Guatemala: Wirklicher Frieden in weiter Ferne
Terre des hommes informiert über Kriegsverbrechen und die Kinderrechtsorganisation Casa Alianza
Den folgenden Text haben wir der Homepage der Kinderrechtsorganisation terre des hommes entnommen (www.tdh.de). terre des hommes setzt sich weltweit für die Rechte von Kindern und Jugendlichen ein und verdient dafür hohe Anerkennung.
Der Junge Luis hatte gerade seinen vierzehnten Geburtstag gefeiert, als
er sich das erste Mal einer
Jugendbande anschloss. Er fühlte sich wohl in der Gruppe und war bereit,
sie gegen andere zu
verteidigen. »Als unser Anführer ermordet wurde, haben sich mehrere
Banden zusammengeschlossen,
um ihn zu rächen. Mehr als 200 Jungen sind in die Siedlung der
Mörderbande eingedrungen. Wir
haben ihre Fluchtwege versperrt und die Straßen durchsucht. Einige von
uns hatten Pistolen, andere
Messer, Macheten und Eisenketten. An diesem Tag habe ich Dutzende Jungen
sterben sehen.«
Guatemala-Stadt hat unter allen Hauptstädten der Welt die dritthöchste
Mordrate. Fast täglich fallen
Jugendliche den Kämpfen rivalisierender Gangs zum Opfer. Die Gewalt in
dem kleinen,
mittelamerikanischen Land nimmt wieder zu. Vor sechs Jahren (29.
Dezember 1996) haben Vertreter
der guatemaltekischen Regierung und der linksgerichteten Guerilla die
Schlussakte einer Reihe von
Friedensabkommen unterschrieben. Damit konnten sie zwar die politische
Gewalt eindämmen, doch
zu einer wirklichen Befriedung des Landes kam es nicht.
Der Friedensprozess sollte neue Entwicklungsmöglicheiten für die arme
Bevölkerungsmehrheit
schaffen. Präsident Alfonso Portillo beteuert immer wieder, er verstehe
die Friedensabkommen als
staatliche Verpflichtungen. In der realen Politik jedoch spiegelt sich
das nur matt wider. Die
Regierungspartei FRG (Republikanische Front Guatemalas) ist mit internen
Machtkämpfen
beschäftigt. Zwei Flügel stehen sich gegenüber: der des Präsidenten und
der des Ex-Diktators Ríos
Montt. Dringenden Problemen, wie der ungleichen Landverteilung, dem
niedrigen Steueraufkommen
oder dem korrupten und ineffizienten Justizwesen, wird nicht ausreichend
Aufmerksamkeit geschenkt.
General Efraín Rios Montt gilt als einer der Hauptverantwortlichen für
Kriegsverbrechen an der
Zivilbevölkerung während der 80er Jahre. Trotzdem ist er heute als
Kongresspräsident einer der
mächtigsten Männer der guatemaltekischen Politik. So fällt es schwer,
auf der Regierungsebene
positive Entwicklungen in Sachen Friedensprozess zu erkennen. Solche
finden eher in den Gemeinden
statt. Zum Beispiel sind zahlreiche Mayas in ein Bürgermeisteramt
gewählt worden. In einigen
Regionen schließen sich immer mehr Menschen neu gegründeten Kooperativen
oder autonomen
Bürgerkomitees an, ohne sich wie früher vor Übergriffen durch Soldaten
zu fürchten. Auch
Jugendliche organisieren sich, vor allem in kriminellen Banden, aber
auch in ökologisch engagierten
Gruppen oder Jugendclubs. Solche positiven Entwicklungen werden jedoch
immer wieder
überschattet von Berichten zunehmender Menschenrechtsverletzungen.
Die Kinderrechtsorganisation CASA ALIANZA zum Beispiel beklagt eine
Zunahme an Verletzungen
der Rechte von Straßenkindern. In zahlreichen Fällen werden Polizisten
verantwortlich gemacht,
insbesondere wenn es sich um Vergewaltigungen von Straßenmädchen
handelt.
Früher blieben solche Vorfälle im Verborgenen. Auch heute wird in den
guatemaltekischen Medien
über Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen oder über politisch
motivierte Verbrechen meist
nur dann berichtet, wenn das Opfer aus dem Ausland kommt oder im
öffentlichen Leben Guatemalas
eine hervorgehobene Rolle spielt. In einigen solchen Fällen kommt es
zumindest zu
Gerichtsverhandlungen. Die verlaufen jedoch meist ohne Verurteilung im
Sande.
A. Boueke, 5/2002
Weitere Infos: Homepage von Casa Alianza in Guatemala (www.casa-alianza.org/DE)
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