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UNO-Menschenrechtsrat verurteilt Israel

Gremium billigt Bericht über Kriegsverbrechen während der Gaza-Invasion / Regierung in Jerusalem nennt Resolution einseitig und ungerecht

Der UNO-Menschenrechtsrat hat Israel im Zusammenhang mit dem Goldstone-Bericht über Menschenrechtsverletzungen im Gaza-Krieg verurteilt.

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nation nahm am Freitag in Genf mit einer Mehrheit von 25 der 47 Mitglieder eine Resolution zum Report über den Gaza-Krieg zur Jahreswende an. Darin wird die vom Rat selbst in Auftrag gegebene Dokumentation des Richters Richard Goldstone ausdrücklich gebilligt. Sie soll nun der UNO-Vollversammlung vorgelegt werden. Diese hätte die Möglichkeit, internationale juristische Aktionen gegen Israel zu fordern, so die Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.

Im Goldstone-Bericht werden Israel Verstöße gegen die Genfer Konventionen vorgeworfen wie gezieltes Töten, Folter und inhumane Behandlung, absichtliches Zufügen von großem Leid an Leib oder Gesundheit sowie beträchtliche Zerstörung von Eigentum ohne militärische Notwendigkeit.

Die Resolution, die ursprünglich erst im März 2010 beraten werden sollte, war von den Palästinensern, Ägypten, Nigeria, Tunesien und Pakistan eingebracht worden. Insbesondere die Palästinenser, die zunächst dem Termin im nächsten Jahr zugestimmt hatten, sahen sich unter Druck. Auch die im Gaza-Streifen herrschende Hamas verlangte eine Verurteilung Israels.

Bei der Abstimmung votierte neben den arabischen Staaten unter anderen auch Russland für die Resolution. Sechs Länder stimmten dagegen, so die USA und Israel, elf enthielten sich. Fünf Länder, darunter Frankreich und Großbritannien, nahmen an der Abstimmung nicht teil. Deutschland ist derzeit kein Ratsmitglied.

Die Resolution billigt nicht nur den gesamten Bericht, sondern verurteilt ganz speziell auch noch das Vorgehen Israels in den besetzten Gebieten, etwa die Zugangsbeschränkungen oder den Siedlungsbau und das Vorgehen in Ost-Jerusalem. Die Resolution prangert Israel auch wegen seiner Weigerung an, mit der Untersuchungskommission zusammenzuarbeiten. Offenbar um ihrem Abstimmungsentwurf doch noch mehr Zustimmung zu sichern, fügten die Befürworter noch ein, dass gezielte Angriffe auf Zivilisten ebenfalls verurteilt werden sollen. Israel hatte besonders beklagt, dass die Raketenangriffe der Hamas auf seine Bürger nicht erwähnt wurden. Die palästinensische Autonomiebehörde und die Hamas-Organisation begrüßten das Votum des Menschenrechtsrates. »Das zeigt, dass es internationale Unterstützung für die Rechte der Palästinenser gibt«, sagte Nabil Abu Rudeinah, Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, am Freitag in Ramallah. Der Sprecher der Hamas, Sami Abu Suhri, erklärte in Gaza: »Das Wichtigste ist jetzt, die nächsten Schritte zu machen und sicherzustellen, dass die zionistischen Kriminellen vor Gericht gebracht werden.«

Israel wies die Resolution als einseitig und ungerecht zurück. Das Dokument ignoriere die »mörderischen« Angriffe der im Gaza-Streifen herrschenden Hamas und anderer palästinensischer »Terrororganisationen« auf israelische Zivilisten, heißt es in einer Erklärung des israelischen Außenministeriums. Israel werde weiterhin sein Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen und das Leben seiner Bürger schützen. Die Annahme der Resolution schwäche nicht nur die Bemühungen, Menschenrechte in Übereinstimmung mit internationalem Recht zu schützen, sondern auch die Bemühungen um einen Frieden im Nahen Osten. Die Resolution fördere Terrororganisationen weltweit und untergrabe den Weltfrieden.

Laut Palästinensern und Menschenrechtsgruppen wurden im 22-tägigen Gaza-Krieg über 1400 Palästinenser getötet. Nach israelischen Angaben lag die Zahl bei 1166. Zusätzlich seien 13 Israelis ums Leben gekommen.

* Aus: Neues Deutschland, 17. Oktober 2009


Verweigerungshaltung

Von Roland Etzel **

Alle Betriebsamkeit hinter den Kulissen hat Israel nichts genützt. Auch die Schutzmacht USA konnte nicht wie sonst im Sicherheitsrat ein Veto einlegen. So nahm der UN-Menschenrechtsrat die von den Palästinensern und einigen Drittweltstaaten wie Nigeria und Pakistan eingebrachte Resolution zur Annahme des Goldstone-Berichts an. Für Israel ist es eine diplomatische Niederlage. Nicht weniger, aber auch kaum mehr, vorerst jedenfalls.

