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Israel kritisiert UN-Gremium

Untersuchung des Angriffs auf Gaza-Helfer "verfrüht" *

Israel hat die Einsetzung einer unabhängigen UN-Kommission zur Untersuchung des Angriffs auf die Gaza-Hilfsflotte kritisiert und die Zusammenarbeit mit dem Gremium in Frage gestellt. Die israelische Regierung habe noch nicht offiziell festgelegt, ob sie die Zusammenarbeit mit den Experten des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen verweigern werde, sagte ein Regierungsvertreter gegenüber AFP am Sonntag (25. Juli) in Jerusalem. Es sei jedoch »bereits jetzt klar, dass diese Initiative verfrüht ist, denn die Untersuchungen unserer eigenen Kommission laufen noch«. Der Regierungsvertreter kritisierte die Einsetzung der UN-Kommission als politisch motiviert: »Diese Expertenkommission dient nicht der Wahrheitsfindung, sondern der Genugtuung der undemokratischen Länder, die den Menschenrechtsrat kontrollieren und eine automatische antiisraelische Mehrheit bilden.«

Der Menschenrechtsrat hatte am Freitag (23. Juli) in Genf mitgeteilt, drei unabhängige Experten für eine internationale Untersuchung des Überfalls einzusetzen. Die Untersuchung solle mögliche Verstöße Israels gegen internationale Bestimmungen des Menschenrechts sowie des Völkerrechts prüfen.

Ende Mai hatten israelische Elitesoldaten in internationalen Gewässern des Mittelmeers eine Hilfsflotte für die Palästinenser in Gaza gewaltsam gestoppt und dabei neun türkische Aktivisten getötet.

* Aus: Neues Deutschland, 26. Juli 2010


Beleidigte Verweigerer

Von Roland Etzel **

Nach dem vernichtenden internationalen Medienecho auf den Rambo-Einsatz der israelischen Ranger gegen die »Mavi Marmara« vom 31. Mai war Israels Ministerpräsident Netanjahu etwas kleinlaut geworden. Selbst enge Freunde, darunter die in Berlin, gaben zu verstehen, dass es ihnen künftig schwerfalle, derart brachiale Reaktionen der israelischen Militärmaschinerie in Schutz zu nehmen. Der Premier deutete daraufhin seinerseits etwas mehr Milde, also Durchlässigkeit gegenüber dem eingekesselten Gaza-Streifen an.

Wer daraus auf ein beginnendes Umdenken Netanjahus wie seines sozialdemokratischen Verteidigungsministers Barak gehofft hatte, dürfte nun enttäuscht worden sein. Nach der gestrigen Verbalattacke auf den UNO-Menschenrechtsrat, sind Barak/Netanjahu wohl wieder voll zum egozentrischen Grundbild ihres Politikstils zurückgekehrt.

Dabei hat der Rat vorerst nicht mehr getan, als eine unabhängige internationale Enquête-Kommission ins Leben gerufen und dafür die Unterstützung auch Israels erbeten. Weniger konnte er kaum verlangen. Aber Netanjahu bockt mit der Begründung, der Menschenrechtsrat werde von »undemokratischen Ländern« kontrolliert, die »eine automatische antiisraelische Mehrheit« bildeten. Vielleicht hätte ein einziges Wort der Entschuldigung für die neun Erschossenen da bereits Änderungen bewirkt. Aber die verweigert Netanjahu und gibt auch noch den Beleidigten.

** Aus: Neues Deutschland, 26. Juli 2010


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