Indien, Pakistan und der indisch-pakistanische Konflikt
Ereignisse ab Juni 2003
1. - 15. Juni 2003
Die indische Regierung hat im Konflikt mit Pakistan von langsamen Fortschritten gesprochen und ein Gipfeltreffen in Aussicht gestellt. "Es gibt eine sehr deutliche Bewegung hin zu einem Gipfel mit der Lösung von Fragen, die uns trennen", sagte der indische Verteidigungsminister George Fernandes am 1. Juni auf dem Asiatischen Sicherheitsforum in Singapur. "Die Situation auf dem indischen Subkontinent hat sich grundlegend geändert." Beide Staaten verfolgten eine Politik vertrauensbildende Maßnahmen, erläuterte der Sekretär des Ministers, C.K. Mishra. Allerdings gebe es noch keine konkreten Terminüberlegungen für ein indisch-pakistanisches Gipfeltreffen.
Am 2. Juni testete Indien erneut eine Boden-Luft-Rakete vom Typ Akash. Die Rakete hat eine Reichweite von 25 km. Sie wurde in Chandipur im ostindischen Küstenstaat Orissa gezündet.
Am 2. Juni hat die neue ultrareligiöse Regionalregierung der Nordwest-Grenzprovinz in Pakistan das islamische Rechtssystem, die Scharia, eingeführt. Die Rechtsprechung orientiert sich in dem stark von Traditionen geprägten Gebiet künftig an den Vorschriften des Islam, die unter anderem Steinigung bei Ehebruch oder Amputation von Gliedmaßen bei Diebstahl vorsehen. Jugendliche sollten sich "respektvoll" dem Willen ihrer Eltern fügen, heißt es in dem Erlass, der "zu einem Lernprozeß beitragen will, die guten Dinge anzunehmen und schlechte Gewohnheiten abzulegen". Zu diesen guten Aspekten gehört für Männer künftig auch, sich die Bärte wachsen zu lassen. Am Tag nach der ersten Verkündung legten die zuständigen Minister noch einmal nach: An den Universitäten solle schnellstmöglich eine Trennung der Geschlechter erfolgen.
Die Regionalregierung wird von einem Sechs-Parteien-Bündnis MMA (Muttahida Majlis-e-Amal) gebildet. Die Provinzregierung wagt mit ihren neuen Vorschriften den direkten Konflikt mit der Zentralmacht in Islamabad. Premierminister Zafarullah Khan Jamali und Präsident Pervez Muscharraf können diese Aushöhlung der Grundprinzipien der pakistanischen Gesellschaft, wie sie zumindest auf dem Papier der Verfassung stehen, nicht einfach hinnehmen. Gleichzeitig können Jamali und seine zuständigen Minister nicht nach Gutdünken einschreiten und die Bestimmungen wieder außer Kraft setzen. Pakistans föderale Rechte sind in der Verfassung festgelegt. Ein Stillhalten der Staatsführung zu dem Affront wäre jedoch auch ein denkbar schlechtes Signal an die internationalen Verbündeten Pakistans, namentlich die US-Amerikaner. (Quelle: junge Welt, 07.06.2003)
Neun Zivilisten sind nach pakistanischen Angaben am 3. Juni durch indischen Beschuss über die Waffenstillstandslinie hinweg im pakistanischen Teil Kaschmirs getötet worden. Weitere sechs Menschen wurden in einem Fahrzeug bei Ath Muqam durch den Beschuss verletzt.
Ein pakistanischer Fahrradfahrer hat der Polizei zufolge unbemerkt und offenbar aus Versehen in der Konflikt-Region Kaschmir die schwer bewachte Grenze zu Indien überquert. "Er scheint sich verirrt zu haben und fuhr über Felder und Feldwege rüber auf diese Seite (der Grenze)", sagte ein hochrangiger indischer Polizeibeamter am 3. Juni der Nachrichtenagentur Reuters. "Er sagt, er habe sich mit seinen Eltern gestritten, das Haus wütend verlassen und sei einfach herumgefahren." Der pakistanische Student aus der Grenzregion Sialkot wurde nach Polizeiangaben festgenommen, nachdem ihn ein Dorfbewohner auf der indischen Seite entdeckt und bei der Polizei gemeldet hatte. Der Jugendliche werde nach Hause zurück geschickt, sobald seine Personalien von den pakistanischen Grenzbehörden bestätigt worden seien, sagte die Polizei. Vor drei Jahren, berichtete Reuters, hatte sich ein Pakistaner mit einem Motorrad nach Indien verfahren und hatte seinen Irrtum erst bemerkt, als er mit pakistanischem Geld Benzin kaufen wollte.
