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Treff in Costa Rica

Honduras: Präsident Arias moderiert heutige Begegnung von Zelaya und Juntachef. Widerstand gegen Putschisten geht weiter

Von André Scheer *

Der vor anderthalb Wochen gestürzte Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, will am heutigen Donnerstag in Costa Rica mit dem von den Putschisten als »Staatschef« eingesetzten Roberto Micheletti zusammentreffen. Nach einem Gespräch mit US-Außenministerin Hillary Clinton am Dienstag in Washington hatte Zelaya überraschend mitgeteilt, die angebotene Vermittlung des costaricanischen Präsidenten Óscar Arias zu akzeptieren und angekündigt, am Mittwoch nach San José, die Hauptstadt Costa Ricas, zu fliegen.

Zugleich betonte Zelaya, daß zentrale Fragen wie seine Wiedereinsetzung als Präsident von Honduras nicht zur Debatte ständen. »Es geht nicht um Verhandlungen, es geht darum zu planen, daß die Putschisten verschwinden«, sagte er bei einer Pressekonferenz in Washington. Die Gespräche seien eine »Plattform für die Rückkehr der rechtmäßigen Regierung«. Mit jeder anderen Haltung würde er sich selbst und seine Positionen verraten. An das honduranische Volk gewandt, das nach wie vor jeden Tag zu Tausenden auf die Straße geht, um eine Rückkehr des Präsidenten zu fordern, rief Zelaya die Menschen auf, den Protest fortzusetzen. »Nur kämpfend haben wir unsere Bürgerrechte erringen können«, erinnerte er.

Völlig anders stellt sich offenbar Micheletti die Gespräche vor. Es könne nicht darum gehen, eine Rückkehr Zelayas an die Regierung zu verhandeln. Dieser könne nur nach Honduras kommen, um sich »der Justiz zu stellen«. Die Begegnung ginge auf einen Vorschlag von Arias zurück, behauptete der Putschist und erklärte: »Wir werden nichts verhandeln, sondern zuhören«.

In San José betonte Óscar Arias gegenüber dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur, daß die Gespräche zwischen Zelaya und Micheletti selbstverständlich nicht »von gleich zu gleich« stattfinden, da die »internationale Gemeinschaft« das Regime der Putschisten nicht anerkenne. Im Gegensatz zur Darstellung durch Micheletti betonte Arias, daß ihn dieser zunächst um eine Vermittlung gebeten und er dem zugestimmt habe. Später habe ihn dann Zelaya mit dem selben Vorschlag kontaktiert. Die Vermittlung erfolge deshalb auch nicht aufgrund einer Bitte Washingtons: »Die Vereinigten Staaten haben mich gefragt, ob ich zu einer Vermittlung bereit wäre, wenn beide Seiten mich darum bitten, aber das war schon keine neue Idee.« Er habe sich dieser Initiative - wie auch kein anderer Lateinamerikaner, der dem honduranischen Volk helfen wolle - nicht verweigern können.

Arias erinnerte daran, daß er der erste gewesen sei, der Zelaya nach seinem Sturz empfangen und noch am selben Tag an dessen Seite den Putsch in Honduras verurteilt habe, einem Ereignis, »von dem wir dachten, daß es eine Sache der Vergangenheit wäre«. Gefragt, warum gerade er um die Vermittlung gebeten worden sei, sagte Arias, daß man ihn wohl als eine »Person mit Erfahrung« angesehen habe, da er in seiner ersten Regierungszeit zwischen 1986 und 1990 einen Friedensplan für Mittelamerika vorgelegt habe, an dessen Umsetzung damals nur sehr wenige Menschen geglaubt hätten. 1987 erhielt er für diese Initiative den Friedensnobelpreis.

Im Gespräch mit der kubanischen Agentur Prensa Latina kündigte der Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes FUTH, Israel Salinas, an, daß die Honduraner erst dann aufhören werden, den Putschisten Widerstand zu leisten, wenn Manuel Zelaya wieder als Präsident in Tegucigalpa amtiere. Die Volksbewegung werde jeden Tag stärker, betonte der Gewerkschafter. Seine Organisation bildet gemeinsam mit der Linkspartei UD, zahlreichen Basisbewegungen, verschiedenen Gruppen sowie zwei weiteren großen Gewerkschaftsbünden die Nationale Widerstandsfront gegen den Putsch.

* Aus: junge Welt, 9. Juli 2009

Aktuelle Meldungen

Keine Ergebnisse in San José

Präsident Manuel Zelaya und Putschistenführer Roberto Micheletti trafen sich nicht persönlich. Beide Seiten beharren auf ihre Positionen

San José/Tegucigalpa. Das mit Spannung erwartete Zusammentreffen des gewählten Präsidenten Honduras´, Manuel Zelaya, mit dem Putschistenchef Roberto Micheletti hat nicht stattgefunden. Beide Hauptakteure der honduranischen Krise waren am Freitag (10. Juli) in San José (Costa Rica) mit dem Präsidenten dieses mittelamerikanischen Landes, Oscar Arias, zusammengekommen. Einen direkten Dialog zwischen Zelaya und Micheletti gab es jedoch nicht.

