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Samaras-Berater zu vertraulich mit Neonazis

Griechische Regierung drängte offenbar auf rechtswidrige Verfolgung von Chrysi Avgi

Von John Malamatinas, Athen *

Der Skandal um eine rechtswidrige Verfolgung von Neonazis durch die Regierung gefährdet nun ihr Verbot.

Die griechische Opposition verstärkte am Donnerstag den Druck auf die konservative Regierung von Antonis Samaras in Athen. Sie war durch einen Skandal um ihren Umgang mit der rechtsradikalen Partei Chrysi Avgi (Goldenen Morgendämmerung) in die Kritik geraten. »Der Premierminister kann sich nicht länger verstecken«, erklärte Alexis Tsipras, Vorsitzender der Linkspartei SYRIZA. Nach dem Generalsekretär der Regierung und engen Samaras-Berater Takis Baltakos müssten nun auch die Minister für Justiz und für öffentliche Ordnung entlassen werden.

Der Mitarbeiter des Regierungschefs hatte einen Abgeordneten der Neonazi-Partei darüber informiert, dass die Inhaftierung mehrerer Mitglieder der Goldenen Morgendämmerung unter der Anklage der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung offenbar rechtswidrig gewesen sei: »Es gab keine Beweise«, sagte Baltakos laut einem am Vortag veröffentlichten Video.

Auf das Drängen der Regierung deutet der Hinweis, Premierminister Samaras habe Angst, weil ihm die Neofaschisten »Stimmen abknöpfen, die er braucht, um SYRIZA zu überholen«. Staatsanwältin Efterpi Goutzamani würde den Fall der griechischen Neonazis betreuen, weil sie »aus dem Nachbardorf« stamme.

Der parlamentarische Sprecher der Goldenen Morgendämmerung, Ilias Panagiotaros, kündigte weitere Veröffentlichungen an. Erst letzte Woche konnten die Rechtsaußen mit einem Foto belegen, dass der Fahrer eines Parlamentsvizepräsidenten zu ihren Anhängern zählt. Das Foto stammt aus einer Ermittlungsakte und zeigt den Fahrer bei einer Parteiveranstaltung mit zum Hitler-Gruß erhobenen Arm.

Auch ohne weitere Enthüllungen ist Samaras nun in Sorge. Der Skandal stellt kurz vor den Europa- und Kommunalwahlen im Mai und mitten im Verbotsverfahren gegen Chrysi Avgi einen großen Rückschlag dar. Für ihn und seine Regierung beginnt nun ein Wettlauf gegen die Zeit.

Das griechische Parlament hatte in den vergangenen Monaten die Immunität von 14 neofaschistischen Abgeordneten aufgehoben. Sechs von ihnen sind in Untersuchungshaft. Im September 2013 war ein linker Musiker von einem Anhänger der Goldenen Morgendämmerung erstochen worden.

Baltakos selbst war im Juni 2012 von Antonis Samaras persönlich in die Schlüsselposition des Generalsekretärs der Regierung gebracht worden. Er gilt als rechte Hand des Premiers und Repräsentant des rechten Flügels der Nea Dimokratia. Er fiel wiederholt durch antikommunistische Rhetorik auf. So äußerte er 2013, dass eine Kooperation mit den Neonazis zwar »unerwünscht, aber keine unwahrscheinliche Möglichkeit« sei. Vor wenigen Tage sagte er, dass er sein ganzes Leben Antikommunist gewesen sei und die Linke das Land seit 1942 »geplagt« habe.

Baltakos räumte in einem Interview ein, dass es »vielleicht weitere Kassetten« geben könne.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 4. April 2014


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