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Bomben auf den Gazastreifen

Wieder israelische Luftangriffe. Palästinenser in der Westbank erschossen

Von Karin Leukefeld *

Auf Plakaten haben die Palästinenser in Gaza am Wochenende protestiert: "Ein neues Jahr der Besatzung, ein neues Jahr des Mordens". Zuvor war bekanntgeworden, daß bei den wöchentlichen Freitagsprotesten in Bilin gegen die von Israel errichtete Mauer die Palästinenserin Jawaher Abu Rahma getötet worden war. Soldaten der israelischen Armee (IDF) hatten nach eigenen Angaben am Freitag (31. Dez.) durch "nicht näher bezeichnete Einsatzmittel" versucht, eine Demonstration von etwa 250 Personen aufzulösen. Teilnehmer berichteten, die Soldaten hätten dabei massiv Tränengas eingesetzt. Die Ärzte in einem Krankenhaus in Ramallah sagten, Abu Rahma sei an einer Blutvergiftung infolge des Gases gestorben, das sie ungeschützt eingeatmet habe. Nachdem ein IDF-Sprecher die Anschuldigung zunächst zurückgewiesen hatte, heißt es inzwischen, die Armee habe eine interne Untersuchung eingeleitet. Der Anwalt der Familie Abu Rahma warf der israelischen Armee vor, die "Handlungen von Armeeangehörigen zu decken".

Die mehr als 700 Kilometer lange Mauer, die von den Israelis als "Schutzzaun" bezeichnet wird, schneidet die Einwohner von Bilin von ihren Feldern und Plantagen ab und schränkt sie in ihrer Bewegungsfreiheit ein. Schon 2004 bezeichnete der Internationale Strafgerichtshof die Mauer als "illegal". Die nicht bindende Aufforderung, den Bau zu stoppen und das Mauerwerk wieder abzutragen, wird von Israel ignoriert.

In der Nacht zum Sonntag flog die israelische Luftwaffe erneut Angriffe auf den Gazastreifen und verletzte zwei Personen. Nach palästinensischen Angaben wurden ein Ausbildungscamp der Qassam-Brigaden, des militärischen Flügels der Hamas, sowie nahegelegene Wohnhäuser bei Dschabalija zerstört. Der zweite Angriff habe westlich des Flüchtlingslagers Nuseirat ein offenes Feld getroffen. Eine Armeesprecherin sagte, es habe sich um einen Vergeltungsschlag gehandelt. Zuvor seien Raketen aus dem Gazastreifen nach Südisrael abgeschossen worden. Dabei sei niemand verletzt worden.

Am Sonntag morgen (2. Jan.) erschossen israelische Soldaten am Übergang Hamra (Nablus, Westbank) den 21jährigen Mohamed Daraghme, als dieser die Grenze überqueren wollte. Augenzeugen berichteten, der Mann, der als Bauarbeiter in einer israelischen Siedlung tätig war, sei mit einer Coladose in der Hand auf die israelischen Soldaten zugegangen. Eine Soldatin habe ihn aufgefordert stehenzubleiben. Unmittelbar darauf sei der Mann von zwei anderen Soldaten niedergeschossen worden. Sanitäter des Palästinensischen Roten Halbmonds sagten, die Leiche von Daraghme sei von Kugeln "durchsiebt" gewesen. Nach israelischer Darstellung habe der Mann versucht, die Soldaten anzugreifen: "Er hielt eine Glasflasche, und die Soldaten hatten vermutlich Angst, er würde sie damit niederstechen."

* Aus: junge Welt, 3. Januar 2011


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