Islamische Angreifer haben am 4. Juli eine Versammlung mit Regierungsmitgliedern im indischen Teil von Kaschmir überfallen und zwei Teilnehmer getötet. Unter den 20 Verletzten ist auch der Minister für ländliche Entwicklung in der Regierung des Unionsstaates Jammu-Kaschmir, Peerzada Mohammad Sayeed, wie die Behörden mitteilten. Die Angreifer schleuderten eine Handgranate in die Menge und schossen auf die Versammlungsteilnehmer im Dorf Larnu, 80 Kilometer südlich der Provinzhauptstadt Srinagar.
Bei einem Anschlag auf eine schiitische Moschee im Südwesten Pakistans sind am 4. Juli mindestens 30 Menschen getötet worden. Weitere 50 Menschen wurden verletzt, wie der Chef des nationalen Krisenstabs des pakistanischen Innenministeriums, Javed Cheema, der Nachrichtenagentur AFP sagte. Unbekannte Angreifer schleuderten Polizeiangaben zufolge in der Stadt Quetta nach dem Freitagsgebet Granaten auf die Gläubigen und feuerten danach wahllos in die Menge.
Einen Tag nach dem Terroranschlag auf eine schiitische Moschee im Südwesten Pakistans ist die Zahl der Toten auf bis zu 60 gestiegen. Rettungskräfte und private Medien sprachen am 5. Juli von 55 bis 60 Todesopfern, staatliche Stellen bestätigten inzwischen den Tod von 44 Menschen. Unter den Toten des Anschlags auf die Moschee in Quetta sollen auch die drei Attentäter sein. Mindestens 60 Menschen wurden verletzt. Es ist der schwerste Anschlag auf Schiiten in der Geschichte des Landes.
Am 5. Juli kam es in Pakistan zu einem weiteren wahrscheinlich religiös motivierten Anschlag: Ein katholischer Priester wurde in der zentralpakistanischen Provinz Punjab erschossen. Sechs Attentäter hätten vor der Kirche in dem Ort Renala Khurd rund 180 Kilometer südlich von Islamabad das Feuer auf den Mann eröffnet, sagten Augenzeugen der dpa. Der Priester sei sofort tot gewesen. Die Attentäter seien unerkannt entkommen. Die Allianz der pakistanischen Minderheiten verdächtigte islamische Extremisten. Pfarrer George Ibrahim habe mehrere Morddrohungen erhalten, weil er sich für die Einrichtung einer katholischen Grundschule eingesetzt habe, sagte der Vorsitzende der Allianz, Shahbaz
Bei einem Artillerieangriff im Grenzgebiet von Kaschmir sind in der Nacht zum 5. Juni fünf Menschen getötet worden. Indische Behörden machten pakistanische Truppen für den Angriff verantwortlich.
In Pakistan hat am 7. Juni der Prozess gegen vier radikale Islamisten wegen eines Mordversuchs an Präsident Pervez Musharraf begonnen. Der Polizist Mohammad Hasan Chascheli sagte aus, die beiden Hauptangeklagten hätten im Verhör die Tat gestanden. Musharraf war am 26. April 2002 auf dem Weg vom Flughafen in das Zentrum von Karachi, als sein Wagen an einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug vorbeifuhr. Die Polizei erklärte, der Fernzünder des Sprengsatzes habe nicht funktioniert. Chascheli erklärte, Mohammed Imran und Mohammed Hanif hätten den Plan zugegeben, als sie in einem anderen Fall verhört worden seien. Imran, Hanif und die anderen Angeklagten sollen der verbotenen Gruppe Harkat-ul-Mujahedee al-Almi angehören. Sie plädierten auf nicht schuldig. Präsident Musharraf hat mit seinem proamerikanischen Kurs und seiner Unterstützung des Anti-Terror-Kampfes islamistische Organisationen in seinem Land gegen sich aufgebracht.
In der afghanischen Hauptstadt Kabul kam es am 8. Juli zu heftigen Protesten vor der pakistanischen Botschaft, nachdem bekannt geworden war, dass pakistanische Truppen auf afghanisches Territorium vorgedrungen waren, um angeblich gegen Anhänger des Taliban-Regimes und von Al Kaida vorzugehen. Dabei waren mehrere afghanische Soldaten verletzt worden. Bei der Demonstration vor der pakistanischen Botschaft kam es zu Übergriffen, in deren Verlauf drei Demonstranten und zwei Polizisten verletzt wurden. Nach Polizeiangaben seien Fensterscheiben der Botschaft eingeworfen worden. Afghanistans Präsident Karzai entschuldigte sich bei seinem pakistanischen Amtskollegen Musharraf für die Ausschreitungen.
