Polizisten unter Mordverdacht
Salvadorianische Parlamentarier in Guatemala umgebracht
Von Gerold Schmidt, Mexiko-Stadt *
Ein hoher Polizeioffizier in Guatemala wird verdächtigt, drei Parlamentsabgeordnete aus El Salvador
ermordet zu haben. Die Behörden Guatemalas bestätigten die Festnahme mehrerer Polizisten.
Darunter ist der Chef der Abteilung für organisiertes Verbrechen der Kriminalpolizei.
Die Ironie der Geschichte kann manchmal grausam sein. In den 80er Jahren gründete Oberst
Roberto D'Aubuisson im zentralamerikanischen El Salvador nicht nur die rechtsgerichtete
Regierungspartei ARENA, sondern auch die berüchtigten Todesschwadronen. Gebildet von Militärs
und Polizisten, wurden die Schwadronen im Krieg gegen die FMLN-Guerilla für zahlreiche Massaker
an der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht. Im Nachbarland Guatemala ging das Militär
genauso blutig gegen die Bevölkerung vor.
Gut 20 Jahre später sind es nach dem Ermittlungsstand ausgerechnet Mitglieder der
guatemaltekischen Nationalpolizei von der Abteilung zur Bekämpfung des organisierten
Verbrechens, die D'Aubuissons 32-jährigen Sohn brutal ermordeten. Die verkohlten Leichen von
Eduardo D'Aubuisson, zwei seiner Abgeordnetenkollegen aus dem mittelamerikanischen Parlament
und ihres Fahrers waren am vorigen Montag nahe Guatemala-Stadt gefunden worden. Die ARENAMitglieder
waren auf dem Rückweg nach El Salvador.
Die vom salvadorianischen Parlament verkündete dreitägige Staatstrauer war noch nicht
abgelaufen, da konnte die gemeinsame Ermittlungskommission aus Experten beider Länder am
vergangenen Donnerstag die Festnahme der mutmaßlichen Mörder verkünden. Eine
Videoaufnahme zeigte das den Polizisten zugeordnete Fahrzeug in Begleitung des
Abgeordnetenwagens sowie die im Polizeiauto angebrachte Satelliten-Ausrüstung.
Unklar bleibt vorerst das Motiv. Die Ermittler erwarten, weitere Tatbeteiligte und Hintermänner, auch
innerhalb der Polizei, zu finden. Das Verbrechen war ihrer Ansicht nach eindeutig geplant. So
führten die Mörder zur Spurenvernichtung Brennstoff bei sich, mit dem sie die Opfer nach deren
Erschießung übergossen.
Die wahrscheinlichen Täter wurden im Dienst festgenommen. Guatemalas Bundesstaatsanwalt Juan
Luis Florido bemühte sich jedoch, die Nationalpolizei als Institution von jeder Schuld frei zu
sprechen. Die Festgenommenen hätten offenbar auf eigene Rechnung gehandelt. Das Delikt einer
»außergerichtlichen Hinrichtung« komme daher nicht in Frage. »Der Staat ist nicht verwickelt«,
sagte Florido. Dennoch wirft das Verbrechen ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der
guatemaltekischen Nationalpolizei. Als zivile Alternative zur Militärpolizei wurde sie vor Jahren unter
anderem mit deutscher Hilfe aufgebaut. Immer wieder wird sie mit Korruption,
Menschenrechtsverletzungen und der Kollaboration mit dem organisierten Verbrechen, das sie
bekämpfen soll, in Verbindung gebracht. Unter der amtierenden konservativen Regierung von
Präsident Oscar Berger hat sich das nicht geändert. In El Salvador bleibt abzuwarten, ob die
Rechtsregierung versucht, die Morde politisch gegen die Linke auszuschlachten. Die ehemalige
Guerilla FMLN ist im Parlament nach der ARENA stärkste politische Kraft. Zwar bezeichnete es
Präsident Elías Antonio Saca als »unverantwortlich«, politische Gruppen für das Verbrechen
verantwortlich zu machen. Gleichzeitig erwähnte er die Tat im Rahmen eines antikommunistischen
Diskurses zum 15. Todestag von Roberto D'Aubuisson aber als gegen die ARENA und »die
Freiheiten« gerichtete Botschaft.
* Aus: Neues Deutschland, 26. Februar 2007
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