Indische Drohung: "Alle Optionen offen"
Pakistan muss in Sachen Mumbai kooperieren
Von Hilmar König, Delhi *
Indien ist entschlossen, Pakistan
wegen des Terrorschlags vom
26. November 2008 in Mumbai zur Verantwortung zu ziehen. Islamabad hingegen tut sich schwer,
wenigstens die Fakten anzuerkennen.
Nach einer Reihe terroristischer Überfälle, deren Hintermänner in Pakistan saßen, aber nie belangt
wurden, zeigt sich die indische Regierung im Fall des Überfalls von Mumbai, dem über 170
Menschen zum Opfer fielen, unnachgiebig. Außenminister Pranab Mukherjee schloss zwar ein
Vorgehen, wie es Israel in Gaza demonstriert und wie es indische »Falken« fordern, aus. Doch er
wiederholte dieser Tage: »Alle Optionen sind offen.« Armeechef Deepak Kapoor schlug Mitte der
Woche in die gleiche Kerbe, als er vor »Kriegshysterie« warnte, als letztes Mittel aber die
»kämpferische Option« gegen grenznahe pakistanische Einheiten nicht ausschloss. Pakistans
Armeechef Ashfaq Parvez Kayani konterte, seine Soldaten seien für alle Fälle gerüstet. Die Gefahr
eines Krieges scheint also nicht gebannt.
Indiens Innenminister Panialapam Chidambaram nannte in der Londoner »Times« Alternativen: »Es
bestehen viele Verbindungen zwischen Indien und Pakistan. Wenn Pakistan nicht kooperiert,
werden diese Beziehungen schwächer und schwächer. Und eines Tages zerbrechen sie.« Das
entspräche etwa den Vorstellungen von zehn ehemaligen indischen Spitzendiplomaten, die in einer
Erklärung forderten, die diplomatischen Beziehungen zu Pakistan herabzustufen, Verhandlungen
auszusetzen, Verträge zu überprüfen und Boykottmaßnahmen zu ergreifen. Für die Altbotschafter
steht fest, dass die Mumbai-Attacke »mit Wissen und Unterstützung von Teilen des pakistanischen
Militärs und des Geheimdienstes ISI erfolgte.« Islamabad nutze »weiterhin Terrorismus als
Instrument staatlicher Politik«.
Delhi erwartet von der pakistanischen Regierung, dass sie den Solidaritätsbekundungen endlich
Taten folgen lässt. Internationaler Druck – vor allem aus den USA – zwang die Regierung in
Islamabad bereits zu verschiedenen Maßnahmen. Innenminister Rehman Malik verkündete am
Donnerstag, nach der Mumbai-Tragödie seien mehr als 100 Personen mit Verbindungen zur
verbotenen militanten Organisation Lashkar-e-Taiba oder deren Nachfolger Jamat-ud-Dawah (JuD)
festgenommen oder unter Beobachtung gestellt worden. 20 Büros, 87 Schulen und 13 Notlager der
JuD seien geschlossen worden. Eine Kommission der Bundesuntersuchungsagentur FIA werde sich
mit den Hintergründen der Vorgänge in Mumbai befassen, man werde Indien bei der Aufklärung
helfen.
Unübersehbar aber tut sich Islamabad schwer, die »pakistanische Verbindung« zum Terrorüberfall
auf Mumbai anzuerkennen. Zunächst wurde bestritten, dass der einzige überlebende Terrorist
pakistanischer Staatsbürger ist. Der Sicherheitsberater des Premiers, der die Medien davon
informierte, dass es sich doch um einen Pakistaner handelt, wurde umgehend entlassen. Erst auf
diese Enthüllung folgte die offizielle Bestätigung. Dann traf aus Delhi ein Dossier über den Ablauf
der Ereignisse in Mumbai ein, an dem das US-amerikanische FBI mitgewirkt hatte. »Nicht
glaubwürdig«, hieß es dazu in Pakistan. Premier Jusuf Raza Gilani sagte, es handle sich nicht um
Beweise, sondern nur um »Informationen«, was die pakistanischen Medien so interpretierten, als
seien diese ziemlich wertlos.
Pakistan steckt in einem Dilemma. Einerseits erlebt es selbst Serien von Terrorakten. Andererseits
fürchtet es, international als »Brutstätte« von Terroristen gebrandmarkt zu werden. Egal wo sie
zuschlagen, die Täter kommen aus den gleichen Kreisen. Ihnen das Handwerk zu legen, wäre auch
für Pakistan ein Gewinn.
* Aus: Neues Deutschland, 17. Januar 2009
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