Zwei bewaffnete Männer haben am 8. Juni in Quetta im Südwesten Pakistans eine Gruppe Polizeischüler mit Maschinengewehrfeuer belegt und mindestens elf von ihnen getötet. Nach amtlichen Angaben fuhren die Angreifer auf Motorrädern an den Lieferwagen heran, auf dessen Ladefläche die Polizeischüler saßen. Ein Motiv für die Bluttat war zunächst unklar. Es gab jedoch Vermutungen, dass es sich um ein religiös motiviertes Verbrechen handeln könnte. Wie der örtliche Stammesführer der Hazara, Sardar Musa, erklärte, gehörten die Opfer zu seinem Stamm, der sich überwiegend aus schiitischen Muslimen zusammensetzt. Diese sind schon häufig von extremistischen Sunniten angegriffen worden. Rund 80 Prozent der Pakistaner sind sunnitischen Glaubens, leben jedoch bis auf wenige Ausnahmen friedlich mit den Schiiten zusammen. In Quetta nahe der Grenze zu Afghanistan war dies allerdings schon der dritte Anschlag binnen zehn Tagen.
Informationsminister Sheik Rashid Ahmed sagte am 15. Juni, Pakistan werde keinen Druck von außen tolerieren, sein Atomprogramm einzustellen. Die Regierungs in Islamabad hatte im Mai angeboten abzurüsten, wenn Indien das Gleiche tue. Indien hatte aber abgelehnt.
16. bis 30. Juni
Bei Angriffen auf einen Marktplatz und eine Polizeistation in dem von Indien verwalteten Teil Kaschmirs sind am 20. Juni 30 Menschen verletzt worden. Eine Granate sei in einer Menschenmenge explodiert, sagte die indische Polizei. Sie machte islamische Extremisten für die Anschläge verantwortlich.
Erstmals seit rund zehn Jahren besucht ein indischer Regierungschef wieder China. Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee traf am 22. Juni in der chinesischen Hauptstadt Peking ein, wo vor allem der Ausbau des Handels die Gespräche bestimmen soll. Er wolle auch für besseres Verständnis und für Vertrauen werben, sagte Vajpayee nach Berichten der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua vom 21. Juni. Beide Seiten betonten vor der Reise Vajpayees die positive Entwicklung der Beziehungen und deuteten an, dass Streitpunkte in den Unterredungen nicht im Mittelpunkt stehen würden. Dazu zählen unter anderem Grenzstreitigkeiten. Indien wirft China außerdem vor, im spannungsgeladenen Verhältnis Neu-Delhis zu Islamabad die pakistanische Regierung zu unterstützen.
Indien und China haben die Wiedereröffnung der Grenze zwischen beiden Ländern im Himalaya beschlossen, wie das indische Außenministerium am 24. Juni mitteilte. Das Abkommen betrifft die Grenze zwischen Tibet und dem indischen Staat Sikkim. Die Region war 1962 noch Schauplatz eines Krieges zwischen Indien und China. Das Abkommen sei ein Zeichen dafür, dass Indien und China die Spannungen während der Zeit des Kalten Krieges hinter sich gelassen hätten, erklärte das indische Außenministerium. Der indische Ministerpräsident Atal Bihari Vajpayee hält sich gegenwärtig zum ersten Besuch eines indischen Regierungschefs seit zehn Jahren in China auf. Das Verhältnis zwischen Indien und China hatte sich in den vergangenen Jahren vor allem durch den gemeinsamen Handel verbessert, der 2002 ein Volumen von rund fünf Milliarden Dollar (4,3 Milliarden Euro) erreichte.
US-Präsident George W. Bush hat neue amerikanische Wirtschaftshilfen an Pakistan in Höhe von drei Milliarden Dollar (rund 2,6 Milliarden Euro) in Aussicht gestellt. Er werde sich beim Kongress um die Freigabe dieser Gelder bemühen, sagte Bush bei einem Treffen mit dem pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf am 24. Juni in Camp David bei Washington. Der US-Präsident kündige außerdem an, dass er mit Pakistan ein Rahmenabkommen über Handel und Investitionen abschließen wolle.
