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Deutscher "Stufenplan" für Abchasien

Steinmeier unterbreitet in Georgien und Russland Vorschläge - Im Wortlaut

Am 17. Juli 2008 besuchte der deutsche Außenminister die Kaukasusrepublik Georgien, um im Streit um die abtrünnige Republik Abchasien Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten. Er war damit wenig erfolgreich (siehe hierzu unsere Seiten: "Kalte Schulter für Steinmeier", "Steinmeiers Debüt im Kaukasus" und "Steinmeier in 'Freundesmission'").
Wir dokumentieren gleichwohl im Folgenden den deutschen Friedensplan sowie einen "offiziellen" Berichtüber Steinmeiers Reise.



Friedensplan für Abchasien

Die Bundesregierung unterstützt Bemühungen um eine Lösung des Konflikts um die Schwarzmeerregion Abchasien in Georgien. Ein mehrstufiger Plan soll helfen, die Situation zu deeskalieren und den Weg für eine friedliche Lösung zu bereiten. Schritt für Schritt soll Vertrauen aufgebaut werden. Gemeinsame Projekte sollen den Wiederaufbau ermöglichen.

Deutschland setzt sich als Koordinator der sogenannten „Freundesgruppe des VN-Generalsekretärs für Georgien“, der außerdem Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA angehören, mit Nachdruck für einen strukturierten Verhandlungsprozess zwischen den Parteien im Konflikt um die Region Abchasien (Georgien) ein. Bundesaußenminister Steinmeier rief die Parteien nach den jüngsten gewalttätigen Zwischenfällen dazu auf, alles zu unternehmen, um eine weitere Eskalation zu verhindern.

Steinmeier betont, eine umfassende friedliche Lösung der Konflikte in Georgien sei dringend. Die Bundesregierung hat im Rahmen der Freundesgruppe einen Plan zur Konfliktlösung in Abchasien entwickelt. In mehreren Schritten soll der seit Beginn der 90er Jahre währende Konflikt entschärft werden: Zunächst soll Vertrauen zwischen den Konfliktparteien geschaffen werden, dann gemeinsame Projekte den Wiederaufbau der Region vorantreiben.



Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 90er Jahre schwelt der Konflikt zwischen Georgien und der Region Abchasien. Die Region erklärte sich 1992 für unabhängig. Dies wird jedoch von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. Wirtschaftlich ist die Region stark von Russland abhängig. In Abchasien sind rund 3000 russische Soldaten zur Friedenssicherung stationiert. In Abchasien führten die Auseinandersetzungen zu Flucht und Vertreibung der georgischen Bevölkerung. Georgien muss seitdem mit dem Schicksal von rund 260.000 Binnenflüchtlingen fertig werden.



Deutschlands Unterstützung für Konfliktlösung

In besonderer Verantwortung sieht sich Deutschland insbesondere mit Blick auf Abchasien: Seit 2003 ist Deutschland Koordinator der Freundesgruppe des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Georgien.

Der Freundesgruppe des Generalsekretärs für Georgien gehören neben Deutschland auch Großbritannien, Russland, Frankreich und die USA an.

Zuletzt trafen sich die Mitglieder der Gruppe Ende Juni in Berlin. Sie haben grundsätzliches Einverständnis mit dem von Steinmeier vorgeschlagenen mehrstufigen Plan signalisiert.

Die Bundeswehr stellt Militärbeobachter und Sanitäter für die in der Krisenregion eingesetzte Mission der Vereinten Nationen (UNOMIG – "United Nations Observer Mission in Georgia"). Daneben stellt Deutschland mit vier Polizistinnen und Polizisten auch einen wichtigen Anteil der UNOMIG Polizeimission. Ihre Aufgabe ist die Beratung, Unterstützung und Ausbildung der georgischen Polizei.



Georgien ist ein wichtiger Partner in der Region. Die engen und vertrauensvollen Beziehungen zwischen Deutschen und Georgiern haben eine fast 200-jährige Tradition. Deutschland war das erste Land, das Georgien nach der Unabhängigkeit 1991 anerkannte; 1992 eröffnete es dort eine Botschaft. Deutschland genießt in Georgien Ansehen und Sympathie. Die erheblichen entwicklungspolitischen Leistungen der Bundesregierung, aber auch die vielfältigen kulturellen, akademischen und persönlichen Kontakte, werden in der georgischen Gesellschaft sehr geschätzt.



