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Fidschi im Ausnahmezustand

Putschführer Bainimarama fühlt sich durch Expremier bedroht

Von Thomas Berger *

Fidschis Machthaber Commodore Voreqe (besser bekannt als Frank) Bainimarama hat am vergangenen Freitag erneut den Ausnahmezustand in dem südpazifischen Inselstaat ausgerufen. Das kam für die nationale und internationale Öffentlichkeit überraschend und hat im In- wie Ausland reichlich Kritik ausgelöst. In ungewöhnlich scharfer Form wandte sich die Redaktion der größten englischsprachigen Tageszeitung Fiji Times am Wochenende in einem Editorial gegen die Maßnahme, die die bürgerlichen Rechte und Freiheiten erneut einschränkt. »Über Nacht ist das Land von relativer Stabilität in Instabilität und Unsicherheit abgeglitten«, heißt es in dem Artikel.

Interimspremier Bainimarama hatte den gewählten Regierungschef Laisenia Qarase am 5. Dezember 2006 als Armeechef in einem unblutigen Putsch aus dem Amt gedrängt. Erst als die Europäische Union die weitere Auszahlung der Fidschi für sieben Jahre zugesagten Entwicklungshilfe von insgesamt 272 Millionen US-Dollar von der Beendigung des Ausnahmezustands abhängig machte, wurde im Mai das Kriegsrecht wieder aufgehoben. Die rund 800 000 Bewohner der Fidschi-Inseln haben in den vergangenen 20 Jahren bereits vier Putschversuche erlebt.

Daß der nach seiner Entmachtung in einer Art von erweitertem Hausarrest auf seine Heimatinsel verbannte Qarase kürzlich wieder in der Hauptstadt Suva auftauchte, hat den Commodore augenscheinlich stark verunsichert. Der Expremier sei keine Gefahr und spiele in der Politik Fidschis absolut keine Rolle mehr, hatte es zuvor immer geheißen. Da war dieser aber weitab vom Schuß. Seine Präsenz in unmittelbarer Nähe des Machtzentrums wird von den Putschisten jetzt als Bedrohung ihrer Position gesehen. Qarase sei zu einem »Sicherheitsrisiko« geworden, rechtfertigte Bainimarama den vorübergehend angeordneten Ausnahmezustand und betonte, er werde weder Soldaten auf die Straßen schicken, noch eine Ausgangssperre verhängen.

Die Wiedereinführung des Ausnahmezustandes einschließlich der Sondervollmachten für die Sicherheitskräfte stellt in der Tat einen schweren Rückschritt dar, nachdem sich die Lage im Land zuletzt stabilisiert hatte. Aufgrund des internationalen Drucks war Bainimarama bereit gewesen, die erst für 2010 oder später geplanten Wahlen auf übernächstes Jahr vorzuziehen. Womöglich hätte die Rückkehr zu formal demokratischen Verhältnissen sogar schon in der zweiten Jahreshälfte 2008 stattfinden können. Der Interimspremier will Fidschi bis zum Antritt einer gewählten Regierung in seiner selbsternannten Säuberungskampagne von allen korrupten Elementen befreien. Dafür brauche er Zeit, so Bainimarama.

* Aus: junge Welt, 14. September 2007


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