Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

George Speight, Rebellenführer auf den Fidschi-Inseln

Ein Porträt

Er hat den indischstämmigen Premier Mahendra Chaudhry gestürzt und ihn mit gleich dreißig anderen Regierungsmitgliedern bis vor kurzem in Geiselhaft gehalten. Er bedroht den Präsidenten Ratu Josefa Iloilo mit Waffen und verhindert seit Wochen eine neue Kabinettsbildung: Rebellenführer George Speight hat das politische Leben in Suva, der Hauptstadt der Fidschi-Inseln paralysiert. Jetzt wurde er selbst festgenommen. Darauf reagierten seine Anhänger mit neuen Gewalttaten und nahmen zwei neuseeländische Piloten als Geiseln. Speight, ein kleiner, aber kräftiger Mann mit markanter Glatze, ist überzeugt: Die Eingeborenen der Fidschis werden von der indischen Minderheit unterdrückt. Der 45-jährige Geschäftsmann hat sich selber zum Kämpfer für die Rechte der Armen ernannt. Und seine Rebellion wird von den Ressentiments der Taukei, den Ureinwohnern der Fidschis, gegenüber den von den britischen Kolonialherren geholten Indern getragen. Die Inder stellen heute 43 Prozent der Bevölkerung, unter ihnen sind viele Geschäftsleute, Mediziner und Juristen. Ihnen wird vorgeworfen, das Land seit langem wirtschaftlich zu dominieren - und seit der Wahl Chaudhrys als erstem Inder zum Premier 1999 auch politisch.

Der Sohn des Oppositionspolitikers Sam Speight tritt im Sulu-Rock und täglich neuen Krawatten auf und beginnt seine Sätze meist mit "Ich". Bereits als Banker und Firmensekretär im australischen Brisbane fiel der ehrgeizige und selbstsichere junge Mann seinen Chefs auf, weil er davon überzeugt war, alle seine Unternehmungen müssten von Erfolg gekrönt sein. Leider war dem nicht so. Nachdem Speight 1997 seine Frau mit zwei Kindern in Brisbane verlassen hatte, eröffnete er ein Restaurant in seiner Heimat. Das ging kurz darauf bankrott. Als Agent eines Versicherungsunternehmens wurde er zwei Jahre später wegen "finanzieller Unregelmäßigkeiten" entlassen. Den Posten des Direktors der Fiji Hardwood Corporation musste er wegen einer Schmiergeldaffäre räumen.

Dass seine Aktivitäten als Taukei-Nationalist mit dem ruhmlosen Ende als Geschäftsmann zusammenfallen, dürfte kein Zufall sein. Denn Speight hatte mit Chaudhry auch persönliche Rechnungen zu begleichen, hatte dieser doch seine Entlassung als Direktor angeordnet. Es ging um die Rechte, Mahagoni vertreiben zu dürfen - und damit den Zugriff auf eine der wertvollsten Ressourcen der Fidschi-Inseln zu erhalten.

Ob dem Rebellenführer also die Sorgen der Eingeborenen wirklich so am Herzen liegen, ist fraglich. So soll er Textilarbeitern, denen sein Putsch den Arbeitsplatz gekostet hat, gesagt haben, Fidschianer müssten eben Opfer bringen. Bei dem Putsch im Mai ging es Speight nach eigenen Worten weniger um die Inder, sondern um eine Entscheidung im Machtkampf der Häuptlinge, die sich die Inseln untereinander aufgeteilt haben. Mit dem Sturz Chaudhrys gelang es Speight, die eingesessene Stammesoberschicht gleich mit zu entmachten. Nach dem Premierminister musste auch einer der höchsten Stammesführer, Präsident Ratu Sir Kamisese Mara, gehen.
Susanne Spahn Aus: Süddeutsche Zeitung, 28.07.2000

Zurück zur Startseite "Fidschi"

Zurück zur Homepage