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Stimmung ganz unten – Preise ganz oben

Indien am Nationalfeiertag: Trauer um U-Boot-Besatzung und Ärger über galoppierende Inflation

Von Hilmar König, Delhi *

Die U-Boot-Katastrophe mit 18 Toten vom Mittwoch überschattete die Feiern zum 66. Jahrestag der Unabhängigkeit Indiens am Donnerstag.

Sowohl Präsident Pranab Mukherjee als auch Premier Manmohan Singh übermittelten den Angehörigen der 18 ums Leben gekommenen Seeleute ihr Beileid. Verteidigungsminister Antony bezeichnete das Desaster als »größte Tragödie« der indischen Navy. Medien sprachen von einem »beispiellosen Rückschlag im Bemühen um Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten unter Wasser«.

Im Marinedock in Mumbai war es aus bislang ungeklärter Ursache auf der »INS Sindhurakshak« am Mittwoch zu zwei gewaltigen Explosionen gekommen. Das Schiff sank und brannte aus. Die Rettungsarbeiten, an denen sich russische Experten beteiligen, dauerten auch am Donnerstag an, doch es gab keinerlei Lebenszeichen von der 18-köpfigen Besatzung, die zum Zeitpunkt des Unglücks mit dem Aufmunitionieren beschäftigt war. Besonders ärgerlich für Indiens Militär, rühmte es sich doch erst vor wenigen Tagen mit dem Bau des ersten einheimischen Flugzeugträgers »INS Vikrant«. Dieser war am Montag im südindischen Kochi zu Wasser gelassen worden. Am Samstag war auf dem Atom-U-Boot »Arihant« der erste in Indien gefertigte Reaktor angefahren worden.

Nicht nur wegen des Unglücks in Mumbai sahen viele Inder wenig Anlass zum Feiern. Selbst Präsident Mukherjee und Premier Singh verwiesen in ihren Ansprachen auf zahlreiche Gründe zur Besorgnis, auf Probleme der inneren Sicherheit, einen »Werteverfall in der Gesellschaft«, der sich in Korruption, Verschwendung nationaler Ressourcen, Zynismus und Desillusionierung äußere, auf den Kampf gegen die Armut sowie auf die gespannten Beziehungen zum Nachbarn Pakistan. Mukherjee erklärte angesichts wiederholter militärischer Zwischenfälle: »Unsere Geduld hat Grenzen.« Beide Seiten warfen sich in Resolutionen ihrer Parlamente gegenseitig vor, den Waffenstillstand an der Kaschmirkontrolllinie zu verletzen. Dennoch schickten sich die Premiers beider Länder zu ihren Nationalfeiertagen Grußbotschaften (Pakistan wurde einen Tag eher, am 14. August 1947, selbstständig).

In ihrer Jubiläumsbilanz hebt die Regierung der Vereinten Progressiven Allianz die Erfolge hervor und führt dazu die Gesetze an, die das Recht auf Information, auf Beschäftigung, auf Bildung und auf Nahrung gewährleisten sollen. Sie stehen auf dem Papier und müssen, so der Staatspräsident, jetzt umgesetzt werden. Als dringend verbesserungsbedürftig erwähnte er auch den Bereich Bildung und eine gerechtere Verteilung des Erwirtschafteten. Er führte zwar Wachstumsraten von 7,9 Prozent im Verlauf der letzten Dekade sowie eine Selbstversorgung mit Lebensmitteln an, doch hat sich das Wirtschaftswachstum inzwischen deutlich verlangsamt, sind Inflation und Arbeitslosigkeit gestiegen.

An der ökonomischen Front machen nach den rasant gestiegenen Preisen für Treibstoff nun die Rekordpreise für Gemüse, vor allem für Zwiebeln, Schlagzeilen. Die Medien erinnern daran, dass 1989 eine Regierung der Indischen Volkspartei wegen zu hoher Zwiebelpreise zu Fall kam.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 16. August 2013


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