Krieg und Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire)
Französische Regierung "konzeptionslos, konfus und damit in höchstem Maße gefährlich"
Die Ereignisse in der Elfenbeinküste "Cote d'Ivoire" haben sich Anfang November 2004 wieder zugespitzt. Insbesondere geriet die ehemalige Kolonialmacht Frankreich ins Visier ivorischer Regierungstruppen. Frankreich ließ sich nicht lange bitten und griff ihrerseits mit Kampfflugzeugen ins Geschehen ein. Die ivorische Regierung gerät auch internationale unter Druck, weil sie des Bruchs des vor einem Jahr ausgehandelten Waffenstillstands bezichtigt wird.
Im Folgenden dokumentieren wir eine kleine Auswahl von Artikeln aus Zeitungen und Online-Ausgaben vom 7. bis 9. November 2004.
Hintergründe
Der UNO-Sicherheitsrat hat auf einer Dringlichkeitssitzung in New York am Freitagabend [5. Nov. 2004] einstimmig das militärische Vorgehen Frankreichs in Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) unterstützt. Das Gremium verurteilte den Angriff der ivorischen Regierungstruppen in der nördlichen Stadt Bouake, bei dem neun französische Soldaten und ein US-Bürger getötet wurden, als Verletzung des Waffenstillstandsabkommens vom vergangenen Jahr. Zuvor hatte der französische Präsident Jacques Chirac die Zerstörung aller ivorischen Militärflugzeuge angeordnet, mit denen in den vergangenen Tagen der Waffenstillstand in dem westafrikanischen Land gebrochen worden war.
Der Sicherheitsrat wandte sich in seiner Erklärung gegen jeglichen Versuch einer der Konfliktparteien, Truppen durch die "Vertrauenszone" in Marsch zu setzen und rief dazu auf, "alle militärischen Operationen sofort einzustellen und den Waffenstillstand vollständig einzuhalten". Die UNO-Truppen und die französischen Soldaten seien ermächtigt, "alle notwendigen Mittel" zur Durchsetzung ihres Mandats zu ergreifen. UNO-Generalsekretär Kofi Annan hatte bei der Sitzung die Sicherheitsratsmitglieder darum geben, ein hartes militärisches Vorgehen zur Verhinderung eines neuen Krieges in Cote d'Ivoire zu autorisieren.
Waffenembargo
Der französische UNO-Botschafter Jean-Marc de La Sabliere sagte, sein Land werde dem UNO-Sicherheitsrat in Sachen Cote d'Ivoire ohne weitere Verzögerung "neue, individuelle und kollektive Maßnahmen" zur Verabschiedung vorlegen. Dazu gehöre auch ein Waffenembargo. Zugleich warnte Paris den ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo eindringlich vor einer weiteren Eskalation der Lage und schickte 660 Soldaten als Verstärkung in das westafrikanische Land.
Verlegung von Kampfflugzeugen für den Fall der Eskalation
Nach französischen Militärangaben verlegte die französische Luftwaffe für den Fall einer Eskalation des Konflikts drei Mirage-Kampfflugzeuge aus dem Tschad in die gabunische Hauptstadt Libreville. Die UNO hat 6.300 Blauhelm-Truppen in Cote d'Ivoire stationiert, darunter 4.500 Franzosen. Sie sollen den Waffenstillstand überwachen und die Regierungstruppen im Süden von den Rebellen im Norden trennen.
AU verurteilt Angriffe auf Rebellenstellungen
Die Afrikanische Union (AU) hat am Samstag die jüngsten Luftangriffe der ivorischen Armee auf Stellungen von ehemaligen Rebellen im Norden des westafrikanischen Landes verurteilt. Nach einer Krisensitzung warf die AU-Spitze der Regierung von Staatspräsident Laurent Gbagbo in einer Erklärung vor, die geschlossenen Friedensabkommen zu brechen. Die Angriffe torpedierten den Versöhnungsprozess in der Republik Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste).
Die ivorische Armee begann am Donnerstag Stellungen der Ex-Rebellen im Norden zu bombardieren. Dabei wurden nach Angaben eines Ex-Aufständischen elf Menschen getötet. Wie aus UNO-Kreisen verlautete, zerstörte das im Land stationierte französische Militärkontingent zwei Flugzeuge der ivorischen Luftwaffe, nachdem diese die Stadt Bouaké bombardiert hatten.
