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Sieg unter Vorbehalt

El Salvador: Linke FMLN gewinnt Präsidentschaftswahl, muß sich aber in der zweiten Runde gegen die rechte Partei ARENA behaupten

Von Lena Kreymann *

In El Salvador ist die Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) am Sonntag als stärkste Kraft aus der Präsidentschaftswahl hervorgegangen. Da sie jedoch die Hürde von 50 Prozent der Stimmen knapp verpaßte, wird sie sich in einer Stichwahl gegenüber der zweitstärksten Kraft behaupten müssen, der rechten Republikanisch-Nationalistischen Allianz ARENA. Wie das Oberste Wahlgericht TSE nach der Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen mitteilte, gewann die FMLN 48,92 Prozent und lag damit zehn Punkte vor der ARENA, die 38,95 Prozent erreichte. Die drittstärkste Kraft stellt mit 11,44 Prozent das Bündnis »Unidad« um Expräsident Antonio Saca, das sich aus den drei konservativen Parteien Gana, PCN und PDC zusammensetzt. Zwei weitere Parteien erhielten wie erwartet weniger als ein Prozent der Stimmen.

Die Entscheidung zwischen der ARENA und der FMLN fällt nun am 9. März. Salvador Sánchez Céren, der Kandidat der Frente, ein früherer Guerillero und bisheriger Vizepräsident, zeigte sich in einer Ansprache nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse zuversichtlich: »Wir haben in der ersten Runde gesiegt, und wir sind sicher, daß wir mit einem Unterschied von mehr als zehn Prozentpunkten gewinnen werden.« Bei den Rundreisen im Wahlkampf habe er »die Freude und die Hoffnung gesehen, diesen Prozeß des Wandels fortzusetzen«.

Bei der Stichwahl kommt den Unidad-Wählern eine entscheidende Bedeutung zu. Sowohl ARENA als auch die FMLN werben deshalb bereits um deren Unterstützung. Dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur zufolge kündigte Cerén an, er wolle bei der zweiten Runde mit Saca und der Unidad zusammenarbeiten. »Meine Regierung wird alle Schichten einbeziehen, die sich entschieden haben, uns zu begleiten. Sie wird durch die Bevölkerung und für die Bevölkerung sein, das wird sich in der Zusammensetzung des Kabinetts widerspiegeln wie auch in unserer Politik.« Seine Unterstützer rief er dazu auf, neue Bündnisse zu schließen.

Nach Angaben der salvadorianischen Onlinezeitung El Faro hielt sich Saca mit definitiven Aussagen zur Unterstützung bei der Stichwahl zurück. »Darüber müssen die an der Unidad beteiligten Parteien entscheiden.«, sagte er bei einer Pressekonferenz am Sonntag. Zugleich erklärte jedoch einer der wichtigsten ihrer Politiker, der Abgeordnete Guillermo Gallegos, die Unidad bereits für tot: »Die Bewegung endet heute, und die Parteien Gana, PCN und PDC werden getrennt in den Wahlkampf für die Parlaments- und Kommunalwahlen 2015 gehen.«

Für die FMLN dürfte es schwierig werden, bei den Unidad-Wählern Zuspruch zu finden. Nach einer Umfrage, die die salvadorianische Zeitung El Mundo Anfang Dezember 2013 auf ihrer Interetseite veröffentlicht hatte, konnten sich zu diesem Zeitpunkt 23 Prozent der Unidad-Wähler vorstellen, ihre Stimme für ARENA abzugeben, nur neun Prozent tendierten zur FMLN. Die Anhängerschaft des Bündnisses neigt also deutlich der Rechten zu. Saca stammt schließlich selbst aus der Republikanisch-Nationalistischen Allianz, gewann mit ihr 2004 die Präsidentschaftswahlen und regierte bis 2009, als die ARENA nach vier Legislaturperioden die Regierung erstmals an die FMLN unter Mauricio Funes verlor. Im Zuge interner Streitigkeiten wurde Saca im Dezember 2009 aus der Partei ausgeschlossen.

Die Wahlen wurden von zahlreichen internationalen Beobachtern begleitet, darunter der 2012 aus dem Amt geputschte Expräsident von Paraguay, Fernando Lugo, sowie Manuel Zelaya, der 2009 als honduranischer Präsident durch einen Staatsstreich gestürzt worden war. Lugo bezeichnete die Wahl in El Salvador als »ruhig und diszipliniert«. »Die Säule, auf der die salvadorianische Demokratie ruht, sind die Friedensabkommen, die vor 22 Jahren unterzeichnet wurden, und das beweist, daß sich der demokratische Prozeß festigt«, sagte er. Damit bezog Lugo sich auf den Abschluß der Friedensverhandlungen zwischen Regierung und FMLN, durch die der seit 1980 dauernde bewaffnete Kampf beendet wurde. 1994 trat die FMLN erstmals als legale Partei zu Wahlen an. Cerén, der als Kommandant der Guerilla bereits an den Verhandlungen beteiligt war, ist im Gegensatz zum bisherigen Staatschef ein Vertreter des linken Flügels der FMLN und hatte bereits im Dezember erklärt, dem antiimperialistischen Staatenbündnis ALBA beitreten zu wollen. In ihrem Wahlprogramm kündigt die FMLN unter anderem an, Bildung und Forschung zu fördern, die medizinische Versorgung weiter zu verbessern, staatliche Bürokratie abzubauen und die Infrastruktur zu stärken.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 4, Februar 2014


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