Unter Vermittlung Arias´ soll ein politischer Ausweg aus der schweren Krise gefunden werden, die Honduras seit dem Militärputsch gegen Zelaya am 28. Juni erlebt. Putschistenchef Micheletti hat jedoch schon vor Beginn der Gespräche bekräftigt, dass sein Regime eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung ausschließt.

Die Putschisten sehen den Militärputsch als rechtmäßig an. Sie unterstellen Zelaya eine Verletzung der Verfassung, weil dieser am 28. Juni, dem Tag des Staatsstreiches, eine nicht bindende Umfrage über die mögliche Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung Ende November durchführen wollte.

Diese Rechtsauffassung wird im Ausland von keiner relevanten Kraft geteilt. Die internationale Staatengemeinschaft und internationale Organisationen – unter ihnen UNO, OAS und EU – fordern die bedingungslose Wiedereinsetzung Zelayas in das höchste Staatsamt.

Nach den Gesprächen am Freitag (10. Juli) schloss ein Vertreter der Putschregierung, Arturo Corrales, eine Rückkehr Zelayas dennoch aus. Für die Regierung des Landes erklärte Außenministerin Patricia Rodas, man wolle den Dialog fortführen. Allerdings bestehen die rechtmäßige Regierung und Präsident Zelaya darauf, dass die Putschisten sich zurückziehen.

Das Treffen in Costa Rica war auch Ende der zweiten Woche nach dem Militärputsch von Massenprotesten im Land begleitet.


Vereinte Putschisten

Nach Medienberichten aus Honduras: Venezolaner Carmona in Tegucigalpa gesichtet. Politiker hat Verbindungen zur US-Rechten

Von Christian Kliver


Einige Leserinnen und Leser haben uns angeschrieben, weil auch in deutschen Internetforen fälschlicherweise berichtet wurde, dass Pedro Carmona Estanga, der Anführer des Militärputsches in Venezuela 2002, in Tegucigalpa gesichtet wurde. Bitte lesen Sie dazu den letzten Abschnitt.

Washington/Tegucigalpa. Nach Angaben des honduranischen Radiosenders Globo befindet sich der Venezolaner Robert Carmona-Borjas, Vizepräsident der "Arcadia-Stiftung", derzeit in Tegucigalpa. Carmona-Borjas ist dem Bericht zufolge ein enger Vertrauter des venezolanischen Putschistenchefs Pedro Carmona Estanga, der im April 2002 für kurze Zeit an der Spitze einer Junta in Caracas stand. Anders als derzeit in Honduras konnte der Staatsstreich damals binnen 48 Stunden zurückgeschlagen werden.

Nach Informationen von Radio Globo hatte sich Robert Carmona-Borjas im Gebäude des Nationalkongresses mit Vertretern des Putschistenregimes getroffen. Radio Globo geht deswegen davon aus, dass er auch mit dem Regimechef Roberto Micheletti zusammengekommen ist. Micheletti hatte entsprechenden Berichten zuvor widersprochen.

Wie das kubanische Nachrichtenportal CubaDebate berichtet, hat sich Robert Carmona-Borja in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa unter dem Decknamen Armando Valladares im Hotel Plaza Libertador eingemietet. Ein aussagekräftiges Pseudonym: Armando Valladares Pérez war ein bekanntes Mitglied der Polizei in Havanna unter dem Diktatur Fulgencio Batista. Er war in Kuba wegen Bombenanschlägen inhaftiert. Unter dem US-Präsidenten Ronald Reagan wurde Valladares Pérez zum US-Botschafter bei der UNO ernannt.

CubaDebate berichtet weiter, dass Carmona-Borjas ein enger Vertrauter des ultrakonservativen US-Politikers Otto Reich ist. Reich war unter der inzwischen abgewählten Bush-Regierung im Washingtoner Außenministerium verantwortlich für Lateinamerika. In dieser Funktion hat er maßgeblich an der US-Politik gegen die Chávez-Regierung mitgewirkt, die 2002 im Putschversuch gipfelte.

Einige Internetportale hatten zunächst berichtet, Micheletti sei mit dem kurzzeitigen Putschistenchef Pedro Carmona aus Venezuela zusammengekommen. Die Information ist falsch und liegt in der Namesgleichheit begründet. Spanischsprachige Portale haben den Fehler inzwischen berichtigt.

Beide Berichte aus: Portal Amerika21, 10. Juli 2009; www.amerika21.de




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