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Staatsanwälte im Hungerstreik

Honduras: Rücktritt des Generalstaatsanwalts wegen Begünstigung von Korruption gefordert

Von Thelma Mejía, IPS *

In Honduras wollen 25 Staatsanwälte mit einem Hungerstreik vor dem Parlamentsgebäude die Entlassung des Generalstaatsanwalts Leónidas Rosa und seines Stellvertreters Omar Cerna durchsetzen. Die Anwälte werfen Rosa und Cerna vor, Korruptionsprozesse gegen Spitzenvertreter der honduranischen Politik und Wirtschaft zu verschleppen.

Wegen derselben Vorwürfe mußten 2005 die Vorgänger von Rosa und Cerna – Ovidio Navarro und Yuri Melara – ihren Hut nehmen. Von der Neubesetzung ihrer Posten mit Rosa, einem Vertreter der oppositionellen Nationalpartei (NP), und Cerna von der regierenden Liberalen Partei (LP) hatte sich das Parlament eine Verbesserung des schlechten Rufes der Generalstaatsanwaltschaft versprochen. Der rund 30tägige Hungerstreik, an dem unter anderem der Präsident des honduranischen Verbandes der Staatsanwälte (AFH), Víctor Fernández, teilnimmt, zeigt, daß von einer erfolgreichen Imagekorrektur keine Rede sein kann.

Die Staatsanwälte hatten 2005 keine Einwände gegen die Ernennung von Rosa und Cerna, halten sie heute aber für irregulär. Auch verweigern sie dem honduranischen Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti, dem Leiter einer parteienübergreifenden Delegation, die mit den Demonstranten verhandelt, jedes Entgegenkommen, obwohl Micheletti sich für eine Prüfung der von den Streikenden verlangten Verfahren ausgesprochen hat.

Mittlerweile fordern einige der streikenden Staatsanwälte nicht nur die Absetzung von Rosa und Cerna, sondern auch die Auflösung des Parlaments. »Dieses Parlament ist keine Volksvertretung. Es steht auf der Seite der Mächtigen und deckt ihre Korruption«, moniert Jari Dixon, einer der Streikenden.

Ihre Vorwürfe finden Rückhalt bei Ureinwohnergruppen, der nationalen Widerstandesbewegung CNRP und einigen Kirchenvertretern. Täglich erhalten die streikenden Staatsanwälte in ihrem Zelt vor dem Parlament Besuch von Sympathisanten, die sich auf eine Protestliste gegen die Korruption eintragen.

Für Wirbel sorgte unlängst, daß Staatspräsident Manuel Zelaya bei den Streikenden erschien, ihnen seine Unterstützung versicherte und sich sogar für einen Rücktritt seines Parteikollegen Cerna aussprach. Daß schließlich auch die PL-Vorsitzende Patricia Rodas diese Äußerungen bekräftigte, hat Zweifel an der Authentizität des Hungerstreiks laut werden lassen und die Opposition auf den Plan gerufen. Sie beschuldigt den Staatspräsidenten jetzt, er strebe eine zweite Amtszeit an, obwohl die Verfassung eine Wiederwahl verbietet.

* Aus: junge Welt, 10. Mai 2008


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