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Indiens Flugwesen entwickelt sich

Frankreichs Präsident verhandelt in Delhi über lukrative Großaufträge für Kampfjets und AKW-Ausrüstung

Indiens Flugwesen entwickelt sich Frankreichs Präsident verhandelt in Delhi über lukrative Großaufträge für Kampfjets und AKW-Ausrüstung Von Stefan Mentschel, Delhi *

François Hollande ist mit einer großen Delegation nach Indien gereist. Er will unter anderem den Verkauf von französischen Kampfjets und Atomreaktoren auf den Weg zu bringen. Auch Indien hat großes Interesse an einer Zusammenarbeit.

Kurz nach zehn Uhr am Morgen erschütterten die Kanonenschläge des Begrüßungssaluts Neu Delhi. Mit allen Ehren wurde Frankreichs Präsident François Hollande am Donnerstag in der indischen Hauptstadt von seinem Amtskollegen Pranab Mukherjee willkommen geheißen.

Es ist Hollandes erster Staatsbesuch in Asien seit seinem Amtsantritt, was die Gastgeber zu würdigen wissen.

Begleitet wird er bei der zweitägigen Reise von fünf Ministern und 60 hochrangigen Wirtschaftsvertretern. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen zwei lukrative Großaufträge: der Verkauf von 126 Rafale-Kampfflugzeugen an die indische Luftwaffe im Gesamtwert von knapp acht Milliarden Euro sowie die Lieferung von Druckwasserreaktoren für das umstrittene Kernkraftwerk Jaitapur, das insgesamt rund 15 Milliarden Euro kosten soll.

Bei beiden Projekten laufen die Verhandlungen. Hollandes persönliches Engagement dürfte dem französischen Interesse an den Geschäften nun noch einmal Nachdruck verleihen. Der Konzern Dassault Aviation hatte sich vor einem Jahr mit seinem Rafale-Jet bei einer Ausschreibung des indischen Militärs durchgesetzt – unter anderem gegen das Eurofighter- Konsortium und zwei US-amerikanische Konkurrenten. Den Ausschlag gaben nach indischen Angaben nicht zuletzt politische Aspekte.

So hätten die USA den Indern nur beschränkte Einsicht in die technische Beschaffenheit der Maschinen gewährt, heißt es. Beim Eurofighter habe Delhi die Vielstimmigkeit der am Bau beteiligten Länder gefürchtet.

Mit Frankreich glaubt Indien einen verlässlichen Partner für die Modernisierung seiner Luftwaffe gefunden zu haben. Zudem kommt Paris dem Interesse Delhis an einem Technologietransfer entgegen. Dassault wird deshalb nur 18 Jets allein produzieren. Die übrigen 108 sollen als Joint Venture vom Flugzeugbauer Hindustan Aeronautics in Bangalore montiert werden. Letzte Details werden gerade geklärt, mit dem Vertragsabschluss wird Mitte des Jahres gerechnet. Schwieriger ist die Ausgangslage für den Atomkonzern Areva. Für das Kraftwerk in Jaitapur im Bundesstaat Maharashtra möchte das Staatsunternehmen sechs 1650-Megawatt-Reaktoren liefern. Der Vorvertrag wurde 2009 unterzeichnet.

Doch nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima sind die Verhandlungen ins Stocken geraten. Vor allem Jaitapur ist bei Umweltschützern und Bürgerrechtlern umstritten, weil es in einem erdbebengefährdeten Gebiet liegt. Immer wieder gab es Proteste mit Toten und Verletzten. Ungeachtet dessen hält Areva bislang an dem Projekt fest.

Nach der Wahl Hollandes im Mai 2012 hatte es in Delhi zunächst Befürchtungen gegeben, der Sozialist könnte den Indienfreundlichen Kurs seines Vorgängers Nicolas Sarkozy bei der Zusammenarbeit im militärischen und nuklearen Bereich verlassen. Spätestens der Staatsbesuch sollte Indiens Regierung indes vom Gegenteil überzeugen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 15. Februar 2013


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