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In richtiger Spur

Fortsetzung des Friedensdialogs: Außenminister Indiens und Pakistans optimistisch

Von Ashok Rajput, Neu-Delhi *

Hina Rabbani Khar, die 34jährige Außenministerin Pakistans, ist am Mittwoch (27.Juli) in Neu-Delhi mit dem ihrem indischen Amtskollegen Somanahalli Mallaiah Krishna (79) zusammengetroffen, um den im Februar wieder aufgenommenen Friedensdialog fortzusetzen. Beide sprachen sich für einen »neuen Geist der Zusammenarbeit« aus. Die Beziehungen seien jetzt »in der richtigen Spur«, schätzten beide Politker ein.

Der Friedensprozeß war im November 2008 nach den Terroranschlägen in Mumbai, die von pakistanischen Kommandos ausgeführt worden waren und 166 Menschenleben kosteten, unterbrochen worden. Ein erneutes Sprengstoffattentat am 13. Juli, bei dem in Mumbai 24 Menschen getötet wurden, brachte die Fortsetzung des Dialogs nicht in Gefahr.

Noch vor den offiziellen Gesprächen äußerte Khar die Hoffnung, daß Neu-Delhi und Islamabad »Lehren aus der Geschichte gezogen haben, ohne von dieser belastet zu werden«. Man sollte als gute, freundliche Nachbarn und nicht als »Feinde« miteinander auskommen und die gemeinsame Verantwortung für die Region wahrnehmen. Zum Problem des Terrorismus würden auf dem Subkontinent die Ansichten übereinstimmen. Pakistan stehe da in vorderster Front und bringe die meisten Opfer, erklärte sie. Ähnlich hatte sich Indiens Innenminister Palaniappan Chidambaram kürzlich in Bhutan auf einer Konferenz der süd­asiatischen Staatengruppe SAARC geäußert: »Südasien ist wohl die unruhigste und verletzbarste Region in der Welt, da die Mehrzahl terroristischer Anschläge in diesem und im vorigen Jahr hier verübt wurden.« So stand das Thema Terrorismus am Mittwoch oben an auf der Gesprächliste. Indien bekräftigte seine Forderung, die terroristische Infrastruktur auf pakistanischem Gebiet müsse vollständig demontiert werden. Das würde das beste Klima für einen nachhaltigen Versöhnungsprozeß schaffen. Pakistan versicherte erneut, auf seinem Territorium keine terroristischen Aktivitäten zu erlauben. In einer gemeinsamen Erklärung betonen beide Seiten ihren Willen zur Kooperation bei der Bewältigung dieses Problems.

Nicht überraschend brachte Hina Rabbani Khar Islamabads Hauptanliegen im Verhältnis zum Nachbarn zur Sprache: das Kaschmir-Problem, ein belastendes Geschichtskapitel. Der seit 1947 schwelende Konflikt – beide Staaten kontrollieren einen Teil Kaschmirs und beanspruchen dessen gesamtes Territorium – hat mehrmals zu kriegerischen Auseinandersetzungen geführt und wird von Pakistan als größtes Hindernis auf dem Weg zu einem guten Nachbarschaftsverhältnis bewertet. Ministerin Khar empfing bereits am Dienstag in der diplomatischen Vertretung Pakistans in Neu-Delhi Repräsentanten der im indischen Kaschmir-Gebiet aktiven Bewegung Hurriyat, die auf ein Selbstbestimmungsrecht pocht. Ihr extremer Flügel fordert gar einen Separatstaat oder den Anschluß an Pakistan. Im indischen Außenamt registrierte man dieses Treffen zwar als »schlechte Idee«, drückte zugleich aber auch die Erwartung aus, daß Frau Khar »die Hurriyat zu einer Sprache des Friedens, der Vernunft und Aussöhnung angehalten hat«.

Wenn eine Lösung des Kaschmir-Problems auch nicht in Sicht ist, so zielt doch eine Reihe von beiden Außenministern abgesegneter vertrauensbildender Maßnahmen auf Erleichterungen im Handel sowie beim Reisen über die Kaschmir-Grenzlinie hinweg. Nach den Gesprächen mit Krishna äußerte Khar: »Ich bin heute zuversichtlicher als gestern. Das ist ein gutes Zeichen.«

* Aus: junge Welt, 29. Juli 2011


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