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Wettlauf um indischen Rüstungsauftrag

Bieterverfahren für die Modernisierung der Hubschrauberflotte wird neu aufgerollt

Von Thomas Berger *

In Indien wird ein Bieterverfahren über die Lieferung von 197 Hubschraubern für die Armee noch einmal aufgerollt. Das berichteten mehrere Medien am Freitag vergangener Woche (7. Dezember). Das europäische Unternehmen Eurocopter, eine Tochter des deutsch-französisch dominierten Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS, hatte sich etwas zu früh über den Zuschlag für den Deal gefreut. Zwar seien die bisherigen Absprachen keineswegs vollkommen hinfällig, hieß es aus Delhi. Eurocopter könne nach wie vor als Sieger aus dem Rennen hervorgehen. Die konkurrierenden Angebote sollten allerdings noch einmal genauer geprüft werden, bevor im neuen Jahr dann die endgültige Entscheidung fällt.

Nicht nur der US-amerikanische Hauptrivale Bell rechnet sich nun doch wieder einige Chancen aus. Auch das bereits »aussortierte« russische Angebot steht wieder zur Prüfung an. Um dem Verdacht auf unlautere Machenschaften von vornherein zu begegnen, hat die indische Regierung allerdings versichert, bei der Ausschreibung des Auftrags sei bisher alles mit rechten Dingen zugegangen. Dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack, denn rund um Rüstungsdeals hat es auf dem Subkontinent schon mehrfach Skandale gegeben. Die Erinnerung beispielsweise an die Schmiergeldzahlungen des schwedischen Bofors-Konzerns zu Zeiten der Regierung Rajiv Gandhis ist ungeachtet der bald 20 Jahre, die seither ins Land gegangen sind, noch lebendig.

Indiens Militär ist momentan dabei, sich mit moderner Technik auszustatten. Die neue Hubschrauberflotte für die Armee, vor allem für den Einsatz in den schwer zugänglichen Hochgebirgsregionen Kaschmirs vorgesehen, bildet dabei einen der Schwerpunkte. Wegen bestimmter technischer Parameter, z.B. die Wendigkeit und die Landemöglichkeiten betreffend, hatten die Eurocopter-Maschinen im Bieterverfahren bislang die Nase vorn. Der etwa 600 Millionen Dollar umfassende Auftrag sähe vor, 60 Stück des »AS 550 C3 Fennec« aus Europa zu liefern und die übrigen 137 über eine Lizenzvereinbarung gemeinsam mit der einheimischen Hindustan Aeronautics Limited (HAL) zu bauen.

Eine ähnliche Vereinbarung hatte auch dem Konkurrenten Bell vorgeschwebt. Das amerikanische Unternehmen wollte so weit gehen, Indien in einem Joint-venture zum global wichtigsten Produzenten des vielseitigen Transporthubschraubers »Bell Textron 407« zu machen. Da dieser vor allem für die zivile Nutzung konzipiert ist, würde er nicht unter die teilweise noch bestehenden Sanktionen für die Lieferung von Militärgerät fallen, die die USA nach dem indischen Atomtest von 1998 verhängt hatten. Bell hat bereits durch Kooperationen mit HAL bei einem anderen Modell, einen Fuß in der Tür zum indischen Markt, sah sich im Wettlauf mit den Europäern aber zuletzt ausgebremst. Der dritte Mitbieter Kamov hat jetzt wieder gewisse Außenseiterchancen. Die Firma aus Rußland, die 2003 zunächst auch ein Angebot unterbreitet hatte, war zwei Jahre später aus dem Bieterrennen ausgeschieden. Für die Maschinen vom Typ Ka-226 spricht insbesondere der niedrigere Preis. Allerdings will das indische Militär eher weg von russischer Technik.

* Aus: junge Welt, 11. Dezember 2007


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