Am Tagungsort Genf spricht man zwar von einer Verurteilung. Das aber ist es allenfalls moralisch, wenn man das halsstarrige Verhalten der israelischen Vertreter zum Maßstab nimmt, die sich selbst als ertappte Bösewichte präsentieren. Tatsächlich transportiert das 25:6-Abstimmungsergebnis von Genf zunächst einen Arbeitsauftrag nach Israel. Es soll dem Vorwurf nachgehen, ob sich israelische Militärangehörige während des Gaza-Krieges Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben – bei 1400 palästinensischen Todesopfern, die Mehrzahl Zivilisten, wohl nicht zu viel verlangt. Und Israel kann diese Untersuchung selbst durchführen.

Der Goldstone-Report verlangt auch von der Hamas eine Untersuchung möglicher, auf ihrer Seite begangener Kriegsverbrechen. Deshalb ist der israelische Vorwurf unzutreffend, der Bericht des Südafrikaners Goldstone sei einseitig. Israels Regierende verweigern sich dem Anliegen eines UNO-Organs prinzipiell. International werden sie damit noch weniger Verständnis für ihre Palästina-Politik ernten als bisher. Und ihre interne Anweisung, keine Bilder und Namen von kriegsbeteiligten Soldaten zu veröffentlichen, wird man deshalb als Schuldeingeständnis werten.

** Aus: Neues Deutschland, 17. Oktober 2009 (Kommentar)

COUNCIL CONCLUDES SPECIAL SESSION AFTER ADOPTING A RESOLUTION CALLING FOR THE IMPLEMENTATION OF THE RECOMMENDATIONS IN THE GOLDSTONE REPORT

Human Rights Council
16 October 2009


UNITED NATIONS, Press Release

The Human Rights Council concluded its twelfth Special Session today after adopting a resolution that focused on continuing violations of human rights by Israel in the Occupied Palestinian territories, in particular in East Jerusalem, and endorsed the recommendations set out in the reports of the Fact-Finding Mission to Gaza led by Justice Goldstone and by the High Commissioner for Human Rights, and called for their implementation.

In its resolution, which was adopted by a vote of 25 in favour, six against, and 11 abstentions, the Council strongly condemned all policies and measures taken by Israel, the occupying Power, including those limiting access of Palestinians to their properties and holy sites particularly in Occupied East Jerusalem, on the basis of national origin, religion, sex, age or any other discriminatory ground, which were in grave violation of the Palestinian People's civil, political, economic, social and cultural rights. It also condemned the recent Israeli violations of human rights in Occupied East Jerusalem, particularly the confiscation of lands and properties, the demolishing of houses, the construction and expansion of settlements, the continuous construction of the separation Wall, the restrictions on the freedom of movement of the Palestinian citizens of East Jerusalem, as well as the continuous digging and excavation works in and around Al-Aqsa mosque and its vicinity. The Council demanded that Israel allow Palestinian citizens and worshippers unhindered access to their properties and religious sites in the Occupied Palestinian Territory and that it immediately cease all digging and excavation works and activities beneath and around Al Aqsa Mosque.

The Council also condemned the non-cooperation by Israel with the Independent International Fact-Finding Mission established by its resolution S-9/L.1. The Council endorsed the recommendations contained in the Mission's report and called upon all concerned parties to ensure their implementation. It also recommended to the General Assembly that it consider the report of the Fact-Finding Mission during the main part of its sixty-fourth session. Similarly, the Council endorsed the recommendations contained in the first periodic report of the High Commissioner for Human Rights in this area, and called upon all concerned parties, including United Nations bodies, to ensure their implementation.

The United Nations Fact Finding Mission on the Gaza Conflict, led by Justice Richard Goldstone, was tasked by the Council "to investigate all violations of international human rights law and international humanitarian law that might have been committed at any time in the context of the military operations that were conducted in Gaza during the period from 27 December 2008 and 18 January 2009, whether before, during or after". The report of the Mission, presented to the Council's twelfth session, concluded that, while the Israeli Government sought to portray its operations as a response to rocket attacks in the exercise of its right to self defence, the Israeli plan had been directed, at least in part, at the people of Gaza as a whole. The report highlighted the treatment of many civilians detained or even killed while trying to surrender as one manifestation of the way in which the effective rules of engagement, standard operating procedures and instructions to the troops on the ground appeared to have been framed in order to create an environment in which due regard for civilian lives and basic human dignity was replaced with the disregard for basic international humanitarian law and human rights norms. The destruction of food supply installations, water sanitation systems, concrete factories and residential houses had been the result of a deliberate and systematic policy by the Israeli armed forces and not because those objects had presented a military threat. The report also found that Palestinian armed groups had succeeded in causing terror within Israel's civilian population through the launch of thousands of rockets and mortars into Israel since April 2001. The text of the full report runs to 575 pages.

General Assembly Resolution 60/251 which created the Human Rights Council states in its operative paragraph 10 that the Council "shall be able to hold Special Sessions when needed at the request of a member of the Council with the support of one-third of the membership of the Council".

This was the twelfth Special Session of the Human Rights Council. The Council's previous Special Sessions related to grave human rights violations in the Gaza Strip; the Occupied Palestinian Territories; Lebanon; Darfur; Myanmar; the Global Food Crisis; the Democratic Republic of the Congo; the Global Financial and Economic Crises and Sri Lanka.

The thirteenth regular session of the Human Rights Council will be held from 1 to 29 March 2010.

UNITED NATIONS, Press Release, 16 October 2009; www.unhchr.ch




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