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Giftige Wahrheit

Amnesty International und Greenpeace legen Bericht zu Giftmüllskandal in Côte d’Ivoire vor

Von Simon Loidl *

Am Dienstag haben Amnesty International und Greenpeace Niederlande einen 234 Seiten umfassenden Bericht zu dem Giftmüllskandal rund um das Rohstoffhandelsunternehmen Trafigura vorgestellt. In der Untersuchung »The Toxic Truth« (»Die giftige Wahrheit«) wird der Hergang der illegalen Entsorgung hochgiftigen Materials in Côte d’Ivoire im Jahr 2006 nachgezeichnet. An den Folgen starben damals mindestens 17 Menschen, mehr als 100000 wurden verletzt.

Amnesty und Greenpeace wollen mit dem Bericht zur weiteren Aufarbeitung des Skandals beitragen und fordern, daß der niederländische Konzern endlich die volle Verantwortung übernehmen und Entschädigungen an die Opfer auszahlen soll. Denn obwohl der Konzern nach einem 2009 in Großbritannien zu Ende gegangenen Prozeß zu Zahlungen in Millionenhöhe verurteilt worden war, haben laut dem Bericht Tausende Geschädigte bislang nichts erhalten. Zudem habe Trafigura verhindern können, daß die ganze Dimen¬sion des Giftmüllskandals in den beiden Prozessen, die bisher stattgefunden haben, beleuchtet wurde. Sowohl bei dem zivilrechtlichen Verfahren in Großbritannien als auch bei einem Prozeß, den die niederländische Staatsanwaltschaft 2008 angestrengt hatte, seien nur Teil¬aspekte untersucht worden.

2006 entstanden bei der Rohölreinigung an Bord des Schiffes Probo Koala hochgiftige Abfälle. Diese sollten zunächst in den Niederlanden entsorgt werden. Als Anfang Juli 2006 die Entladung im Hafen von Amsterdam bereits begonnen hatte, entschied das Unternehmen, sich nach einer billigeren Entsorgungsmöglichkeit umzusehen. Der Müll wurde auf die Probo Koala zurückgebracht, und das Schiff nahm Kurs Richtung Côte d’Ivoire. Dort kam Trafigura mit einem erst kurz zuvor gegründeten Entsorgungsunternehmen ins Geschäft. Dieses brachte Teile des hochgiftigen Materials auf eine Müllkippe, der Rest wurde an 18 verschiedenen Orten um Abidjan abgeladen. Kurze Zeit später traten bei Zehntausenden Einwohnern der Stadt Atemwegsprobleme, Hautirritationen und Kopfschmerzen auf.

Die beiden Organisationen fordern von Großbritannien, Ermittlungen gegen Trafigura einzuleiten. Die ivorische Regierung wiederum müsse die Betroffenen entschädigen und »die rechtliche Vereinbarung neu bewerten, die Trafigura umfassende Straffreiheit« sichere. 2007 hat Côte d’Ivoire ein Abkommen mit dem Konzern geschlossen, in dem sich das Land verpflichtete, nach einer Zahlung von 195 Millionen US-Dollar auf weitere Untersuchungen zu verzichten. Amnesty-Generalsekretär ¬Salil Shetty sagte, die Menschen in Côte d’Ivoire seien sowohl von den Regierungen in Europa als auch von ihren eigenen Politikern verraten worden.

Ziel des nun vorgelegten Berichts ist es laut den beiden Organisationen, Richtlinien zu entwickeln, »wie gegen transnational tätige Konzerne bei Menschenrechtsverstößen und Umweltverschmutzungen vorgegangen« werden solle.

Trafigura reagierte umgehend auf die Veröffentlichung. Der Bericht weise »zahlreiche Ungenauigkeiten und Falschinformationen« auf, hieß es seitens des Konzerns. Komplexe juristische Fragen würden »übermäßig vereinfacht« dargestellt.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 26. September 2012

The Toxic Truth

About a Company Called Trafigura, a Ship Called the Probo Koala, and the Dumping of Toxic Waste in Cote d'Ivoire

On August 20, 2006 people of Abidjan, Côte d’Ivoire, woke to find that foul-smelling, toxic waste had been dumped in their city. This report follows a three-year investigation by Amnesty International and Greenpeace Netherlands into the dumping, the events that led to it, and the action taken in response to the dumping. It is a story of corporate crime, human rights abuses and the failures of multiple governments to act to protect people and the environment from companies bent on making profit with scant regard for the human or environmental costs.

DOWNLOAD [Der ganze Bericht als pdf-Datei, externer Link]




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