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Keine Einigung in Kairo

Israelische Armee zerstört Häuser im Westjordanland und in Ostjerusalem

Von Karin Leukefeld *

Die israelische Armee ist am Montag im Westjordanland gegen die Palästinenser vorgegangen. In Hebron und Ostjerusalem wurden Häuser zerstört, darunter zwei Gebäude von Familien, deren Angehörige für die Entführung von drei jungen Israelis im Juni verantwortlich gewesen sein sollen. Bei einer Razzia im östlich von Ramallah gelegenen Silwad wurden zwei Personen von den Soldaten ohne Vorwarnung erschossen.

Bei den gleichzeitig in Kairo laufenden indirekten Verhandlungen zwischen Unterhändlern der Palästinenser und Israels über einen von Ägypten vorgelegten Plan für ein langfristiges Waffenstillstandsabkommen gab es dem Vernehmen nach am Montag weiter keine Annäherung. Israel sagte immerhin zu, die seeseitige Blockade des Gazastreifens zu lockern. Das 1993 zwischen Israel und den Palästinensern geschlossene Oslo-Abkommen garantiert den Fischern von Gaza, daß sie 20 Seemeilen weit im Mittelmeer fischen können, doch Israel hat diese Zusage über die Jahre immer mehr eingeschränkt. In »guten« Zeiten konnten die Fischer sechs Seemeilen weit hinausfahren, inzwischen sind es nur noch drei.

Zu weiteren Zugeständnissen scheint Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dagegen nicht bereit zu sein. Jeder Vorschlag der palästinensischen Seite wird mit der Forderung nach »Entmilitarisierung« gekontert. »Ein Seehafen oder ein Flughafen ohne Entmilitarisierung ist wie ein Duty-Free-Shop für Raketen und Bomben«, erklärte Geheimdienstminister Yuval Steinitz. Und Finanzminister Yair Lapit machte klar, daß es »keinen Wiederaufbau geben wird, ohne daß Gaza entmilitarisiert wird«. EU-Diplomaten, die die Gespräche beobachten, haben sich der israelischen Forderung derweil angeschlossen. Ein belastbarer Waffenstillstand bedeute, daß »alle terroristischen Gruppen in Gaza entwaffnet werden« müßten, hieß es in einer Stellungnahme.

Die Palästinenser lehnen eine solche Entwaffnung dagegen ab. Sami Abu Zuhri, Sprecher der Hamas, erklärte, es werde »keine Sicherheit für die Israelis geben, solange unsere Menschen keine Sicherheit haben und die Belagerung nicht vollständig aufgehoben wird«. Seine Organisation verhandele »aus einer Position der Stärke, nicht der Schwäche«, erklärte er. Die Menschen in Südisrael könnten erst dann wieder »in ihre Wohnungen zurückkehren, wenn die Hamas es zuläßt, nicht wenn Netanjahu es sagt«. Sollte Israel nicht zu einem Abkommen bereit sein, müßten diese Menschen die Konsequenzen tragen.

Im Gazastreifen wurde die am späten Montag abend ausgelaufene Feuerpause genutzt, um Trümmer zu beseitigen, weitere Tote zu bergen und zu beerdigen. Ashraf Al-Qidra, Sprecher des Gesundheitsministeriums in Gaza-Stadt, gab am Sonntag bekannt, daß viele Menschen ihren Verletzungen erlegen seien. Die Zahl der Toten sei deshalb auf 2016 gestiegen. Unter den Toten sind 541 Kinder und 95 alte Menschen. 3084 Minderjährige wurden verletzt. Aufgrund schwerer Zerstörungen haben die Menschen in Gaza nur maximal sechs Stunden am Tag Strom, Trinkwasser fehlt überall.

Israel hat inzwischen seine Truppenpräsenz entlang der Grenze zum Gazastreifen wieder erhöht und droht mit einer Wiederaufnahme der Bombenangriffe. Sollte auch nur eine Rakete aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet abgeschossen werden, werde man »rigoros zurückschlagen«, warnte Netanjahu.

* Aus: junge Welt, Dienstag 19. August 2014


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