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Staatschef mit blutiger Weste

Otto Pérez Molina gewinnt Präsidentenwahl in Guatemala

Von Markus Plate, San José *

Der ehemalige General Otto Pérez Molina hat am Sonntag die Stichwahl um die Präsidentschaft in Guatemala gewonnen. Er lag mit etwa zehn Prozentpunkten vor seinem Konkurrenten Manuel Baldizón. Doch ob Pérez Molina seine Politik der harten Hand gegen Kriminalität und organisiertes Verbrechen in Politik umsetzen wird, ist fraglich.

Seit er beim Friedensabkommen 1996 den guatemaltekischen Staat repräsentierte, bezeichnet sich Otto Pérez gern als »General des Friedens«. Allerdings hat der neue Präsident Guatemalas eine Vergangenheit, die ernsthafte Zweifel an seiner Demokratiefähigkeit aufkommen lässt: In der dunkelsten Zeit der Militärdiktatur von 1978 von 1982 galt er als Vertrauter des damaligen Juntachefs General Lucas García. Danach, zu Beginn der 80er Jahre, kommandierte Pérez Molina die Militärbasis El Quiché - in einer Region, in der später die meisten Massaker an der indigenen Bevölkerung verübt wurden.

Auch seine Karriereabschnitte als Chef des Militärgeheimdienstes G-2 (zwischen 1991 und 1993) und der Präsidentenschutztruppe »Estado Mayor Presidencial« (EMP) von 1993 bis 1996 lassen Fragen aufkommen: Während des bewaffneten Konfliktes waren sowohl der EMP wie die G-2 berüchtigte staatliche Einheiten, denen Entführungen, Folter und Morde vorgeworfen wurden.

Guatemalas künftiger Präsident leugnet jedoch, dass es in Guatemala je einen Völkermord gegeben hat. In einem Interview mit dem Internetmedium »PlazaPública.com.gt« erklärte Pérez Molina noch in diesem Jahr, dass die seinerzeit im Quiché operierende »Guerilla-Armee der Armen« Kinder und Frauen bewaffnet habe. Die Massaker im Quiché seien geschehen, »weil da Menschen an Guerilla-Aktionen beteiligt und auf dem Schlachtfeld waren«. Weil die massakrierten Zivilisten demnach direkte Kriegsteilnehmer waren, habe es keinen Genozid gegeben, lautet die Logik des Exgenerals.

Otto Pérez Molina tut Vorwürfe mit Blick auf seine Vergangenheit als reine Schmutzkampagnen ab. Zumal die guatemaltekische Justiz bei der Aufarbeitung von Diktaturverbrechen erst in der jüngsten Vergangenheit vorsichtig tätig geworden ist und die Medien mit dem Kandidaten Pérez Molina mehr als gutmütig umgingen. So darf der Chef der Patriotischen Partei (PP) die Armee auch weiterhin als einzige ehrenwerte Institution des Landes loben, auch wenn sich die Indizien verdichten, dass diese Institution mehr als nur punktuell mit den Drogenkartellen zusammenarbeitet. Pérez Molina fordert Beweise und erklärt, dass die dann angeblich auch zu Urteilen führen würden. Ganz die harte Hand gegen das Verbrechen, hundert Prozent Rechtsstaat und null Prozent Straflosigkeit - dafür will der neue Präsident nach eigenem Bekunden sorgen.

Das freut die Mittelschicht, die sich ein bisschen Sicherheit angesichts der überbordenden Gewalt erhofft. Angetan sind auch ehemalige und gegenwärtige Militärs, die wenig zu befürchten haben dürften unter einem Präsidenten Otto Pérez. Oder die Unternehmer, denen die nun abgewählte Regierung ein Graus war - viele wichtige Geschäftsleute stehen auf der Kandidatenliste der PP für den Kongress.

Ihnen allen hat die Partei Otto Pérez Molinas in der ablaufenden Legislaturperiode wertvolle Dienste geleistet: Ob bei der Gesetzesinitiative zur Eindämmung der Steuerhinterziehung oder der Reform der Einkommensteuer, ob bei der Besteuerung von Telekommunikationsunternehmen oder der Verfolgung von Steuer- und Wirtschaftsvergehen: Die Patriotische Partei mauerte bei allen Initiativen und kungelte dabei so erfolgreich mit Regierungsabweichlern und anderen Oppositionsparteien, dass gesetzlich kaum etwas lief in der Regierungszeit des scheidenden Präsidenten Alvaro Colom.

Doch wie sein Vorgänger in den vergangenen Legislaturperioden kann auch der am Sonntag gewählte Präsident im Kongress auf keine eigene Mehrheit bauen. Bei einem eigenen Anteil von gerade mal einem Drittel der Abgeordneten dürfte ein großer Teil der ohnehin dünnen Programmversprechen dem parlamentarischen Kungeln zur Mehrheitsbeschaffung zum Opfer fallen. Und statt einer Politik der harten Hand könnte sich auch die neue Regierung am Ende vor allem durch Symbolismus und Klientelpolitik auszeichnen - während Otto Pérez als Präsident für weitere vier Jahre vor jeder Strafverfolgung sicher ist.

* Aus: neues deutschland, 8. November 2011


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