Die indischen Streitkräfte haben eine Großfahndung nach Kämpfern einer Separatistenorganisation eingeleitet, die für mehrere blutige Angriffe im Unionsstaat Assam verantwortlich gemacht wird. Hunderte Soldaten durchkämmten am 25. Juni mit Unterstützung von Hubschraubern ein Wald- und Dschungelgebiet im Osten von Assam, wie Polizeichef Khagen Sarma der Nachrichtenagentur AP sagte. Die Offensive richtete sich gegen Rebellen der Vereinigten Befreiungsfront von Assam (ULFA). Die ULFA kämpft seit 1979 für einen unabhängigen, sozialistischen Staat Assam. Die Rebellen werfen der indische Regierung vor, die Ölvorkommen und Bodenschätze der Region auszubeuten. Zuletzt hatten die Rebellen am 19. Juni im östlichen Bezirk Tinsukia einen Bus mit Mitarbeitern der staatlichen Ölgesellschaft Oil India entführt und zwei Soldaten getötet. Bei einem Angriff auf eine Patrouille wurden laut Polizeiangaben am22. Juni im selben Bezirk eine Zivilperson getötet und zehn Soldaten verletzt.
Bei Gesprächen zwischen dem indischen Ministerpräsidenten Atal Behari Vajpayee und Regierungschef Wen Jiabao in Peking kam es zu einer überraschenden Vereinbarung. Beide unterzeichneten am 25. Juni eine Grundsatzerklärung, in der Indien "anerkennt, dass die autonome Region Tibet ein Teil des Territoriums der Volksrepublik China ist". Zudem bekräftigt Indien, "dass es Tibetern nicht erlaubt, anti- chinesische politische Aktivitäten zu entfalten". Chinas Regierung jubelte, dass Indien "erstmals ausdrücklich" ihre Herrschaft über Tibet anerkannt habe. Doch widersprach Indiens Außenminister Yashwant Sinha umgehend der Befürchtung, dass das Zugeständnis eine neue Politik gegenüber den 100.000 Tibetern in Indien und dem religiösen Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama, im Exil in Dharamsala einleite. Die Formulierung in dem Dokument "stimmt mit dem überein, was wir in der Vergangenheit gesagt haben". "Ich denke nicht, dass die Frage, ob der Dalai Lama Indien verlässt oder dazu aufgefordert wird, zu diesem Zeitpunkt aufkommt", meinte Sinha. - Im Gegenzug für das Zugeständnis Indiens erkannte China in einem gesonderten Grenzabkommen die Hoheit Indiens über das 1975 annektierte ehemalige Königreich Sikkim indirekt an. Das hatte Peking so explizit bislang verweigert. Die Nachbarn öffnen in Sikkim auch einen Grenzübergang, der seit dem Grenzkrieg 1962 geschlossen war. In dem Memorandum ist von der Öffnung eines weiteren Übergangs "an der indisch-chinesischen Grenze" die Rede. Sikkim wird darin wie ein indischer Bundesstaat beschrieben und der Nathula-Pass am Himalaya für die Grenz- und Zollabfertigung bestimmt. - Der beiderseits demonstrierte Pragmatismus lässt für die Beilegung anderer Grenzstreitigkeiten hoffen. Immerhin beansprucht Indien im Westen noch etwa 38.000 Quadratkilometer im chinesischen Teil Kashmirs, während China im indischen Osten 90.000 Quadratkilometer fordert.
Bei einem Angriff auf eine indische Kaserne in Jammu-Kaschmir sind am 28. Juni 14 Menschen getötet worden. Wie ein Polizeisprecher in dem indischen Unionsland mitteilte, drangen zwei schwer bewaffnete mutmaßliche Muslim-Extremisten am frühen Morgen in die Kaserne bei Jammu ein und töteten zwölf Soldaten mit Handgranaten und Schüssen. Sie seien in einem mehrstündigen Feuergefecht erschossen worden. Sieben weitere Soldaten seien bei dem Angriff verletzt worden.
