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30 Tage danach

Honduras: Putschistengeneral auf Truppenbesuch an der Grenze zu Nicaragua. Tausende Menschen festgehalten

Von André Scheer *

Einen Monat nach dem Sturz des honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya durch das Militär ist in dem mittelamerikanischen Land kein Ende der Krise abzusehen. Während die Anhänger Zelayas ihre Protestaktionen fortsetzen und Zelaya selbst in Nicaragua nur wenige Meter von der honduranischen Grenze entfernt auf eine Gelegenheit wartet, in sein Land zurückzukehren, greift das Regime der Putschisten immer offener zu gewaltsamer Repression, um die Proteste zu ersticken.

Hilfsgüter gesammelt

Allein in der Grenzregion zu Nicaragua wurden 5000 Soldaten und 2000 Polizisten zusammengezogen. Sie sollen verhindern, daß Tausende Demonstranten bis zum Grenzort Las Manos vordringen können, wo Zelaya eine Zeltstadt errichtet hat. Erst am Montag gelang es einem Konvoi des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), mehrere hundert Menschen, die seit Samstag im Grenzort El Paraíso zwischen den Straßensperren festsitzen, mit Lebensmitteln und Trinkwasser zu versorgen. Die Hilfsgüter wurden von den Aktivisten der Widerstandsbewegung im ganzen Land gesammelt, um die Demonstranten und Einwohner in El Paraíso zu unterstützen.

Honduras' »First Lady« Xiomara Castro, die mit weiteren Familienangehörigen ebenfalls an einer Straßensperre festgehalten wird, warnte, die Putschisten wollten die Menschen verhungern lassen, und forderte Generalstabschef Romeo Vázquez auf, die Sperren aufzuheben und die Karawane passieren zu lassen. Dieser war am Montag überraschend mit einem Hubschrauber in der Grenzregion eingetroffen, um die dort eingesetzten Truppen zu inspizieren.

Offenbar reagierte er mit dieser Maßnahme auf einen anonymen Aufruf mehrerer Offiziere der honduranischen Armee, die über Radio Globo eine Erklärung verlesen hatten, in der sie Zelaya als Präsidenten anerkennen und ihre Ablehnung des Staatsstreichs zum Ausdruck bringen. »Wir haben Befehle erhalten, aber wir wollen das Volk nicht unterdrücken, denn wir zerstören das Ansehen der Streitkräfte, das uns so viel gekostet hat«, erklärte der anonyme Anrufer. Ob es sich wirklich um eine Gruppe von Bataillonskommandeuren und anderen Offizieren handelt, wie der Anrufer behauptete, konnte nicht überprüft werden.

Während an der Grenze nach wie vor immer wieder Gruppen von Unterstützern des Präsidenten eintreffen, die sich über Schleichwege bis nach Las Manos durchgeschlagen haben, gehen auch in der Hauptstadt Tegucigalpa die Proteste weiter. Berichten der den Putschisten treu ergebenen Tageszeitung El Heraldo zufolge gelang es zahlreichen Demonstranten, über mehrere Stunden erneut wichtige Zufahrtsstraßen der Stadt zu blockieren. Unter der Überschrift »Auch nach dreißig Tagen Kampf: Hier ergibt sich niemand« informierte die »Nationale Front gegen den Staatsstreich«, daß die wichtigste Straßenblockade auf dem Boulevard Fuerzas Armadas sich vor allem gegen das große Einkaufszentrum »Las Cascadas« richtete.

Schutz für Botschaft

»Dieses Einkaufszentrum ist Eigentum des Präsidentschaftskandidaten der Liberalen Partei, Elvin Ernesto Santos, einer der in den Staatsstreich verwickelten Personen.« Es sei gelungen, in der Umgebung des Zentrums den Straßenverkehr weitgehend zum Erliegen zu bringen, so daß zahlreiche Geschäfte geschlossen blieben. Die Widerstandsbewegung kritisiert, daß Polizei und Militär mit einem Großaufgebot versucht hätten, die friedlichen Demonstranten einzuschüchtern und die Blockaden zu räumen, was ihnen jedoch nicht gelungen sei.

Auch vor dem Gebäude der venezolanischen Botschaft in Tegucigalpa harren Demonstranten aus, um Übergriffe der Putschisten gegen die Diplomaten zu verhindern. Das Regime von Roberto Micheletti hatte in der vergangenen Woche den Diplomaten eine Frist bis zum vergangenen Freitag gesetzt, um das Land zu verlassen. Venezuelas Geschäftsträger Uriel Vargas hatte jedoch erklärt, keine Anweisungen der Putschisten zu befolgen, da Venezuela deren Regierung nicht anerkenne.

* Aus: junge Welt, 29. Juli 2009

USA erhöhen Druck auf Honduras

Die USA haben ihren Druck auf die Interimsregierung in Honduras erhöht und vier hohen Regierungsbeamten des mittelamerikanischen Staates das Diplomatenvisum entzogen. Unter ihnen ist nach Angaben aus Tegucigalpa auch ein Richter am Obersten Gerichtshof, Tomas Arita, der den Haftbefehl für Präsident Manuel Zelaya ausgestellt hat, ehe er am 28. Juni von Soldaten festgenommen und nach Costa Rica abgeschoben wurde. Die USA verlangen ebenso wie die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die UN-Vollversammlung die Wiedereinsetzung des gewählten Präsidenten. Dieser hielt sich am Dienstag weiter in der nicaraguanischen Ortschaft Ocotal auf. Er lehne eine gewaltsame Rückkehr nach Tegucigalpa ab und setze auf den «Druck der USA auf die Putschführer», sagte Zelaya.
Meldung der Nachrichtenagentur AP, 29. Juli 2009




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