Putschisten streiten um Zelayas Rückkehr
Konflikt um Verfahren gegen gestürzten Präsidenten von Honduras
Von Harald Neuber *
Organisationen der Demokratiebewegung in Honduras hoffen auf eine rasche Rückkehr des
ehemaligen Präsidenten Manuel Zelaya, nachdem der Oberste Gerichtshof zu Wochenbeginn
strafrechtliche Vorwürfe gegen den liberalen Politiker aus Verfahrensgründen fallen gelassen hat.
Die Berufungskammer des Gerichts hatte am Montag (2. Mai) zwei Ermittlungsverfahren wegen Korruption
gegen Zelaya kassiert und war damit einer zentralen Forderung der Nationalen Front des
Volkswiderstands (FNRP), des zentralen Bündnisses der Demokratiebewegung, nachgekommen.
Zugleich sorgte die Entscheidung umgehend für Konflikte im Lager der Putschisten: Die
Staatsanwaltschaft legte am Dienstag (3. Mai) Widerspruch gegen die richterliche Entscheidung ein. Nun
muss der Gerichtshof über die Haltbarkeit der Vorwürfe insgesamt entscheiden.
Zelaya war Ende Juni 2009 gestürzt worden, weil er das Grundgesetz in einer verfassunggebenden
Versammlung umfassend reformieren und soziale Rechte stärken wollte.
Nach einem
mehrmonatigen diktatorischen Regime ging die Macht Anfang 2010 in umstrittenen Wahlen an die
amtierende Regierung unter Staatschef Porfirio Lobo über. Weil dessen Regierung von zahlreichen
lateinamerikanischen Staaten aber nach wie vor nicht anerkannt wird, bleibt Honduras eine
Wiederaufnahme in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verwehrt, aus der das Land
nach dem Putsch ausgeschlossen worden war.
Zuletzt hatte sich auch Lobo deswegen für eine Rückkehr Zelayas ausgesprochen. Zahlreiche
lateinamerikanische Staatschefs hätten auf einer Niederschlagung der Verfahren gegen Zelaya als
notwendige Bedingung für die Rückkehr des Landes in die OAS bestanden, sagte der Konservative
nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur. Nachdem zuvor schon der Vorwurf des
»Vaterlandsverrats« vom Parlament zurückgenommen worden war, will Lobo nun alle Vorwürfe
gegen Zelaya fallenlassen. Das aber brächte nicht nur die Protagonisten des Staatsstreichs in
Bedrängnis, sondern auch ihre internationalen Partner. Vor allem die FDP-nahe Friedrich-Naumann-
Stiftung, die über ein Büro in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa verfügt, hatte den Sturz
Zelayas gutgeheißen.
Obwohl die Staatsanwaltschaft nun Widerspruch eingelegt hat, äußerten sich Vertreter der
Demokratiebewegung vorsichtig optimistisch. Der Richterspruch vom Montag sei »ein erster Schritt
zur raschen Rückkehr Zelayas nach Honduras«, zitiert die staatliche venezolanische
Nachrichtenagentur AVN Dagberto Suazo, ein führendes Mitglied der FNRP. Zugleich bezeichnet
die Allianz Lobos Vorgehen als »durchsichtiges Manöver«, um das Land in die OAS zurückzuführen.
Eine rasche Wiederaufnahme, wie sie am Dienstag OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza
forderte, wird deswegen wohl nicht möglich sein. Zunächst müssten alle Vorwürfe gegen Zelaya
fallen gelassen und eine Rückkehr des Präsidenten aus dem Exil ermöglicht werden, hieß es aus
den Reihen der FNRP, die enge Kontakte zu OAS-Mitgliedsstaaten pflegt.
* Aus: Neues Deutschland, 5. Mai 2011
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