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"Wir sind vorsichtig optimistisch"

Die Außenminister der OAS werden heute in Honduras erwartet. Gespräche mit den Putschisten über den Vermittlungsplan von Arias. Ein Gespräch mit Victor Meza

Victor Meza ist legitimer Innen- und Justizminister von Honduras. Er gehört der Regierung des am 28. Juni durch einen Putsch gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya an.



Frage: Am heutigen Montag (24. August) soll eine Außenministerdelegation der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Honduras eintreffen. Was erwarten Sie von diesem Besuch?

Meza: Wir sind vorsichtig optimistisch. Als Regierung des rechtmäßig gewählten Präsidenten Zelaya unterstützen wir ohne Einschränkung die zwölf Punkte des Plans, den der Präsident von Costa Rica, Óscar Arias Sánchez als Vermittler vorgelegt hat. Deshalb hoffen wir, daß die Ankunft der OAS-Außenminister endlich dazu führt, daß die gegenwärtige Krise auf dem Verhandlungswege überwunden wird.

Der durch den Putsch vom 28. Juni gestürzte Präsident Manuel Zelaya hat am 22. August in einem Interview mit Radio Globo erklärt, der Arias-Plan sehe zwar eine »politische Amnestie« für die Putschisten vor – jedoch keine »Amnestie für deren Straftaten«. Welche Position vertreten Sie?

Für Verbrechen darf es keine Amnestie geben, vor allem nicht, wenn es um die vielen Verletzungen der Menschenrechte geht, die es seit dem Putsch gab. Diese Verbrechen müssen verfolgt werden, was nicht durch eine Amnestie verhindert werden darf.

Nach dem Staatsstreich haben konservative Medien in Deutschland die Geschehnisse in Honduras vorwiegend aus Sicht der Putschisten präsentiert: Der Präsident sei aus dem Land geschafft worden, hieß es, um die Demokratie zu retten. Was ist dran an diesen Vorwürfen?

Probleme in einer Demokratie dürfen nur mit demokratischen Mitteln gelöst werden, nicht durch einen Staatsstreich. Für jedes Versagen der Regierung, für jeden Fehler, für jeden Machtmißbrauch regeln unsere Gesetze, wie wir damit umgehen müssen.

Es gibt kein zivilisiertes Land, in dem es illegal wäre, die Meinung des Volkes per Befragung zu erkunden. In Honduras ist es außerdem so, daß weder die Verfassung noch irgendein anderes Gesetz dem Kongreß oder sonst jemandem die Befugnis erteilen, den Präsidenten zu entmachten, nur weil er die Absicht hat, eine Volksbefragung durchzuführen.

Ein Wechsel in diesem Staatsamt ist aufgrund der Gesetzeslage nur in folgenden Fällen möglich: Wenn der Präsident abgewählt wird, wenn er stirbt, wenn er nachweislich geisteskrank oder im Endstadium an Krebs erkrankt ist oder wenn er aus anderen Gründen nicht in der Lage ist, sein Amt auszuüben. Und sollte der Präsident ungesetzlicher Handlungen überführt werden, muß er sich zwar in einem Strafprozeß verantworten – nirgendwo ist aber die Ausweisung vorgesehen. Darüber hinaus verbietet es die honduranische Verfassung sogar, einen Bürger des Landes auszuweisen.

Die heutige Verfassung wurde 1982 von einer Militärjunta ausgearbeitet. Zelaya hatte vorgehabt, sie so zu ändern, daß das Volk mehr Rechte bekommt. Die Putschisten behaupten jedoch, eine Verfassungsänderung sei ungesetzlich. Stimmt das?

Nein. Eine Verfassung, in der steht, daß sie nicht geändert werden darf, wäre undemokratisch.

Mitglieder des Nationalen Kongresses, des Obersten Gerichtshofes und anderer staatlicher und privater Institutionen waren an dem Staatsstreich beteiligt. Wäre die durch diese Institutionen für den 29. November angesetzte Wahl rechtmäßig?

Seit dem Putsch vom 28. Juni ist Honduras kein Rechtsstaat mehr. Unter einem ungesetzlichen Regime können keine rechtmäßigen Wahlen stattfinden.

Heißt das, daß die Widerstandsbewegung des Landes diese Wahl nicht akzeptieren wird?

Niemals! Schon von den Voraussetzungen her ist diese Wahl ein Betrug, sehr viele Menschen werden gar nicht erst hingehen. Diese Veranstaltung ist ungesetzlich, sie wird international auch nicht anerkannt werden.

Wie kann die Krise überwunden werden?

Es gibt zwei Wege: Der eine ist die friedliche Lösung entsprechend dem Arias-Plan, das ist das, was das Land braucht. Und dann gibt es noch die gewaltsame Lösung, die dem Volk buchstäblich aufgezwungen würde, wenn die Putschisten weiterhin so unnachgiebig bleiben.

Interview: Manola Romalo

* Aus: junge Welt, 24. August 2009


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