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Israel stiehlt palästinensisches Gas

Tel Aviv hat es auf die Offshore-Energieressourcen vor der Küste des Gazastreifens abgesehen

Von Rainer Rupp *

Die Hinweise, daß Israels blutige Invasion des Gazastreifens auch etwas mit der »Sicherung«, bzw. dem Raub der palästinensischen Offshore-Energieressourcen zu tun hat, ist zwar wenig bekannt, aber dennoch nicht von der Hand zu weisen. Erst vergangene Woche hatte der kanadische Wirtschaftsprofessor Michel Chossudovsky darauf aufmerksam gemacht. Daß dies kein Hirngespinst ist, bestätigte am Sonntag ein Artikel in der Jerusalem Post unter dem Titel »Das Vier-Milliarden-Dollar-Geschäft vor der Gazaküste«. In dem Artikel argumentiert der Wirtschaftskorrespondent des Blattes, Matthew Krieger, daß durch die israelische Militäroperation »Hamas schwer angeschlagen« und deshalb »ausreichend geschwächt« sei, »um als Teil eines Waffenstillstandes ihren Anspruch auf die Erdgasvorkommen aufzugeben«.

Die umfangreichen Gasvorkommen in den territorialen Gewässern vor Gaza waren 2000 entdeckt worden und zwar von British Gas (BG Group) und deren Partner, der in Griechenland residieren Consolidated Contractors International Company (CCC), die von den beiden libanesischen Sabbagh- und Koury-Familien kontrolliert werden. In einem 1999 unterzeichneten Vertrag übertrug die von der Fatah geführte Palästinabehörde dem Konsortium die Explorationsrechte für Öl und Gas vor der Küste von Gaza auf 25 Jahre. Laut der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 21. Oktober 2007 erhält der Investment Fund der Palästinabehörde nur zehn Prozent der Gewinne, der Rest geht zu 60 Prozent an BG und zu 30 Prozent an CCC. Der außergewöhnlich niedrige Gewinnanteil für die palästinensischen Besitzer läßt dabei auf einen weiteren Fall von Korruption der Fatah und der Palästinabehörde schließen.

Nachdem im Jahr 2000 bedeutende Gasvorkommen vor Gaza gefunden wurden, begann Israel mit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Ariel Sharon 2001, diese für sich zu beanspruchen. Am Obersten Gerichtshof Israels wurde eine Klage eingereicht, welche die Souveränität der Palästinenser über die Gaza-Offshore-Gasfelder bestritt. 2006 gab es den Wahlsieg der Hamas. Die nachfolgenden vom Westen und Israel gesteuerten Wirren nutzte Israel auch dafür, seine Kontrolle über das Gas vor Gaza zu verstärken.

Als 2006 British Gas »bereit war, einen Vertrag über die Gaslieferungen von Gaza nach Ägypten abzuschließen« (The Times vom 23. Mai 2007) intervenierte der britische Premierminister Anthony Blair bei BG zugunsten Israels, und der Vertrag kam nicht zustande. Dafür schloß im Mai 2007 die israelische Regierung unter Ehud Olmert mit BG einen sittenwidrigen Vorvertrag über die Lieferung von Offshore-Gas aus Gaza im Wert von vier Milliarden Dollar ab, der sowohl Hamas als auch die Palästinabehörde ausschließt. Als Vorwand nutzte Israel, daß »kein Geld an Hamas« fließen dürfe. Die Hamas stellte zu jener Zeit die rechtmäßige Regierung für ganz Palästina. Zugleich sah der israelische Vertragsentwurf mit BP-Group vor, das alles Offshore-Gas von Gaza per Pipeline zum israelischen Hafen von Ashkelon gepumpt würde, wodurch Israel die vollkommene Kontrolle über das palästinensische Gas an sich gerissen hätte. Auf Grund des Widerstands der Hamas, die der BG-Group Konsequenzen in Aussicht stellte, zog sich die britische Gruppe jedoch im Dezember 2007 zurück und schloß im Januar 2008 ihr Büro in Israel.

Im Juni 2008 begann laut Haaretz vom 27. Dezember 2008 das israelische Militär die Invasion von Gaza zur Zerschlagung der Hamas vorzubereiten. Im gleichen Monat haben Vertreter Israels wieder mit British Gas wegen Lieferungen von Gaza-Gas Kontakt aufgenommen (Globes online –Israel’s Business Arena vom 23. Juni 2008). Der bereits erwähnte Matthew Krieger freute sich in der Jerusalem Post vom Sonntag bereits darauf, daß »ein Verzicht der Hamas auf das Geld aus den Gasverkäufen Israel erlauben würde, mit BG weiter zu verhandeln.

* Aus: junge Welt, 20. Januar 2009


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