Die pakistanischen Abgeordneten haben am 28. Juni einen Misstrauensantrag gegen Parlamentspräsident Chaudhry Ameer Hussein verworfen. Die Opposition unter Führung der religiösen Rechten hatte den Antrag gegen Hussein gestellt, nachdem er Verfassungsänderungen von Präsident Pervez Musharraf für legal erklärt hatte. Nachdem die Abgeordneten der Regierungspartei die Abstimmung verweigert hatten, wurde der Antrag jedoch fallen gelassen. Die Opposition habe mit ihrem Antrag lediglich das politische System destabilisieren wollen, sagte Ministerpräsident Zafarullah Khan Jamali. Seine Partei verfügt über eine knappe Mehrheit im Unterhaus. Musharraf war in die Kritik geraten, nachdem Verfassungsänderungen ihm das Recht zusprachen, das Parlament und den Ministerpräsidenten zu entlassen. Die Opposition fordert auch, dass Musharraf das Amt des Armeechefs niederlegt.
Wegen des Bombenanschlags auf einen mit französischen Ingenieuren besetzten Bus in der pakistanischen Stadt Karachi vor mehr als einem Jahr sind drei Islamisten zum Tode verurteilt worden. Asif Sahir und Mohammed Baschir hätten sich unter anderem des Mordes und des Terrorismus schuldig gemacht, urteilte der Richter des Anti-Terrorismus-Gerichts in Karachi am 30. Juni. Gegen den dritten Attentäter, Mohammed Sohail, wurde das Todesurteil in Abwesenheit verhängt. Bei dem Anschlag am 8. Mai 2002 hatte ein Selbstmordattentäter sein Auto in den Bus gelenkt. 14 Menschen kamen ums Leben, darunter elf Franzosen. Sie gehörten zu einer Gruppe von rund 40 Technikern und Ingenieuren der französischen Schiffsbaudirektion DCN, die in Pakistan am Bau eines U-Boots beteiligt waren.
Am 30. Juni trifft der pakistanische Präsident Pervez Musharraf zu einem Staatsbesuch in Berlin ein, wo er mit Bundeskanzler Schröder und - am 1. Juli - mit einer Reihe deutscher Außenpolitiker zusammentrifft.
Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat sich dafür ausgesprochen, die Sicherheitsstrategie in Afghanistan zu überdenken. Die Situation sei zwar einigermaßen stabil, aber trotzdem nicht auf dem erwünschten Niveau, sagte Musharraf am 30. Juni nach einem Gespräch mit Bundespräsident Johannes Rau zum Auftakt seines Deutschlandbesuchs in Berlin. Rau verwies darauf, dass deutsche Soldaten eine besondere Verantwortung in Afghanistan wahrnehmen und dass ihre Sicherheit "für uns ein besonderes Thema" sei. - Zur Kaschmir-Frage erklärte Rau seinem Gast, er könne sich nicht vorstellen, dass Deutschland eine Vermittlerrollein dem indisch-pakistanischen Konflikt einnehmen könne. Wörtlich sagte Rau: "Aber ich glaube, dass es in der Region viele Sachkundige und Engagierte gibt, die das Gespräch so führen können, dass es keiner zusätzlichen Vermittlung bedarf, jedenfalls nicht durch Deutschland."
Kanzler Gerhard Schröder hat die wichtige Rolle Pakistans im Kampf gegen den internationalen Terror hervorgehoben. Nach dem Treffen mit Pakistans Präsident, General Pervez Musharraf, sagte Schröder am Abend des 30. Juni, Pakistan sei ein wichtiger stabilisierender Faktor in der Region. Zugleich betonte der Kanzler, wie wichtig der Wiederaufbau des Iraks für Stabilität und Frieden in der Region sei. Musharraf sagte, sein Land habe großes Interesse an einem Ausbau der Beziehungen zu Deutschland.
1. bis 13. Juli
Bei dem Treffen zwischen Musharraf und Außenminister Fischer in Berlin am 1. Juli ging es auch um den Konflikt zwischen Indien und Pakistan um die Region Kaschmir. Fischer sicherte Musharraf die Unterstützung der Bundesregierung für den eingeleiteten Annäherungsprozess zu. Das Verhältnis zwischen Indien und Pakistan sei entscheidend für die Stabilität der gesamten Region, sagte der Außenminister den Angaben von Gesprächsteilnehmern zufolge.
Ein Jahr nach den blutigen Zusammenstößen zwischen Hindus und Moslems in der indischen Stadt Ahmadabad herrschte dort am 1. Juli erneut eine gespannte Atmosphäre. Mehr als 10.000 Polizisten sicherten den traditionellen Umzug zu Ehren der Hindu-Gottheit Jagannath, an dem nahezu 200.000 Menschen teilnahmen. Die islamische Gemeinschaft rief ihre Mitglieder auf, die Häuser nicht zu verlassen. Die Unruhen im vergangenen Jahr wurden von einem Brandanschlag auf einen Zug mit Hindu-Nationalisten ausgelöst. Dabach kamen bei Racheakten von Februar bis Juni mehr als 1.000 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen Muslime.
