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Yasuni-Projekt in Gefahr

Ecuador: Correa-Kritik an zu starkem Einfluß internationaler Geberländer und ein Außenministerrücktritt

Von Oliver Hölcke, Quito *

Nach dem Rücktritt des ecuadorianischen Außenministers Fander Falconi zu Beginn der Woche hat sich erneut eine Diskus­sion um die von der Regierung Rafael Correa geplante Klimaschutzinitiative Yasuni-ITT entfacht. Falconi begründete seinen Schritt mit der zuletzt erheblichen Kritik des Präsidenten an den laufenden Verhandlungen über das Umweltprojekt.

Hinter dem ambitionierten Vorschlag steckt die Idee, daß Ecuador 20 Prozent seiner Erdölreserven unberührt läßt und dafür von der internationalen Gemeinschaft entschädigt wird. Konkret geht es um das noch unerschlossene sogenannte ITT-Feld im von der UNESCO zum Biosphärenreservat ernannten Nationalpark Yasuni im Amazonasbecken. Als Gegenleistung der Nichtförderung des Öls, soll die internationale Gemeinschaft dem ecuadorianischen Staat mindestens die Hälfte des potentiellen Gewinns als Kompensation erstatten. Ecuador würde demnach darauf verzichten, 13 Jahre lang täglich 107000 Barrel Öl aus einem Naturschutzgebiet zu fördern. Das Projekt könnte nach Regierungsangaben nicht nur die Artenvielfalt des ecuadorianischen Regenwaldes sichern, sondern der Welt 407 Millionen Tonnen CO2-Emission ersparen.

Die Beiträge sollen in einen Kapitalfonds fließen, der mit der Beteiligung der wichtigsten Geber treuhänderisch verwaltet wird und zur Ausweitung der Nutzung erneuerbarer Energien in Ecuador genutzt werden soll.

Und genau hier liegt der Stein des Anstoßes. In seiner samstäglichen Ansprache hatte Correa die potentiellen Geldgeber heftig kritisiert: »Wir haben es satt, wie eine Kolonie behandelt zu werden. Sie behandeln uns wie Minderwertige.« Dabei spielte er auf die Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat des Kapitalfonds an, die es seiner Meinung nach der Entwicklungsorganisation der UN (UNDP) und weiteren europäischen Geldgebern erlauben zu bestimmen, welche ecuadorianischen Projekte unterstützt werden sollen und welche nicht. »Wenn das so ist«, so die unmißverständliche Drohung, »dann sollen sie ihr Geld behalten, und ich werde im Juni anfangen, Öl zu fördern«. Sowohl der Leiter des Yasuni-Projektes, Roque Sevilla, als auch der Außenminister reichten daraufhin ihren Rücktritt ein.

Im Laufe der Woche hat Correa seine Position teilweise abgeschwächt. Nun spricht er davon, mit allen Mitteln zu versuchen, die Yasuni-Initiative zu einem Erfolg zu bringen. Allerdings nur, solange die Würde und Souveränität seines Landes unangetastet blieben. Er betonte, daß diese Position keine Reaktion auf den Einfluß internationaler Ölkonzerne sei, sondern nur der Interessenwahrung der ecuadorianischen Bevölkerung diene. Außerdem wiederholte er seine Abneigung gegen eine mögliche Einflußnahme der internationaler Geldgeber. Sollte es zu keinem Abkommen kommen, sei er gezwungen, das staatliche Unternehmen Petroamazonas mit der Ölförderung zu beauftragen.

* Aus: junge Welt, 16. Januar 2010


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