Eiertanz in Managua
Nicaraguas Präsident trifft sich mit Honduras' Staatschef Lobo, vermeidet aber eine Anerkennung der dortigen Regierung
Von André Scheer *
Die unter Kontrolle der Putschisten eingesetzte Regierung von Honduras
scheint kurz davor zu stehen, ihre internationale Isolation zumindest in
Mittelamerika zu überwinden. Am vergangenen Freitag (Ortszeit) empfing
Nicaraguas Präsident Daniel Ortega im Protokollbereich des Flughafens
von Managua überraschend den honduranischen Staatschef Porfirio Lobo zu
einer als »privat« deklarierten Unterredung. Anschließend fuhren beide
in das Gebäude der Regierungspartei FSLN, wo sie mehrere bilaterale
Abkommen unterzeichneten. Obwohl Ortega es also vermieden hat, Lobo mit
den offiziellen Ehren eines Staatschefs und im Präsidentenpalast zu
empfangen, wurde das Treffen international als Anerkennung der
honduranischen Regierung durch den sandinistischen Staatschef
wahrgenommen. Dafür spricht auch die vereinbarte Wiederaufnahme der
Arbeit verschiedener bilateraler Kommissionen, die nach dem Putsch vom
vergangenen Juni auf Eis gelegt worden waren.
Nur wenige Stunden später versuchte Ortega dann bei einem Treffen der
linken Parteien Zentralamerikas und der Karibik, zu dem sich unter
anderem Vertreter aus Honduras, Mexiko, Kuba, El Salvador, Puerto Rico
und Guatemala in Managua eingefunden hatten, seinen Kurswechsel zu
erklären. Nach einer erneuten scharfen Verurteilung des Staatsstreichs,
für den er vor allem die USA verantwortlich machte, sagte der
nicaraguanische Präsident: »Wir haben uns gestern hier mit dem
Präsidenten von Honduras, Lobo, getroffen. Wir haben das Problem der
gemeinsamen Seegrenze im Golf von Fonseca diskutiert und einige
Vereinbarungen getroffen, denn wir haben hier eine Situation, die zu
militärischen Spannungen geführt hat. Es war wichtig, eine Form zu
finden, diesen Konflikt zu entschärfen.«
Ebenfalls auf der Agenda Ortegas hatte für Sonntag auch ein Treffen mit
den Präsidenten von El Salvador und Guatemala, Mauricio Funes und Álvaro
Colom, gestanden. Dabei sollte es ebenfalls um eine »Normalisierung« der
zentralamerikanischen Zusammenarbeit gehen, die seit dem Putsch
eingefroren ist. Beide Kollegen Ortegas haben das Regime in Tegucigalpa
längst anerkannt, und es wurde vermutet, daß die häufigen Kontakte
beider Staatschefs in den vergangenen Wochen vor allem dazu dienten, den
Widerstand des Nicaraguaners gegen eine Anerkennung Lobos zu brechen.
Obwohl dies nun offenbar Erfolg hatte, mußte die Konferenz kurzfristig
verschoben werden, nachdem Funes nur wenige Stunden vor Beginn
»Terminschwierigkeiten« geltend machte und seine Teilnahme absagte.
Ortega und Colom vereinbarten daraufhin, das Treffen ganz sein zu
lassen, nachdem beide Politiker bereits am vergangenen Donnerstag zu
einem kurzen bilateralen Treffen zusammenkamen. »Terminschwierigkeiten«
sind eine beliebte Formulierung der internationalen Diplomatie, wenn die
wahren Gründe für eine Entscheidung nicht gesagt werden sollen. Darüber,
was wirklich hinter dem Rückzieher Funes' steckt, kann momentan nur
spekuliert werden.
* Aus: junge Welt, 13. April 2010
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