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Abbas unter Druck

Al-Dschasira-Dokumente über Zusammenarbeit der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Israel auch bei Angriffsplänen gegen Gaza

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

Mit der Veröffentlichung von Dokumenten über den Gaza-Krieg zur Jahreswende 2008/2009 ist die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) weiter unter Druck geraten. Danach übte die US-Administration, insbesondere Sondervermittler George Mitchell erheblichen Druck auf die PA aus, um den Termin einer Debatte zum Goldstone-Bericht über den Krieg in der UN-Vollversammlung zu verschieben. Außerdem soll die PA über die Angriffspläne der Israelis auf den Gazastreifen informiert gewesen sein, auch wenn nicht belegt ist, daß ihr der genaue Zeitpunkt bekannt war. Bisher hatte die PA dementiert, mit den Israelis über einen Krieg gegen Gaza gesprochen zu haben. Sie habe die Hamas allerdings mehrfach darüber informiert, daß israelische Medien einen Krieg gegen Gaza breit diskutiert hätten.

Die »Palästina-Papiere«, die der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira seit einer Woche veröffentlicht, geben nun ein Gespräch zwischen Saeb Erekat, dem palästinensischen Chefunterhändler bei den israelisch-palästinensischen Verhandlungen und dem US-Sondervermittler George Mitchell im Oktober 2009 wieder. Darin sagt Erekat zu Mitchell, daß Amos Gilad, Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes, den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas vor dem Angriff auf Gaza informiert habe. Offenbar um zu belegen, daß es sich bei dem Militär Gilad – im Gegensatz zur israelischen Regierung – um eine vertrauenswürdige Person handele, sagte Erekat: »Wir haben null Vertrauen in die (israelische) Regierung. Amos (Gilad) sprach mit Lieberman (dem israelischen Außenminister) (…) über die Behauptung, daß Abu Mazen (Abbas) mit ihnen im Gaza-Krieg zusammengearbeitet habe. Er ging zu Abu Mazen vor dem Angriff und fragte ihn. Abu Mazen antwortete, er werde nicht auf einem israelischen Tank in Gaza einziehen. Das hat Amos Gilad bezeugt.«

Ähnliches war durch die Veröffentlichungen diplomatischer Korrespondenzen von Wikileaks bekanntgeworden. In einem Gespräch zwischen zwei US-Repräsentanten und dem israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak (Juni 2009) hieß es, daß sich die israelische Regierung vor dem Krieg mit Ägypten und der Fatah beraten habe, um zu wissen, ob sie die Kontrolle in Gaza übernehmen würden, sobald Israel die Hamas besiegt habe. Bei beiden sei die Antwort negativ ausgefallen.

Ali Abunimah (Electronic Intifada), einer der Experten, die Al-Dschasira um Prüfung der Dokumente gebeten hatte, kommentierte, daß eine Zerschlagung der Hamas offenbar die Gedanken des palästinensischen Verhandlungsteams mehr beschäftigt habe als die Rechte der Palästinenser. Darin wurden sie von der israelischen Seite bestärkt, indem man ihnen Angst vor dem politischen Konkurrenten machte. In einem Gespräch zwischen Zipi Livni, Amos Gilad und dem palästinensischen Exregierungschef Ahmed Qurei im März 2008 machte die israelische Seite klar, daß man »Hamas nicht will« (Livni). Man werde »früher oder später mit der Hamas kämpfen« (Gilad), weil sie »wie die Hisbollah« sei und militärisch immer stärker werden würde. Auf die Frage von Qurei, was mit der Hamas sei, »wenn es so bleibt wie es jetzt ist«, antwortete Gilad: »Die Westbank ist das strategische Ziel von Hamas. (…) Mein strategischer Rat an Sie ist, sich vorzubereiten. Es ist wie mit der Achillesferse, wenn die Situation für ein Jahr oder zwei bleibt, wie sie ist, werden Sie schwächer werden und Hamas wird die Westbank kontrollieren.«

Erekat verteidigte in einem ausführlichen Gespräch auf Al-Dschasira (Arabisch) erneut seine Position und wiederholte, der Sender habe gefälschte Papiere veröffentlicht. Er habe dagegen die »offiziellen palästinensischen Papiere«. Erneut beschuldigte er den Sender, die Autonomiebehörde zu Fall bringen zu wollen.

Auch der Golfstaat Katar wurde vehement von Erekat und anderen Mitgliedern der Autonomiebehörde angegriffen. Daß die PA ebenso wie Israel von Katar nicht viel hält, machen die Palästina-Papiere ebenfalls deutlich. Darin sind Zitate zu finden, wonach der Golfstaat die Hamas unterstütze und gegen die PA agieren würde. Die damalige Außenministerin Zipi Livni wird mit den Worten zitiert, sie habe »eine Reise nach Doha (Hauptstadt von Katar) abgesagt, weil sie die Hamas unterstützen«. Katar gilt als engagierter und durchaus erfolgreicher Vermittler bei Konflikten in der Region, wie im Jemen, in Darfur und im Libanon.

* Aus: junge Welt, 28. Januar 2011


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