Afrikanische Union berät über Konflikt
Der nigerianische Staatspräsident Olusegun Obasanjo, amtierender Präsident der AU, will sich mit dem AU-Kommissionsvorsitzenden Alpha Oumar Konare (Mali) treffen, wie ein Sprecher am Samstag sagte. Beide Politiker wollten in Nigeria darüber beraten, wie die ivorische Regierung von Präsident Laurent Gbagbo gezwungen werden könne, die Luftangriffe auf die Ex-Rebellen im Norden einzustellen.
Geteilt seit September 2002
Cote d'Ivoire ist seit dem gescheiterten Putsch vom September 2002 gegen Staatschef Gbagbo in den von der Regierung gehaltenen Süden und den von den früheren Rebellen kontrollierten Norden geteilt. Im Mai 2003 schlossen die Konfliktparteien unter Vermittlung der ehemaligen Kolonialmacht Frankreichs ein Friedensabkommen, und die ehemaligen Rebellen traten einer Allparteien-Regierung bei. Mehr als 6.000 UNO-Blauhelme und 4.000 französische Soldaten überwachen seitdem die Waffenstillstandslinien zwischen den ehemaligen Rebellen der Forces Nouvelles (FN) und Gbagbos Anhängern. (APA/AFP/AP/dpa/Reuters)
Quelle: Der Standard (online-Ausgabe), 7. November 2004
Frankreich in der afrikanischen Falle
Bürgerkrieg in Côte d'Ivoire droht die ganze Region in Brand zu stecken
Von Ralf Klingsieck, Paris
Bei dem seit Tagen wieder offen ausgebrochenen Bürgerkrieg im westafrikanischen Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) kann Frankreich nicht länger seine neutrale Position aufrechterhalten.
Nachdem am Wochenende [6./7. Nov.] bei Luftangriffen der regierungstreuen Streitkräfte auf einen Stützpunkt der Rebellen im Norden des Landes auch neun französische Soldaten getötet und 35 verwundet wurden, hat Paris zurückgeschlagen. Auf Weisung von Präsident Jacques Chirac wurden die beiden beteiligten Sukhoi-Jagdbomber sowie vier der sechs Kampfhubschrauber der Luftstreitkräfte am Boden zerstört. Als Reaktion darauf zogen aufgehetzte Angehörige der dem Präsidenten Laurent Gbagbo nahe stehenden Organisation »Junge Patrioten« durch die Hauptstadt Abidjan, bedrohten Franzosen und andere Europäer und plünderten ihre Häuser. Vier französische Schulen wurden verwüstet und in Brand gesteckt, ebenso wie zahlreiche Bürogebäude, Supermärkte und Tankstellen in ausländischer Hand.
Die rund 4500 französischen Soldaten, die zusammen mit 6000 UN-Blauhelmen den Friedensvertrag von Marcoussis zwischen der Regierung im Süden und den Rebellen im Norden des Landes garantieren und dabei eine Pufferzone besetzen sollten, wurden für die Sicherung der ausländischen Zivilisten zusammengezogen und durch 700 Soldaten aus Frankreich und von Stützpunkten in anderen afrikanischen Ländern verstärkt. Mehr als 1000 französische Zivilisten – vor allem Frauen und Kinder – wurden auf einem Stützpunkt am Flughafen von Abidjan in Sicherheit gebracht. Französische Panzerfahrzeuge patrouillieren durch die Straßen, Kampfhubschrauber überfliegen die Stadt, in der immer wieder Maschinengewehrfeuer zu hören ist.
Eine massive Evakuierung der Franzosen ist jedoch noch nicht geplant. Sie wäre auch schwer durchzuführen. Schließlich leben fast 18000 Franzosen und mehrere tausend andere Europäer im Land. Der französischen Armee mangelt es an Transportflugzeugen, und auch Schiffe könnten nicht so schnell herangeführt werden. Vorläufig setzt Paris auf die Demonstration militärischer Stärke, um die Situation unter Kontrolle zu halten und die beiden verfeindeten Seiten – den mit zweifelhaften Methoden gewählten und diktatorisch regierenden Präsidenten Gbagbo und die »Rebellen«, die ihn stürzen wollten – an den Verhandlungstisch zurückzuzwingen.
