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Junta-Chef in Guinea verspricht Demokratie

Baldige Wahlen sind jedoch nicht zu erwarten

Von Saliou Samb, Conakry *

Hauptmann Moussa Dadis Camara, der sich in Guinea nach dem Tod von Staatspräsident Lansana Conté Ende Dezember mit einer Gruppe von Militärs unblutig an die Macht geputscht hat, bemüht sich um die internationale Reputation seiner Junta und des von ihm geführten »Nationalrates für Demokratie und Entwicklung« (CNDD). Bei einem Treffen mit der internationalen Kontaktgruppe kündigte er jetzt die schrittweise Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen an.

Der internationalen Kontaktgruppe, die sich dieser Tage in Guineas Hauptstadt Conakry aufhielt, gehören Vertreter der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (CEDEAO), der Afrikanischen Union (AU), der Europäischen Union (EU) und der Vereinten Nationen an. Weil sich Camara bei den Gesprächen mit ihnen nicht auf einen verbindlichen Zeitplan einließ, äußern einheimische Kritiker Zweifel an seiner Bereitschaft, schon bald mit dem bereits mehrfach versprochenen Demokratisierungsprozess zu beginnen. So hatte er vorgeschlagen, auf einem nationalen Forum den Übergang zur Demokratie zu diskutieren, die Landesverfassung zu revidieren, die Wählerlisten zu überarbeiten und zu veröffentlichen und anschließend einen Termin für Neuwahlen festzulegen. Zudem versicherte Camara, mit der bisherigen Straflosigkeit Schluss zu machen und »die Macht nur an einen Zivilisten mit sauberen Händen« abzugeben.

Nach den Kontakten mit Camara, mit Vertretern der politischen Parteien, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft betonte CEDEAO-Exekutivsekretär Mohamed Ibn Chambas, er sehe den Übergangsprozess auf gutem Wege. Kritik kommt jedoch vom Politologen Madani Dia: »Es ist blamabel, zwar einzelne Demokratisierungsetappen, aber keinen Wahltermin anzukündigen. Niemand weiß, was der CNDD eigentlich beabsichtigt. Auch ist nicht bekannt, nach welchen Kriterien das Komitee besetzt werden soll, in dessen Hände der Übergang zur Demokratie gelegt wird.«

Die meisten Parteiführer und Sprecher der zivilen Gruppen bewerten das Engagement der Junta durchaus positiv und haben dazu aufgerufen, den CNDD in der Übergangsphase zu unterstützen. »Es liegt in unserem eigenen Interesse, miteinander zu sprechen und uns in unserem Land endlich die Wahrheit zu sagen. Nur dann können wir diesen wichtigen Abschnitt unserer Geschichte erfolgreich hinter uns bringen«, erklärte etwa der Oppositionspolitiker Sidya Touré, Vorsitzender der »Union der republikanischen Kräfte«.

Hauptmann Camara hatte sich schon bald nach dem Putsch mit hochrangigen Militärs angelegt. Er beschuldigte sie offen, ein Komplott gegen sein Regime zu schmieden. »Es gibt immer noch machthungrige Offiziere, doch ihre Zeit ist abgelaufen«, erklärte er. Die militärinternen Spannungen hatten die Kritik der internationalen Gemeinschaft an Guineas neuen Machthabern verstärkt. Während die USA-Regierung ihre Entwicklungshilfe, rund 20 Millionen Dollar, unverzüglich einstellte, bekräftigten die EU, die Afrikanische Union und die CEDEAO ihre Forderung nach baldigen allgemeinen Wahlen. In einer gemeinsamen Erklärung forderten auch Parteivorsitzende, Gewerkschaftsvertreter und Sprecher der Zivilgesellschaft, die als »Forces vives« auftreten, den CNDD kürzlich auf, sich an sein Versprechen zu halten und die Guineer zur Wahl eines Staatspräsidenten und eines Parlaments aufzurufen.

»Unser wichtigstes Anliegen ist es jetzt, mit aller Kraft und allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln einwandfreie Wahlen zu organisieren«, erklärte der Oppositionspolitiker Jean-Marie Doré. Ein baldiger Urnengang ist jedoch kaum zu erwarten.

* Aus: Neues Deutschland, 23. Februar 2009


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