Pakistans positive Signale an Indien
Islamabad gibt überraschende Unterstützung bei der Aufklärung des Mumbai-Massakers
Von Hilmar König, Delhi *
Pakistans Bundesuntersuchungsagentur FIA hat im Zusammenhang mit dem Mumbai-Massaker von
Ende November sechs Verdächtige in Untersuchungshaft genommen. Damit unternahmen die
Behörden erste Schritte als Antwort auf ein indisches Dossier.
Das Anfang Januar der pakistanischen Regierung übergebene indische Dossier enthielt viele
Einzelheiten zu Ablauf und Hintergrund der terroristischen Überfälle in Mumbai, bei denen über 170
Menschen getötet und Hunderte verletzt worden waren. Islamabad hatte vorige Woche darauf
reagiert und erstmals offiziell zugegeben, dass von seinem Territorium Terroranschläge auf
indisches Gebiet erfolgten. Einen Monat lang hatte Indiens Außenminister Pranab Mukherjee das
Nachbarland fast täglich gemahnt, Stellung zu dem Dossier zu beziehen. Die Verzögerung nährte
Gerüchte, Islamabad wolle sich wieder einmal aus der Verantwortung stehlen, den Schwarzen Peter
anderen, beispielsweise extremistischen Elementen in Bangladesch, zuschieben und das Bild einer
groß angelegten internationalen Verschwörung malen.
Doch nichts von alledem, die Antwort fiel überraschend konstruktiv und detailliert aus. Der Chef des
pakistanischen Innenministeriums, Rehman Malik, gab zu: »Ein Teil der Verschwörung hat in
Pakistan stattgefunden.« Der einzige überlebende Angreifer Mohammed Ajmal Kasab ist Pakistaner.
Die Identität der neun getöteten Terroristen konnte Islamabad nicht bestätigen. Es brauche dazu
weitere Informationen von Indien, betonte Malik mehrfach. Viele im Dossier genannte Fakten
bezeichnete er hingegen als korrekt. So, dass die Angreifer aus der pakistanischen Hafenstadt
Karatschi gekommen waren und dass es während des Terrorschlages eine Telekommunikation
zwischen den Verbrechern und ihren Hintermännern in Pakistan gab.
Malik enthüllte zudem etliche Einzelheiten, die auch für die indische Seite neu sein dürften: Die
Terroristen benutzten nicht einen, sondern drei Fischkutter. Einer war angeblich an der indischen
Küste Gujarats wieder aufgetankt worden. Aus Italien und Spanien sei finanzielle Unterstützung für
die Mumbai-Operation gekommen. Entsprechende Bankkonten wurden inzwischen identifiziert und
gesperrt. Aus Österreich stammende SIM-Karten seien für den Mobilfunk verwendet worden. Das
benutzte Satellitentelefon sei in Nahost registriert worden. »Cyber-Spuren« führten auch nach
Russland, hieß es weiter.
Es gibt acht Hauptverdächtige, darunter Kader der verbotenen militanten Organisation Lashkar-e-
Taiba. In Rehman Maliks Bericht sind 30 zusätzliche Fragen an Indien enthalten, deren
Beantwortung die pakistanischen Behörden für weitere Untersuchungen angeblich brauchen. Eine
bezieht sich auf indische Helfer. Das bedeute nicht, so Malik, dass Islamabad seine Verantwortung
abschieben wolle. Man bitte lediglich um Hilfe, da beide Seiten Verantwortung tragen. Er versicherte
Indiens Bevölkerung und Regierung: »Wir sind mit Ihnen, und wir haben das bewiesen.«
In Delhi war man eher davon ausgegangen, Pakistan würde weiter auf Zeit spielen und eine
pakistanische Rolle bei dem Massaker in Mumbai negieren. Nun wird spekuliert, ob eventuell
vehementer US-amerikanischer Druck Islamabad zum teilweisen Eingeständnis bewegt habe
könnte. Jedenfalls gab Außenminister Pranab Mukherjee vor dem Parlament nochmals zu Mumbai
und der pakistanischen Antwort eine Erklärung ab. Gewisse von Pakistan vorgenommene
Handlungen bezeichnete er darin als eine »positive Entwicklung«. Jetzt gehe es aber darum, dass
der Nachbar energisch die bestehende Terror-Infrastruktur auf seinem Gebiet beseitige und die
Untersuchungen zu »einem logischen Abschluss« bringe, so Mukherjee. Es müssten Taten folgen.
Anzeichen für eine Wiederaufnahme des indisch-pakistanischen Friedensdialogs gibt es allerdings
noch nicht.
* Aus: Neues Deutschland, 17. Februar 2009
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