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Streit über SYRIZA-Kurs: Tsipras schlägt Basisentscheid vor

Vorschlag bei Sitzung des Führungszirkels der griechischen Linken: Parteitag im Herbst oder Mitgliederbefragung über Kurs gegenüber den Gläubigern *

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hat dem Führungsgremium seiner Linkspartei wie erwartet einen Parteitag Anfang September vorgeschlagen. Vor dem SYRIZA-Zentralkomitee sagte der Parteichef am Donnerstagmittag, sollte sich dafür keine Mehrheit finden, weil die Kritiker des Deals mit den Gläubigern eine früheren Termin vor Abschluss von neuen Verhandlungen über ein drittes Kreditprogramm anstreben, dann, so der Alternativvorschlag, solle die SYRIZA-Basis entscheiden - und zwar möglicherweise bereits am kommenden Sonntag.

Das Ergebnis einer solchen Mitgliederbefragung über die Frage, ob unter den gegenwärtigen Auflagen eine Vereinbarung mit den Gläubigern angestrebt werden soll, müsse dann für alle in SYRIZA verbindlich sein, forderte Tsipras. Abgeordnete vom linken Flügel von SYRIZA hatten sich bei den Abstimmungen über die ersten beide Auflagenpakete der Gläubiger gegen den Kurs von Tsipras gestellt.

»Ich schlage dem Zentralkomitee vor, einen außerordentlichen Parteitag abzuhalten, auf dem die Bedingungen einer Linken an der Regierung und unsere Strategie gegenüber den Gläubiger-Auflagen diskutiert werden«, so Tsipras. Innerhalb von SYRIZA gebe es zwei Auffassungen - eine, die auch die Regierung vertritt, und eine andere, die den Kurs nicht akzeptiert und »glaubt, dass es eine Alternative in den frühen Morgenstunden des 13. Juli«, als in Brüssel die umstrittene Gipfel-Vereinbarung getroffen wurde, gegeben habe.

Bereits am Mittwoch hatte er in einem Radiointerview Respekt vor unterschiedlichen Meinungen geäußert, aber zugleich Unterstützung für die »gemeinsame Regierungslinie« gefordert. Zu den anstehenden Abstimmungen über ein mögliches Abkommen mit den Gläubigern sagte Tsipras, wenn es dabei nicht für eine eigene Mehrheit der Regierung reiche, werde er den Weg von Neuwahlen gehen. Die erste linksgeführte Regierung in Griechenland werde entweder die Zustimmung der linken Abgeordneten haben - oder sie werden von linken Abgeordneten zu Fall gebracht, sagte Tsipras am Donnerstag vor dem Zentralkomitee.

Wer glaube, eine bessere Lösung zu haben, »der soll es sagen«, so Tsipras direkt an seine Kritiker gerichtet. Es gebe keine »Zauberlösungen«. Wer die enormen Probleme eines Grexit nicht zur Kenntnis nehme, der verweigere sich entweder willentlich der Wahrheit oder verberge die Wahrheit vor anderen. Tsipras wiederholte auch seinen Standpunkt, das »Nein« beim Referendum könne nicht in eine »Ja« zu einem Grexit umgedeutet werden. Auch die SYRIZA-Linke habe im Wahlkampf vor der Volksabstimmung nie behauptet, dass es bei einem Oxi um ein Ausscheiden aus dem Euro gehe.

Mit Blick auf jene, die die Option eines linken Grexit in die Diskussion gebracht haben, sagte Tsipras: Ein Ausscheiden aus dem Euro ohne entsprechende Reserven, mit denen die neue Währung unterstützt werden könnte, werde das Land direkt wieder in die Arme des Internationalen Währungsfonds führen, weil dann ebenso ein mit Auflagen verbundenes Kreditprogramm zur Stützung nötig wäre. Wer glaube, eine bessere Lösung zu haben, »der soll es sagen, auch wenn dies die Rückkehr zur (alten Währung) der Drachme bedeuten würde«, meinte Tsipras.

Der SYIRZA-Chef hatte in seiner Rede zuvor die Entscheidung für eine Vereinbarung mit den Gläubigern auf dem Euro-Gipfel am 13. Juli noch einmal verteidigt. Es sei nicht der Kompromiss, den man sich gewünscht habe. Es sei aber um die Entscheidung zwischen dieser Vereinbarung und Selbstzerstörung durch einen Grexit gegangen, so Tsipras.

Es werde nun für die linksgeführte Regierung sehr schwer, aber man habe derzeit keine Alternativen. SYRIZA führe auch unter den neuen Bedingungen eines möglichen dritten Kreditprogramms und des Deals von Brüssel eine alternative Regierung, die Spielraum für eigene Entscheidungen habe. Man sei mit dem ziel von Veränderungen angetreten, das immer noch erreicht werden könne, Tsipras sprach von Möglichkeiten im Kampf gegen Korruption, für soziale Gerechtigkeit und Wohlfahrt sowie im öffentlichen Sektor.

Der SYRIZA-Chef sagte vor dem Führungszirkel, der wegen der zunehmenden Differenzen über den Kurs der Regierung gegenüber den Gläubigern zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen war, man solle die Gipfel-Vereinbarung nicht überdramatisieren aber ebenso wenig beschönigen. SYRIZA habe für kleine Siege hart kämpfen müssen. Die sehr schwierige Entscheidung für den Deal mit den Gläubigern sei auch gefallen, weil SYRIZA nicht das Recht habe, die griechische Bevölkerung mit einem Versagen allein zu lassen. Es sei nun die Aufgabe der Linkspartei, sagte Tsipras, die Bevölkerung allmählich vom Diktat der Austerität zu befreien, dies werde im Rahmen dieser Vereinbarung geschehen müssen.

In seiner Rede bekräftigte Tsipras, dass man es geschafft habe, mit einer Linksregierung in einem kleinen Land erste Risse in die neoliberale Hegemonie zu schlagen. Dank SYRIZA sei eine Debatte über die Werte Europas und der EU in Gang gekommen. Die Linke habe die Pflicht, sich an dieser Diskussion nun auch zu beteiligen.

* Aus: neues Deutschland, Donnerstag, 30. Juli 2015


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