Deutschland hat nach Angaben der Regierung in Islamabad das Verbot für Rüstungslieferungen nach Pakistan aufgehoben. "Das ist uns eine willkommmene Entscheidung und sehr wichtig für die Verbesserung der Radarkapazitäten unserer Luftwaffe", sagte ein ranghoher Mitarbeiter des pakistanischen Außenministeriums am 3. Juli der Nachrichtenagetur AFP. Er bestätigte pakistanische Presseberichte, nach denen die Entscheidung zu einem Ende der seit mehr als vier Jahren Jahren geltenden Sanktionen bei einem Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Pakistans Machthaber Pervez Musharraf am 30. Juni in Berlin fiel.
Bei einem Anschlag auf eine schiitische Moschee im Südwesten Pakistans sind am 4. Juli mindestens 30 Menschen getötet worden. Weitere 50 Menschen wurden verletzt, wie der Chef des nationalen Krisenstabs des pakistanischen Innenministeriums, Javed Cheema, der Nachrichtenagentur AFP sagte. Unbekannte Angreifer schleuderten Polizeiangaben zufolge in der Stadt Quetta nach dem Freitagsgebet Granaten auf die Gläubigen und feuerten danach wahllos in die Menge.
Einen Tag nach dem Terroranschlag auf eine schiitische Moschee im Südwesten Pakistans ist die Zahl der Toten auf bis zu 60 gestiegen. Rettungskräfte und private Medien sprachen am 5. Juli von 55 bis 60 Todesopfern, staatliche Stellen bestätigten inzwischen den Tod von 44 Menschen. Unter den Toten des Anschlags auf die Moschee in Quetta sollen auch die drei Attentäter sein. Mindestens 60 Menschen wurden verletzt. Es ist der schwerste Anschlag auf Schiiten in der Geschichte des Landes.
Nach dem Anschlag in der Hauptstadt der Provinz Belutschistan war es zu schweren Ausschreitungen von Angehörigen des schiitischen Volksstammes der Hasara gekommen, dem die Opfer angehörten. Händler in der Stadt schlossen ihre Geschäfte, um gegen den Angriff zu protestieren. In Quetta waren erst vor knapp einem Monat zwölf Hasara von Attentätern erschossen worden.
Islamische Angreifer haben am 4. Juli eine Versammlung mit Regierungsmitgliedern im indischen Teil von Kaschmir überfallen und zwei Teilnehmer getötet. Unter den 20 Verletzten ist auch der Minister für ländliche Entwicklung in der Regierung des Unionsstaates Jammu-Kaschmir, Peerzada Mohammad Sayeed, wie die Behörden mitteilten. Die Angreifer schleuderten eine Handgranate in die Menge und schossen auf die Versammlungsteilnehmer im Dorf Larnu, 80 Kilometer südlich der Provinzhauptstadt Srinagar.
Am 5. Juli kam es in Pakistan zu einem weiteren wahrscheinlich religiös motivierten Anschlag: Ein katholischer Priester wurde in der zentralpakistanischen Provinz Punjab erschossen. Sechs Attentäter hätten vor der Kirche in dem Ort Renala Khurd rund 180 Kilometer südlich von Islamabad das Feuer auf den Mann eröffnet, sagten Augenzeugen der dpa. Der Priester sei sofort tot gewesen. Die Attentäter seien unerkannt entkommen. Die Allianz der pakistanischen Minderheiten verdächtigte islamische Extremisten. Pfarrer George Ibrahim habe mehrere Morddrohungen erhalten, weil er sich für die Einrichtung einer katholischen Grundschule eingesetzt habe, sagte der Vorsitzende der Allianz, Shahbaz Bhatti.
Zwei Tage nach dem Anschlag auf eine schiitische Moschee in Pakistan sind bei Razzien 17 Verdächtige festgenommen worden. Die Männer würden verhört, teilte die Polizei am 6. Juli mit. Als Täter werden sunnitische Extremisten vermutet. Die Behörden gehen auch der Möglichkeit nach, dass Mitglieder des gestürzten Taliban-Regimes in Afghanistan oder des Terrornetzwerks El Kaida an dem Anschlag beteiligt waren. Die Opfer waren größtenteils Hazara-Schiiten, benannt nach ihrer Herkunftsregion in Afghanistan.