Seit dem Vertrag von Marcoussis bei Paris im Januar 2003 haben beide Seiten wenig Bereitschaft gezeigt, die dort eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten und in einer Koalitionsregierung friedlich zusammenzuarbeiten. Der als doppelzüngig und intrigant geltende Präsident Laurent Gbagbo wollte die »Schmach« eines durch Frankreich aufgezwungenen Friedens mit seinen Gegnern nicht auf sich sitzen lassen und früher oder später militärisch »korrigieren«. Auch die Rebellen ließen schon bald ihre Plätze am Kabinettstisch leer, hintertrieben die Verpflichtung zur Entwaffnung und setzten auf lange Sicht auf eine militärische Entscheidung.
Frankreich hat bei den vielen Verletzungen des Friedensvertrages die Augen zugedrückt, etwa bei Übergriffen des Gbagbo-Regimes gegen die Opposition, bei der Ermordung von zwei französischen Journalisten und selbst bei der Entdeckung von Massengräbern im Gebiet der Rebellen. Damit schwelte der Konflikt jedoch weiter, ist jetzt wieder mit aller Macht ausgebrochen – und droht die gesamte Region in Brand zu stecken. Im Nachbarland Liberia ist die Lage nach mehrjährigem Bürgerkrieg instabil und Burkina Faso ist mit den Rebellen durch Stammesbande verbunden und unterstützt sie logistisch und militärisch.
Frankreich hat vom UN-Sicherheitsrat das Mandat, für die Einhaltung des Friedens in Côte d'Ivoire zu sorgen. Außerdem hat Paris starke wirtschaftliche Interessen in seiner Ex-Kolonie, die es durch den Kakaoexport zu weitaus mehr Wohlstand gebracht als die anderen Länder der Region. Außerdem würde ein Rückzug Frankreichs den USA Tür und Tor öffnen. Schon schwenken Gbagbos »Junge Patrioten« US-Fahnen und rufen Losungen wie »Bush hilf uns«. Hiesige Medien sind sich einig in der Einschätzung, dass die Haltung der Pariser Regierung in diesem Konflikt konzeptionslos, konfus und damit in höchstem Maße gefährlich ist.
Aus: Neues Deutschland, 9. November 2004
Ratloses Frankreich
Auszug aus einem Hintergrundbericht von Hans-Helmut Kohl, Paris, in der Frankfurter Rundschau
(...) Will Frankreich seine einstige Musterkolonie "zurückerobern", die 1960 in die Unabhängigkeit entlassen wurde? Oder will es "nur" die Demokratie durchsetzen, die Präsident Laurent Gbagbo mit Füßen tritt - und das nicht erst seit dem Aufstand der Rebellen vor zwei Jahren, die seitdem den Norden des Landes kontrollieren?
Schützen die inzwischen 5200 französischen Soldaten, die eigentlich unter dem Kommando der UN-Blauhelme den Waffenstillstand zwischen Nord und Süd überwachen sollen, die rund 14 000 französischen Staatsbürger, die in Elfenbeinküste leben? Oder sind es die "französischen Interessen", also die wirtschaftlichen Unternehmungen, die Staatspräsident Jacques Chirac im Sinn hatte, als er nach dem Angriff auf die französische Militärbasis die Zerstörung der ivorischen Luftwaffe (zwei alte Jagdbomber und einige Hubschrauber) anordnete?
(...) Auch wenn am Montag [8. Nov.] die politische Klasse Frankreichs zusammenrückte und die Entscheidung Chiracs unterstützte, herrscht Ratlosigkeit angesichts einer Entwicklung, die Frankreich in dramatischer Weise an seine koloniale Vergangenheit erinnert. Anders als in vergleichbaren Umsturzsituationen, in denen die französischen Fallschirmjäger und Fremdenlegionäre ausrückten, um afrikanischen Potentaten zu Hilfe zu eilen, entschied sich Paris vor zwei Jahren für eine "neutrale Haltung". Gbagbo, der als Angehöriger einer Minderheit bei freien Wahlen im Land keine Chance als Präsidentschaftskandidat hätte, wurde nicht unterstützt, als ein Teil des Offizierskorps rebellierte und sich den Norden des Landes aneignete.
Das in der Folge ausgehandelte Abkommen von Marcoussis sah vor, dass die französischen Truppen und die ins Land geholten UN-Blauhelme den Waffenstillstand schützen und den Übergang zu einer "Regierung der nationalen Einheit" sowie Wahlen vorbereiten sollten. Aber Gbagbo, der sich nur vordergründig auf diese Linie einschwören ließ, unterstellte Frankreich von Anfang an, dass es seine Position schwächen wollte. Antifranzösische Übergriffe, Plünderungen und Propaganda, die seine "Jungen Patrioten" seitdem immer wieder ins Werk setzten, stoppte er nicht. Nachdem er in der vergangenen Woche zunächst Rebellenstellungen bombardieren ließ und damit den Waffenstillstand eklatant brach, fiel die 250-Kilo-Bombe auf die französische Militärbasis.
