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Entspannter Dialog in Islamabad

Indiens Außenminister nahm Friedensgespräche mit Pakistan wieder auf

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Mit einer »positiven Botschaft« war Indiens Außenminister Pranab Mukherjee am Dienstag zur Bestandsaufnahme des Friedensdialogs in Islamabad eingetroffen. Er brachte Indiens Willen zu vertrauensvoller Kooperation mit dem Nachbarn zum Ausdruck. Es war Mukherjees erste Begegnung mit Vertretern der neuen politischen Führung Pakistans.

Allerdings waren die Vorzeichen für diese Visite Mukherjees alles andere als positiv. An der Grenze zwischen beiden Atomwaffenstaaten und an der Kontrollinie, die Kaschmir seit 60 Jahren in ein indisches und ein pakistanisches Gebiet teilt, war es im Verlauf einer Woche zu drei Gefechten und etlichen Infiltrationsversuchen von kaschmirischen Rebellen gekommen. Zudem gab der Sprengstoffanschlag in Jaipur (64 Tote und nahezu 200 Verletzte) vom 13. Mai Anlaß zur Besorgnis, auch wenn diesmal weder von offizieller Stelle noch von den indischen Medien die traditionell hinter solchen Attacken vermutete »pakistanische Hand« erwähnt wurde.

Vor diesem Hintergrund liefen die Treffen des Außenministers mit Präsident Pervez Musharraf, Premier Jusuf Raza Gilani und anderen pakistanischen Politikern erstaunlich reibungslos ab. Alle waren bemüht, ihr Scherflein zur Fortsetzung des Friedensdialogs bis zur vollständigen Normalisierung der Nachbarschaftsbeziehungen beizutragen. Eine Einschränkung konnte sich Minister Mukherjee freilich nicht verkneifen: Weitere Fortschritte im Nachbarschaftsverhältnis machte er von einem gewaltfreien Umfeld und von energischem Kampf gegen den Terrorismus abhängig.

Indiens Staatssekretär im Außenamt, Shiv Shankar Menon, erklärte, daß beide Seiten in den Gesprächen großen Wert auf den im Jahre 2003 vereinbarten Waffenstillstand legten und dessen strikte Einhaltung befürworteten. Die erwähnten Verletzungen sollen am heutigen Donnerstag auf der Ebene von Militärs beraten werden. Menon äußerte auch, die Inder hätten den Eindruck gewonnen, die neue pakistanische Führung sehe sich dem Friedensdialog sehr verpflichtet. Man sei der Lösung einiger Hauptprobleme im bilateralen Verhältnis »sehr viel näher gekommen«, und man habe »dornige Fragen«, wie den Kaschmirkonflikt, »in beispielloser Tiefe« erörtert.

Beide Seiten unterbreiteten ein ganzes Paket von Vorschlägen, um vereinbarte vertrauensbildende Maßnahmen effektiver zu machen. Laut der pakistanischen Zeitung Dawn offerierte allein Islamabad 15 solche Vorschläge, darunter vier zu Kaschmir. Unterschriftsreif war auch ein Abkommen über konsularischen Zugang zu Gefängnissen des Nachbarlandes, was die Lage Hunderter Gefangener, vor allem Fischer, die in die Territorialgewässer des Nachbarn gerieten, spürbar verbessern wird.

Sorgfältig wurde in Indien natürlich registriert, was die neue pakistanische Führung zum Kaschmirproblem äußerte. Zardari bekräftigte den Willen, diesen Konflikt mit friedlichen Mitteln zu regeln. Es sollte eine »gerechte Lösung« in Übereinstimmung mit den UNO-Resolutionen und den Wünschen der Kaschmiren sein.

* Aus: junge Welt, 22. Mai 2008


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