In der afghanischen Hauptstadt Kabul kam es am 8. Juli zu heftigen Protesten vor der pakistanischen Botschaft, nachdem bekannt geworden war, dass pakistanische Truppen auf afghanisches Territorium vorgedrungen waren, um angeblich gegen Anhänger des Taliban-Regimes und von Al Kaida vorzugehen. Dabei waren mehrere afghanische Soldaten verletzt worden. Bei der Demonstration vor der pakistanischen Botschaft kam es zu Übergriffen, in deren Verlauf drei Demonstranten und zwei Polizisten verletzt wurden. Nach Polizeiangaben seien Fensterscheiben der Botschaft eingeworfen worden. Afghnaistans Präsident Karzai entschuldigte sich bei seinem pakistanischen Amtskollegen Musharraf für die Ausschreitungen.
Ein Pakistaner, der zehn Monate lang auf dem US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba gefangen war, verlangt von den USA eine Entschädigungszahlung in Höhe von 10,4 Millionen Dollar (9,2 Millionen Euro). Das teilte der Anwalt des 51-Jährigen Mohammed Sanghir am 10. Juli in Rawalpindi mit. Der Exhäftling will seine Forderung notfalls gerichtlich durchsetzen. Sanghir wurde im November vorigen Jahres freigelassen. Sie hätten ihm gesagt, er sei unschuldig, sagte Sanghir der Nachrichtenagentur AP. Die Amerikaner hätten sich bei ihm aber nicht nicht einmal entschuldigt.
Bei einem Bombenanschlag in der pakistanischen Hafenstadt Karachi sind am Morgen des 11. Juli mindestens zwei Menschen getötet worden. Vier weitere Menschen wurden nach Polizeiangaben durch herumfliegende Glassplitter verletzt. Der Sprengsatz sei bei einer Säule am Eingang eines zwölfstöckigen Bürogebäudes abgelegt worden, sagte ein Polizeibeamter. Die gewaltige Explosion schleuderte laut Polizei eines der Opfer einhundert Meter weit. Der Polizeichef der Stadt, Tariq Jamil, sprach von einem "terroristischen Akt". Spekulationen über mögliche Täter wies er als verfrüht zurück.
Gut eineinhalb Jahre nach dem Stopp aller Verkehrsverbindungen haben die verfeindeten Atommächte Indien und Pakistan am 11. Juli wieder eine Buslinie zwischen beiden Ländern eröffnet, die Neu-Delhi und Lahore verbindet. Im Mai hatten die Regierungen in Neu-Delhi und Islamabad die Wiedereröffnung der Busverbindung als Schritt zur Entspannung des Verhältnisses beschlossen. Bereits am Donnerstag hatte Indien wieder in vollem Umfang diplomatische Beziehungen mit Pakistan aufgenommen. Indien hatte alle Verbindungen mit Pakistan nach einem blutigen Anschlag auf das indische Parlament Ende 2001 gekappt.
Unter immensen Sicherheitsvorkehrungen sind am 12. Juli im indischen Teil Kaschmirs tausende Hindu-Pilger zum Heiligtum Amarnath im Himalaya gezogen. Aus Furcht vor Überfällen islamischer Extremisten bezogen 21.000 Paramilitärs und Polizisten Stellung entlang der Route. Mit Hunden und Detektoren wurde die 19 Kilometer lange Strecke des Pilgermarsches nach Bomben und Sprengfallen abgesucht. Im vergangenen Jahr töteten muslimische Rebellen neun Pilger. Auch in den Jahren zuvor kamen bei Überfällen Dutzende Hindus ums Leben. Zur diesjährigen Wallfahrt wurden insgesamt rund 120.000 Pilger erwartet.
14. bis 31. Juli
Die indische Regierung entsendet keine Truppen nach Irak, die für die US-Amerikaner Hilfsdienste leisten sollten. Diese Entscheidung fällte das Kabinettskomitee zu Sicherheitsfragen am 14. Juli auf seiner Sitzung in Neu-Delhi. Außenminister Yashwant Sinha gab dazu eine Erklärung ab, in der es sinngemäß heißt, eine Stationierung indischer Soldaten in Irak käme nur in Frage, wenn es ein Mandat der UNO in Form einer eindeutigen Resolution des Sicherheitsrates gebe. Man habe alle Faktoren bei der Debatte über den Wunsch Washingtons in Betracht gezogen. Indische Soldaten an Euphrat und Tigris ließen sich jedoch nicht mit den längerfristigen nationalen Interessen Indiens vereinbaren.