Die Reaktion Frankreichs wiederum veranlasste Parlamentspräsident Mamadou Koulibaly am Sonntag [7. Nov.] zu wüsten Drohungen gegenüber den Franzosen. Der "Vietnamkrieg" sei nichts gegen das, was Frankreich erwarte, wenn Präsident Chirac fortfahre, "die französische Macht in Elfenbeinküste zu installieren".
Aus: Frankfurter Rundschau, 9. November 2004
Kolonialherrenart
Cote d’Ivoire im freien Zerfall
Ein Kommentar von Gerd Schumann
Nun soll Südafrikas Präsident Thabo Mbeki den Feuerwehrmann spielen, der den Brand in Cote d’Ivoire löscht. Wie zuvor schon an den westlichen Küsten Zentralafrikas zwischen Liberia und Kongo wird der einflußreiche Afrikaner vor Ort geschickt, das zur »Krise« kleingeredete Chaos zu beenden. Die Möglichkeit seines kurzzeitigen Erfolgs ergänzt die Grundsätzlichkeit seines Scheitern: Die sich einst so gesittet jeglichem französischen Wort unterordnende Elfenbeinküste steht vor dem staatlichen Zusammenbruch. Regionale Machthaber und deren ausländische Hintermänner teilen das Land unter sich auf. Zu diesem Zweck werden breite, sozial derangierte Bevölkerungsteile mit rassistisch-»ivoristischen« und religiösen Losungen aufeinander gehetzt. Da hilft auch kein Mbeki.
Die auf der Berliner Konferenz 1885 auf Grundlage des kolonialen Kräfteverhältnisses vorgenommenen Staatenbildungen befinden sich in Auflösung. Die Cote d’Ivoire als Provinz des ehemaligen »Französisch-Westafrika« zerfällt in mindestens den von muslimischen Arbeitsimmigranten geprägten Norden und den christlichen, reicheren Süden mit der Handelsmetropole Abidjan – französisch besetzter Schreibtisch des Landes. Aus dem künstlichen Gebilde am ölreichen Golf von Guinea werden zwei. Dabei könnte der geostrategisch wie ökonomisch mit der weltweit ergiebigsten Kakaoproduktion wichtige Südstaat zum Zankapfel zwischen dem alten europäischen Imperialismus einerseits und der überseeischen Supermacht andererseits werden.
Daß Frankreich seinen umfangreichen Einflußbereich aus 15 westafrikanischen Ländern mit dem an der französischen Währung gekoppelten Afrika-Franc (CFA-Franc) halten will, zeigte die hurtig auf 5000 Soldaten und Legionäre erweiterte High-Tech-Truppe nach Kolonialherrenart in den vergangenen Tagen, als sie zunächst kein Flugobjekt der offiziellen Regierung übrig ließ und am Montag dann mit 50 Panzern dem nicht genehmen Präsidenten Laurent Gbagbo auf die Palastbude rückte, ausdrucksstark demonstrierend, daß die wahre Macht immer noch aus den Gewehrläufen der Kolonialisten kommt und auch schon mal eine Regierung auswechselt.
Aus jener »zweiten Unabhängigkeit«, die Gbagbo seit dem Waffenstillstand von 2002 und den Verhandlungen danach im Munde führte, wird schon allein deswegen nichts, weil keine antikoloniale Befreiungskraft in Sicht ist. Und Mbekis »afrikanische Lösung« funktioniert nicht unter der Vormundschaft multinationaler Konzerne. Wie die Staatschefs und Kriegsherren heißen, bleibt indes sekundär. Der ethnisch und religiös verbrämte soziale Konflikt zwischen Nord und Süd hält an. Die skrupellosen Herrenmenschen von vor 120 Jahren und von jetzt interessiert dieses nur insoweit, als ihre Kreise gestört werden.
