyse sind die für 2012 geplanten Schiff-Deals hauptsächlich mit Indien verbunden. Dabei gehe es um den Flugzeugträger „Vikramaditya“ (früher „Admiral Gorschkow“), dessen Übergabe in diesem Jahr erfolgen soll. In diesem Jahr hat Neu-Delhi bereits das Atom-U-Boot „Nerpa“ (Projekt 971) für zehn Jahre gepachtet.

Außerdem bekommt Indien zwei Fregatten (Projekt 11356M) nach einem Vertrag aus dem Jahr 2006 und ein modernisiertes Diesel-Elektro-U-Boot (Projekt 877EKM) (sechs U-Boote haben die Inder bereits erhalten).

Abfangraketen

Russland und Indien haben zudem mehrere gemeinsame Projekte auf den Weg gebracht. Unter anderem entwickeln sie eine neue Ultraschallrakete (BraMos), einen Kampfjet der fünften Generation und ein Mehrzweck-Kamfjet (MTA). Auch die Kooperation im Raketenabwehrbereich bietet gute Perspektiven.

„In Bezug auf die militärtechnische Zusammenarbeit ist die Entwicklung einer zuverlässigen Luft- und Raketenabwehr in Indien erwähnenswert“, unterstrich Komardin. Deshalb präsentiert Russland bei der DEFEXPO gleich mehrere Luft- und Raketenabwehrsysteme. Die Abwehrraketen des Typs Antej-2500 haben eine Reichweite von 350 Kilometern und Flughöhe von 37 Kilometern. Lediglich fünf Minuten sind nötig, um die Raketen dieses Abwehrsystems startklar zu machen.

Wie Wassili Kaschin vom Zentrum für Strategien- und Technologienanalyse in einem Interview für RIA Novosti sagte, macht sich Neu-Delhi große Sorgen um Chinas Aktivitäten in Tibet, wo zuletzt große Manöver mit neuen Waffen stattgefunden haben. Die Inder befürchten, dass die Chinesen in Tibet Kurzstrecken und Mittelstreckenraketen aufstellen könnten.

Deshalb haben die Inder ihr Militärkonzept geändert und Interesse an Luft- und Raketenabwehrsystemen gefunden. Russland habe daher sehr gute Chancen, seine Abwehrsysteme an Indien zu verkaufen, stellte der Experte fest.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, Donnerstag, 12. April 2012; http://de.rian.ru


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