Stand 09.07.2008

Quelle: Website des Auswärtigen Amtes; www.auswaertiges-amt


Schrittweise einen Weg aus der Krise finden

Auf einer zweitägigen Reise warb Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier für Vorschläge zu einer Deeskalation im Abchasienkonflikt. Nach Gesprächen mit der georgischen Regierung und der selbst ernannten Führung der Region Abchasien, beriet er zum Abschluss der Reise mit dem russischen Außenminister Lawrow und dem Präsidenten Medwedew: Die Arbeit soll gemeinsam fortgesetzt und konsolidiert werden.

Steinmeier dankte seinem Amtskollegen für das offene und vertrauensvolle Gespräch. Schon im Vorfeld der Reise habe man im engen Kontakt gestanden, Russlands Stimme sei eine wichtige in dem Konflikt.

Lawrow bedankte sich bei Steinmeier für die Gelegenheit, sofort von ihm zu hören, wie die Sichtweisen der Beteiligten auf der Reise gewesen seien. Deutschlands Rolle als Koordinator der Freundesgruppe des Generalsekretärs für Georgien sei sehr wichtig für eine Kompromissfindung.

Schritt für Schritt Wege aus der verfahrenen Situation

Steinmeier sagte, er habe seine Reise mit großem Realismus und ohne Illusionen angetreten. Eine Lösung über Nacht werde es nicht geben. Vielmehr liefen die Vorschläge darauf hinaus, Schritt für Schritt Wege aus der verfahrenen Situation zu finden.

Auf allen drei Stationen habe er den 3-Phasen-Plan in allen seinen Elementen genau erklärt, so Steinmeier. Zum jetzigen Zeitpunkt seien die Positionen noch weit auseinander. Dies dürfe aber kein Grund sein, die Bemühungen einzustellen. Im Gegenteil, gerade die jüngsten Entwicklungen verpflichteten alle - Konfliktparteien und Freundesgruppe - Auswege aus der gegenwärtigen Spirale der Gewalt zu suchen.

Er freue sich daher, dass es bei allen die Bereitschaft gebe, über den Eintritt in einen Prozess zu reden. Zu vielen Detailfragen bestehe noch Gesprächsbedarf, genau das wolle man tun.

Die Arbeit fortsetzen

Lawrow sagte, die Logik des 3-Phasen-Plans im Rahmen der Freundesgruppe sei die richtige. Der Plan sei umfassend und beinhalte alle relevanten Phasen, z.B. die Flüchtlingsfrage. Er sei Steinmeier dankbar für die Gelegenheit, in diesem Konflikt für einen Moment die Uhr anzuhalten und sich die Zeit zu nehmen, Optionen auszuloten.

Der russische Außenminister sagte nach dem Gespräch, man habe vereinbart, dass die Arbeit im Rahmen der Freundesgruppe des VN-Generalsekretärs nicht nur fortgesetzt, sondern auch konsolidiert werde.

Im Anschluss an das Gespräch mit dem Außenminister sprach Steinmeier noch mit Präsident Medwedew in kleinem Kreis.

Echter Dialog notwendig

Bei seinen Gesprächen betonte Steinmeier stets, Fortschritte bei der Konfliktlösung könnten nur erreicht werden, wenn ein echter Dialog zustande komme, alle Betroffenen beteiligt werden und jede Seite die Interessen der anderen wirklich anhört.

Treffen in Gali

Wegen schlechten Wetters konnte das Treffen mit der abchasischen Führung nicht in Suchumi, der Hauptstadt der Region, stattfinden. Die selbst ernannte abchasische Führung, Präsident Sergej Bagapsch und Außenminister Sergej Schamba, kamen Steinmeier in die Stadt Gali entgegen, um das Treffen dennoch möglich zu machen.

Der selbst ernannte abchasische Präsident Bagapsch zeigte sich zögerlich gegenüber den Vorschlägen. Viele Fragen müssten noch geklärt und in den Plan eingearbeitet werden. Auch müssten zunächst alle georgischen Truppen Abchasien verlassen. Bagapsch warnte vor einer Rückkehr der georgischen Flüchtlinge. Diese würde "sicher zu einem neuen Krieg führen."

Treffen mit deutschen UNOMIG-Vertretern

In der Stadt Gali befindet sich eines der Hauptquartiere der VN-Mission UNOMIG. Zum Abschluss seines Aufenthalts in Gali traf Steinmeier Angehörige des deutschen Kontingents in UNOMIG.

Vor seinem Weiterflug nach Moskau traf Steinmeier in Batumi erneut den georgischen Staatspräsidenten Saakaschwili.

Stand 18.07.2008

Quelle: Website des Auswärtigen Amtes; www.auswaertiges-amt.de


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