Aktuelle Meldungen vom 9. November 2004
Nach blutigen Unruhen in Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) mit Toten und mehr als 400 Verletzten ist Südafrikas Präsident Thabo Mbeki am Dienstag [9. November] in Abdijan einer Vermittlungsmission zur Beilegung der Krise eingetroffen. Vorgesehen waren unter anderem Gespräche mit Präsident Laurent Gbagbo. Nach Angaben seines Sprechers wurde Mbeki in der Wirtschaftsmetropole des westafrikanischen Landes von mehreren tausend Menschen empfangen. Im Land herrschte unterdessen weiter angespannte Ruhe.
Bei den antifranzösischen Ausschreitungen in der westafrikanischen Republik wurden nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) seit Samstag 600 Menschen verletzt. Allein am Montag seien in der Wirtschaftsmetropole Abidjan 150 Menschen verwundet worden, teilte ein IKRK-Sprecher am Dienstag mit. Die Verletzten seien nicht ausschließlich Opfer französischer Soldaten, einige Schussverletzungen hätten sich Einheimische auch gegenseitig zugefügt. Zur Zahl der Toten wollte das IKRK zunächst keine Angaben machen.
Angespannte Situation
"Die Situation ist extrem angespannt und extrem schwierig", sagte Kim Gordon-Bates vom IKRK dem südafrikanischen Rundfunk. Die Leute in Abdijan seien "sehr, sehr aufgebracht" und schauten sich nach Zielen um, an denen sie ihren Ärger auslassen könnten. Leider hätten sie es dabei aufs Rote Kreuz abgesehen. Einzelheiten zu Zwischenfällen nannte er nicht. Es gebe noch immer Verwundete, und die Krankenhäuser gerieten zunehmend an die Grenzen ihrer Kapazität. Zwar gebe noch genug Medikamente, doch seien die Helfer vielfach an der Grenze ihrer Kräfte. Es sei angesichts der unsicheren Lage in der Stadt weiter sehr schwierig, sich frei in den Straßen zu bewegen. "Mobilität ist ein großes Problem", sagte Gordon-Bates. Größere Ausschreitungen habe es im Vorfeld von Mbekis Ankunft aber nicht gegeben.
Wegen der Kämpfe im Krisenstaat Cote d'Ivoire sind nach Einschätzung des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR bisher mindestens 1300 Menschen in den Nordosten Liberias geflüchtet. Dabei handle es sich vornehmlich um Frauen, Kinder und Ältere, sagte UNHCR-Sprecherin Jennifer Clark am Dienstag in Genf. Viele seien traumatisiert, aber sonst noch in guter Verfassung, und sie hätten auch einige Habseligkeiten mitgenommen.
Liberianische Flüchtlinge
Die Flüchtlinge würden in einem Lager im Grenzort Butuo untergebracht. Die Sprecherin verwies darauf, dass wiederum etwa 70.000 Flüchtlinge aus Liberia in Cote d'Ivoire Schutz gesucht hätten. "Viele von ihnen könnten nun versuchen zurückzugehen, sollte sich die Situation in Cote d'Ivoire verschlechtern", sagte Clark. In Liberia habe sich die Lage nach 14 Jahren Bürgerkrieg so weit verbessert, dass das UNHCR auch wieder Rückführungsfahrten organisiere.
Bei seiner Ankunft in Abidjan wurde Mbeki vom UNO-Sonderbeauftragten Albert Tévoedjré empfangen. Der südafrikanische Präsident war nach den Ausschreitungen gegen Ausländer und Kämpfen zwischen französischen Soldaten und Truppen der Regierung des Landes von der Afrikanischen Union (AU) beauftragt worden, eine politische Lösung der Krise zu suchen. Die Unruhen waren ausgebrochen, nachdem Regierungstruppen bei einem Angriff auf die Rebellenhochburg Bouaké mehrere französische UNO-Soldaten getötet hatten. Die Franzosen hatten daraufhin die ivorische Luftwaffe weitgehend zerstört. Die genaue Zahl der Toten ist nicht bekannt.
In einigen Vierteln von Abidjan begann sich die Lage am Dienstag zu normalisieren, in anderen Teilen der Stadt war die Situation weiterhin gespannt. Banken, Schulen und Verwaltungsgebäude blieben jedoch den zweiten Tag in Folge geschlossen. In der Nacht waren Patrouillen aus französischen und UNO-Soldaten sowie einheimischen Militärs in den Brennpunkten der Stadt Streife gegangen. In Cote d'Ivoire sind rund 6000 UNO-Soldaten stationiert. (APA/dpa)
Der Standard (online-Ausgabe), 9. November 2004
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