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Honduras steht vor Generalstreik

Konflikt mit Putschlager verschärft sich

Von Harald Neuber *

Gewerkschaften und Organisationen der Demokratiebewegung in Honduras rufen für Donnerstag (11. Nov.) zu einem Generalstreik gegen die De-facto-Regierung unter Porfirio Lobo auf.

Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Protesten gegen den rechtsgerichteten Unternehmer Porfirio Lobo: der heutige landesweite Ausstand in Honduras. Lobos Regierung hat angesichts der internationalen Isolation offenbar immer weniger finanziellen Spielraum, um den sozialen Frieden im Land zu gewährleisten. Zusammen mit der politischen Protestbewegung, die sich nach dem Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung Ende Juni 2009 gebildet hat, ist eine explosive Mischung entstanden.

Die großen Gewerkschaftsverbände und die Nationale Front des Volkswiderstands (FNRP), das zentrale Bündnis der Demokratiebewegung, fordern die umgehende Anhebung des Mindestlohns. Das Angebot der Lobo-Führung, den Mindestlohn von derzeit 5500 Lempiras (211 Euro) um sechs Prozent anzuheben, könne die Teuerungsrate im Land nicht ausgleichen, heißt es von Seiten der Arbeiterverbände. Zudem fordern die Organisatoren des Streiks die Rücknahme mehrerer Arbeitsgesetze, durch die unter anderem die Gehälter der Lehrer nicht mehr an den Mindestlohn gekoppelt sind.

Angesichts leerer Kassen leidet vor allem der Bildungssektor. Seit Monaten wurden den Lehrern keine Löhne und Gehälter mehr gezahlt, heißt es vom Interessenverband der Lehrkräfte. Unterstützung kommt auch von anderen Gewerkschaftsverbänden. Die De-facto-Regierung von Porfirio Lobo versuche, »die Errungenschaften der Arbeiter zu zerschlagen«, beklagt Daniel Durón, Vorsitzender des Verbandes CGT, gegenüber der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina.

Zeitgleich mit den sozialen Konflikten spitzt sich die politische Auseinandersetzung mit den Vertretern des Putschlagers weiter zu. Nach Medienberichten wurden am Sonntag mehrere Aktivisten von der Polizei zum Teil schwer verletzt. Der Zwischenfall ereignete sich am Rande einer Protestaktion gegen den Erzbischof von Tegucigalpa, Óscar Andrés Rodríguez Maradiaga. Der Kirchenfürst ist ein entschiedener Fürsprecher des Putsches gegen den letzten demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya.

Einer der Sprecher des Demokratiebündnisses FNRP, Juan Barahona, verurteilte die Gewalt gegen Demonstranten. Rodríguez Maradiaga war laut Barahona »einer der Ersten, die dem Putsch und Diktator Roberto Micheletti seinen Segen erteilt haben«.

Ungeachtet dieser Konflikte bekommt nicht nur Lobo Unterstützung aus Deutschland. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Katholische Akademie in Hamburg den umstrittenen Kirchenfunktionär Rodríguez Maradiaga Anfang Dezember in die Elbmetropole eingeladen. Der »Putsch-Kardinal« soll dort über die »Globalisierung der Solidarität« sprechen.

* Aus: Neues Deutschland, 11. November 2010


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