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Täglicher Kampf am Fuße des Vulkans

Nicht nur die Maisentkörnungsmaschine gibt den Mitgliedern einer Kooperative in El Salvador Zuversicht

Von Willi Volks (INKOTA) *

Die Kooperative Brisas Libertarias in El Salvador hat 56 Mitglieder. Mit Unterstützung von INKOTA wird zum Beispiel durch Ausweitung der Cashew-Pflanzungen die Einkommensbasis verbreitert.

Der unbefestigte Weg zur Kooperative Brisas Libertarias scheint kein Ende zu nehmen. Schnurgerade führt er an weit auseinander stehenden Häusern vorbei, deren Armut selbst in einem Land wie El Salvador auffällt. Holz, Zinkblech und Plastikplanen sind die vorherrschenden Baumaterialien. Ein Leben darin möchte man sich weder in der Regenzeit noch bei der Hitze, die gerade herrscht, vorstellen. Schließlich hört der Weg doch noch auf, knickt in einem Winkel von 90 Grad ab und führt, langsam ansteigend, geradewegs auf den Vulkan von San Miguel zu. Genau in diesem Winkel befindet sich ein altes und etwas größeres Steinhaus. Hier treffen sich die Mitglieder der Kooperative, zu der sich 56 kleinbäuerliche Familien zusammengeschlossen haben. Einige von ihnen erwarten uns schon.

Als Adán Parada, der Vorsitzende der Kooperative, von den letzten Entwicklungen in der Gemeinde berichtet, fällt vor allem eins auf: Die ungeheure Energie, mit der diese gut organisierte Kooperative den täglichen Kampf gegen die Armut und die Unbilden der Natur am Fuße des Vulkans aufnimmt, gespeist von der Hoffnung auf ein besseres Leben.

»Wir verschmutzen unsere Umgebung nicht mehr«, mit diesen Worten kennzeichnet der Kooperativenvorsitzende eine der neuesten Errungenschaften in dem Projekt mit der INKOTA-Partnerorganisation OIKOS Solidaridad. Er meint den Bau von Latrinen. »Jede Familie hat jetzt eine eigene Latrine – und benutzt sie auch. Es war unser großer Wunsch, sie zu haben.« Dieser Hinweis ist wichtig, denn es hat einige ausländische Organisationen gegeben, die nicht schlecht staunten, als sie nach Naturkatastrophen gut gemeint nicht nur neue Häuser, sondern auch Latrinen bauten, die aber aus alter Gewohnheit nicht benutzt wurden. Die neuen Latrinen fallen schon deshalb auf, weil sie in den meisten Parzellen das schönste Gebäude sind. Sie sind deutlich besser gebaut als die ärmlichen Hütten, in denen die Kooperativenmitglieder leben.

Besonders den Kindern haben es die neuen Latrinen angetan. Bei einem Rundgang durch die Parzellen zeigen sie mir stolz den eingebauten Kindersitz der Toilette, der sich für sie herunterklappen lässt.

Der Stolz der Erwachsenen hingegen ist die neue Maisentkörnungsmaschine. Sie wird sogleich vorgeführt, entkörnt in kürzester Zeit eine große Menge Mais, macht einen höllischen Lärm und wirft in großem Bogen die Abfallprodukte aus. Letztere sind als zusätzliches Viehfutter sehr gefragt.

Der Service der Entkörnungsmaschine wird enorm nachgefragt, wie Manuel Alberto berichtet: »Jeden Morgen spanne ich die Ochsen vor die Maschine und fahre dann von Haus zu Haus. Dort warten vor allem die Frauen schon auf mich, um den Mais entkörnen zu lassen. Für wenig Geld ersparen sie sich viel Arbeit und Zeit, ich bekomme eine kleine Unterstützung und unsere Kooperativenkasse wird aufgefüllt.«

Für Adán Parada ist die Maschine ein deutliches Zeichen dafür, dass sich das Leben der Kooperativenmitglieder trotz aller Schwierigkeiten verbessert: »Früher waren wir ausschließlich damit befasst, unseren Kredit für die Cashewproduktion zurückzuzahlen und das Saatgut für die jährliche Aussaat zu beschaffen. Jetzt haben wir Einnahmen durch die Maisentkörnungsmaschine, eine neu gegründete Frauengruppe wird im Januar erstmals Papayas ernten und bald werden wir unsere Cashewkerne selbst schälen, rösten und vermarkten können.« Dabei weist er auf ein größeres im Bau befindliches Steingebäude hin, in dem die Cashewkerne schon bald weiterverarbeitet werden sollen. Für ihn ist der Bau ein weithin sichtbares Signal der Hoffnung und der Entwicklung.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 28. Dezember 2013


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