Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Rohstoff-Export und Sozialismus

Der Botschafter Ecuadors in Deutschland antwortet auf einen Artikel in der "jungen Welt" mit dem Titel "Export statt Sozialismus"


Am 5. Dezember veröffentlichte die "junge Welt" einen Artikel von Günter Pohl mit dem Titel: "Export statt Sozialismus". Darin setzt er sich mit der Wirtschafts- und Rohstoffpolitik der Regierung Ecuadors auseinander. Seine zentrale These lautet: Ecuadors Präsident Rafael Correa sei es bisher nicht gelungen, die Abhängigkeit des Landes von den Rohstoffverkäufen zu beenden. Kritik wird geübt an der widersprüchlichen Haltung der Regierung gegenüber dem Schutz der Umwelt und dem gleichzeitigen Abbau der Ölressourcen.

Wir haben den Beitrag von Günter Pohl auf unserer Website ebenfalls dokumentiert: "Export statt Sozialismus", wie wir zum Problem des "Extraktivismus" und der Nutzung heimischer Rohstoffe zum Wohl der indigenen Bewvölkerung zahlreiche Artikel auf der Ecuador-, der Bolivien- oder der Peru-Seite dokumentiert haben. Grundsätzlich argumentiert ein Beitrag von Peter Strutynski: Profitgesteuert: Klima- und Rohstoffkriege im 21. Jahrhundert. Dort heißt es in den abschließenden Thesen zum Thema Extraktivismus:

Extraktivismus und Landwirtschaft sind am meisten territorial fixiert und bieten damit den Ländern der Dritten Welt noch die besten Möglichkeiten, perspektivisch von ihren Reichtümern zu profitieren. Negativ wird dies bestätigt durch die aggressiven Versuche internationaler Agrarkonzerne, sich qua "Landgrabbing" Eigentumsrechte und damit künftige Profitquellen zu sichern. Diese Angriffe gilt es abzuwehren und zum eigenen Nutzen auf einen schonenderen Umgang mit den jeweiligen nationalen Ressourcen zu setzen. Nur so können die Früchte der extraktivistischen Industrie und Landwirtschaft den jeweiligen Gesellschaften auf längere Sicht zugute kommen. Ob dies gelingt - wie derzeit noch am ehesten in einigen Ländern Lateinamerikas -, wird allerdings abhängen von der Entwicklung der politischen Kräfteverhältnisse im globalen Maßstab, insbesondere von der Durchsetzung dessen, was Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts eine "gerechte Weltwirtschaftsordnung" genannt wurde.

Zum oben genannten Artikel von Günter Pohl hat sich vor wenigen Tagen die Botschaft Ecuadors in Deutschland geäußert. In einem zwei-seitigen Schreiben wird die Kritik an der Regierungspolitik scharf zurückgewiesen, insbesondere was die Abhängigkeitsthese betrifft. Die Richtigstellung von Botschafter Jurado zu dem Artikel in der Tageszeitung "Junge Welt" beginnt mit folgenden Feststellungen:

"... Bezüglich der vermeintlichen „Abhängigkeit von den Rohstoffverkäufen“ ist hervorzuheben, dass Erdöl gegenwärtig nur noch 16% des Gesamtvolumens des ecuadorianischen BIP darstellt. Diese Zahl zeigt, dass diese Behauptung Herrn Pohls nicht zutrifft, zudem steigt die Bedeutung des Steueraufkommens am Haushalt der Zentralregierung. Das Transfersystem ist in den letzten sechs Jahren ebenso bedeutend ausgebaut worden: Die Sozialausgaben sind von 4,8% des BIP (2006) auf 9,3% (2011) gestiegen. Die Progressivität der Steuern wurde entsprechend dem Verfassungsauftrag von 2008 erhöht und die Steuerquote ist stark gestiegen, sodass die Steuereinnahmen in den letzten sechs Jahren sich mehr als verdoppelt haben von 4,6 Mrd. (2006) auf 12,8 Mrd. US-Dollar (2013). Auch wurde die Kapitalausfuhrsteuer von 0,5% (2008) auf 5% (2012) erhöht. Die direkten Steuern sind im Verhältnis zu den indirekten ausgebaut worden (mittlerweile sind 45% direkte Steuern!). So wurde Steuergerechtigkeit erreicht. Im Sinne der Überwindung der Abhängigkeit von Rohstoffausfuhr ist so in den letzten Jahren der Anteil der Steuern am Haushalt sehr stark gestiegen. ..."

Die vollständige Replik der ecuadorianischen Botschaft ist hier herunterzuladen: (pdf-Datei)


Zurück zur Ecuador-Seite

Zur Rohstoff-/Ressourcen-Seite

Zurück zur Homepage