Gut eineinhalb Jahren nach dem Einfrieren aller Verbindungen unterhalten Indien und Pakistan wieder diplomatische Beziehungen. Der neue indische Botschafter in Islamabad nahm am 15. Juli seine Arbeit auf. Der pakistanische Botschafter in Neu Delhi ist seit vergangener Woche im Dienst. Beide Staaten hatten nach einem Anschlag auf Indiens Parlament 2001 ihre Botschafter zurückgerufen. Indien machte Terroristen aus Pakistan für den Angriff verantwortlich.
Mutmaßliche islamische Extremisten haben am 21. Juli im indischen Teil von Kaschmir einen Anschlag auf Hindu-Pilger verübt und sieben Menschen getötet. Wie die Polizei mitteilte, wurden 25 weitere Gläubige verletzt, als zwei Sprengsätze entlang der Pilgerstrecke zu einem heiligen Schrein bei Katra explodierten. Ein Regierungsvertreter machte Pakistan für die Tat verantwortlich. "Pakistan steckt dahinter", sagte der Staatssekretär im Innenministerium Swami Chinmayananda dem Fernsehsender NDTV. Chinmayananda erwähnte in diesem Zusammenhang den pakistanischen Geheimdienst und die verbotene Organisation Lashkar-e-Tayyaba. In den vergangenen drei Jahren kamen bei Anschlägen auf hinduistische Pilger in Jammu-Kaschmir laut AP 59 Menschen ums Leben.
Drei mutmaßliche islamische Extremisten haben am 22. Juli ein indisches Armeelager in Kaschmir gestürmt und mindestens acht Soldaten getötet. Dutzende weitere Soldaten wurden nach Polizeiangaben verwundet. Die Angreifer hätten Handgranaten geworfen und wahllos um sich geschossen, bevor zehn von ihnen selbst getötet worden seien. Die Kämpfe in dem Lager bei Tanda nahe der Waffenstillstandslinie im geteilten Kaschmir dauerten zwei Stunden. Die Sicherheitskräfte machten von Pakistan aus operierende Rebellen für den Überfall verantwortlich. Die indische Nachrichtenagentur PTI berichtete von einem Bekennerschreiben einer weitgehend unbekannten Gruppe namens Al-Shuda-Brigade.
Der Regierungschef des nordindischen Unionsstaats Manipur ist am 27. Juli Ziel eines Anschlags geworden. Mutmaßliche militante Separatisten griffen den Konvoi von Okram Ibobi Singh mit Gewehren an, wie die indische Nachrichtenagentur PTI berichtete. Singh habe den Anschlag unverletzt überlebt, vier seiner Sicherheitskräfte seien jedoch verwundet worden. Die Angreifer seien entkommen. Im Nordosten des Landes kämpfen Dutzende Gruppen für Autonomie oder Loslösung von Indien.
Auch im Unionsstaat Jammu-Kaschmir hielt die Gewalt an. Soldaten stürmten nach Polizeiangaben am 27. Juli ein mutmaßliches Rebellenversteck in Khandpora, rund 100 Kilometer nördlich der Sommerhauptstadt Srinagar. In einem sechsstündigen Feuergefecht seien sechs Rebellen getötet und zwei Häuser zerstört worden.
Bei einem Anschlag mutmaßlicher militanter Islamisten wurden rund 80 Kilometer südlich von Srinagar mindestens 14 Menschen verletzt, wie die Polizei berichtete. Die Angreifer hätten eine Granate auf einen stark besuchten Markt in Kokernag geworfen.
An der Waffenstillstandslinie zum pakistanischen Teil Kaschmirs kam es am 27. Juli zu zahlreichen Schusswechseln zwischen Soldaten beider Länder. Zwei pakistanische Dorfbewohner wurden nach Angaben der Polizei getötet, als Querschläger ihre Häuser trafen. 13 weitere Zivilpersonen seien verletzt worden.
Bei einer Explosion in einem Bus in der westindischen Stadt Bombay sind nach Medienberichten mindestens drei Menschen getötet worden. Die Explosion habe sich am 28. Juli in einem Vorort der Stadt ereignet, berichtete der Fernsehsender Zee TV'S. Die Polizei konnte zunächst keine Angaben zu möglichen Opfern machen. Die Feuerwehr teilte mit, sie habe vier Einsatzwagen zum Ort der Detonation entsandt. Weitere Angaben lagen zunächst nicht vor.
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