Côte d'Ivoire: Warnung vor Bürgerkrieg
Internationale Gremien befürchten katastrophale Folgen für das westafrikanische Land
Die International Crisis Group (ICG) hat vor einem unmittelbar drohenden Bürgerkrieg im westafrikanischen Staat Côte d'Ivoire gewarnt.
In dem jüngsten Afrikabericht der Expertengruppe ICG zeichnen die Autoren ein düsteres Bild der einstigen westafrikanischen Wirtschaftsmacht. Seit mehr als drei Monaten herrscht in Côte d'Ivoire ein erbitterter Machtkonflikt zwischen dem abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo und dem von der internationalen Gemeinschaft als Wahlsieger anerkannten Alassane Ouattara.
»Die internationale Gemeinschaft muss erkennen, dass der illegitime Präsident gewillt ist, bis zum Ende zu kämpfen, selbst wenn das bedeutet, Côte d'Ivoire in Anarchie und eine wirtschaftliche Katastrophe zu stürzen«, warnt der Expertenbericht. Damit drohten alle Hoffnungen auf gutnachbarliche Beziehungen, Frieden und wirtschaftlichen Fortschritt in Westafrika zu scheitern. Angesichts der Eskalation der Gewalt in den vergangenen Tagen sei das wahrscheinlichste Szenario für Côte d'Ivoire »ein bewaffneter Konflikt mit massiver Gewalt gegen Zivilisten, der eine militärische Intervention der Nachbarstaaten auslösen könnte«.
Die westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS hat bereits vor einigen Wochen mit einer militärischen Intervention als letztes Mittel gedroht. Am Donnerstag hatten Gbagbo-loyale Sicherheitskräfte sechs Demonstrantinnen erschossen.
Auch der Sicherheitsrat der UNO ist »zutiefst beunruhigt« über die jüngste Eskalation der Gewalt und über Angriffe auf Zivilisten in Côte d'Ivoire. Das erklärte der chinesische UN-Botschafter und Präsident des Sicherheitsrates, Li Baodong, am Donnerstag (Ortszeit). Die 15 Mitglieder des Rates äußerten sich besorgt über das Risiko eines wieder aufflammenden Bürgerkrieges in dem Land und forderten von allen Parteien »äußerste Zurückhaltung, um einen Krieg zu vermeiden«. Der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig betonte, dass die aktuelle Lage »die große Gefahr einer Eskalation mit unabsehbaren Konsequenzen« auch für die Menschen in der gesamten Region birgt. Da die diplomatischen Bemühungen offenbar in einer Sackgasse steckten, müsse die UNO eine aktive Rolle in der Unterstützung der UN-Mission UNOCI spielen und zur Abschreckung solcher Angriffe über weitergehende Maßnahmen nachdenken.
Bei den Auseinandersetzungen in Côte d'Ivoire sind nach UN-Angaben seit Donnerstag voriger Woche mindestens 50 Menschen getötet worden. Allein 26 Zivilisten seien in einem umkämpften Viertel der Wirtschaftsmetropole Abidjan ums Leben gekommen, sagte der Vizedirektor der UN-Mission in Côte d'Ivoire (UNOCI), Guillaume Ngefa, . Die Kämpfe im Stadtteil Abobo lösten demnach Ende Februar eine Massenflucht von mehr als 200 000 Menschen aus.
* Aus: Neues Deutschland, 5. März 2011
Vermittlungsmission in der Côte d'Ivoire
Afrika-Union will Bürgerkrieg verhindern
Der Präsident der Afrikanischen Union (AU), Jean Ping, hat am Wochenende im Zuge einer Vermittlungsmission in der Côte d'Ivoire nacheinander die beiden Konkurrenten um das Präsidentenamt getroffen.
Ping übergab sowohl dem abgewählten Staatschef Laurent Gbagbo als auch dem international als Wahlsieger anerkannten Alassane Ouattara eine Botschaft der afrikanischen Vermittlergruppe.
Ouattara sagte anschließend, er habe eine Einladung für das Treffen der Staatschefs des AU-Rats für Frieden und Sicherheit am kommenden Donnerstag in Addis Abeba erhalten. Er habe angenommen. Ping war im Auftrag von fünf vermittelnden Präsidenten entsandt worden. Sie forderten nach einem Treffen in Mauretanien am Freitag ein Ende der Gewalt. Gbagbo müsse auch die Belagerung des Hotels in Abidjan aufheben, in das sich Ouattara nach der Wahl geflüchtet hatte.
Die Regierung Gbagbos beschuldigte die UN-Mission in der Côte d'Ivoire unterdessen, »Terroristen« ins Land einzuschleusen. Diese seien für den Tod von sieben Frauen bei einer Demonstration verantwortlich, erklärte Verteidigungsminister Alain Dogou.
Die stellvertretende Anklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), Fatou Bom Bensouda, sagte der Nachrichtenagentur AFP am Wochenende in Den Haag, der IStGH stehe für Ermittlungen wegen der Gewalttaten in der Côte d'Ivoire bereit. »Wir sammeln Informationen, wir analysieren Informationen und wir werden in sehr kurzer Zeit bereit sein zu handeln.« Das Land stehe »an der Schwelle zum Bürgerkrieg«. Nach Bensoudas Angaben kamen seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl in der Côte d'Ivoire fast 400 Menschen gewaltsam ums Leben, Hunderttausende Menschen seien wegen des Konfliktes auf der Flucht. »Es wird jeden Tag schlimmer«, so die Anklägerin.
* Aus: Neues Deutschland, 7. März 2011
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