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Unstimmigkeiten bei der Energieumstellung

Costa Rica will ab 2021 klimaneutral wirtschaften / Rolle privater Investoren ungeklärt

Unstimmigkeiten bei der Energieumstellung Costa Rica will ab 2021 klimaneutral wirtschaften / Rolle privater Investoren ungeklärt Von Knut Henkel *

Ab 2021 will Costa Rica als erstes Land der Welt klimaneutral wirtschaften. Doch seit der Ankündigung 2007 durch den Ex-Präsidenten Oscar Arias läuft einiges schief. So ist erst kürzlich ein Schweröl-Kraftwerk ans Netz gegangen, monieren Kritiker.

Erst rückte das Costaricanische Institut für Elektrizität (ICE) mit der guten Nachricht heraus. 2011 werde das mittelamerikanische Land rund 30 Prozent der Ausgaben von 2010 für Schweröl einsparen. Das habe Costa Rica dem neuen Kraftwerk Garabito zu verdanken, das Anfang Juni mit 200 Megawatt ans Netz ging. Dann folgte die schlechte Nachricht. Bei der Installation neuer Kraftwerkskapazitäten komme es zu Verzögerungen, sodass es ab 2014 zu Energieengpässen kommen könne. »Ein Eingeständnis, das in den vergangenen Wochen für viel Gesprächsstoff gesorgt hat, denn seit 2007 haben wir in Costa Rica immer wieder Engpässe und der Ausbau der Kapazitäten kommt nicht wie gewünscht voran«, kritisiert Mario Alvarodo Mora, Direktor der Vereinigung der Energieproduzenten Costa Ricas (Acope). Erst vor wenigen Wochen musste ICE-Präsident Eduardo Doryan bekannt geben, man überlege bei der Fertigstellung des Wasserkraftwerks Reventazón an der Karibikküste des Landes, einen internationalen Partner ins Boot zu holen. Auch bei dem größten Wasserkraftprojekt des Landes, dem Stausee El Diquís, der im Süden entstehen soll, gibt es Unstimmigkeiten

Die Ingenieure des ICE haben nämlich nicht die Zustimmung der in der Region lebenden indigenen Völker der Térraba und China Kichá eingeholt, denen 900 der insgesamt 7000 Hektar Flächen gehören, die geflutet werden sollen. Das sei vorgeschrieben, bestätigt auch Rodolfo Stavenhagen, UN-Sonderberichterstatter für die Rechte indigener Völker. Die wehren sich gegen das 650 Megawatt-Projekt, das 2018 fertiggestellt werden soll.

Doch ohne das Projekt ist das Ziel, 2021 als erstes Land der Welt klimaneutral zu wirtschaften, kaum einzuhalten. Derzeit werden zwar bereits 93 Prozent der Versorgung aus regenerativen Energiequellen, vor allem aus Wasserkraft, Erdwärme und Wind, generiert, aber die Nachfrage wächst jährlich um sechs Prozent. »Bis 2021 wird sich der Bedarf von derzeit etwa 2500 Megawatt auf mindestens 4000 Megawatt verdoppeln. Diesen Herausforderungen ist das ICE kaum allein gewachsen«, urteilt Mario Alvarado.

Dabei stehen die privaten Investoren Schlange, das Potenzial ist vorhanden. »Doch die Kooperation gestaltet sich immer wieder sehr kompliziert«, kritisiert Windparkbetreiber Salomón Lechtman von EcoEnergía. Seit Monaten hat Lechtman alle Papiere beisammen, um seinen bestehenden Windpark um neun Megawatt zu erweitern. Doch bisher fehlt ein konkretes Angebot vom staatlichen ICE und der Regulierungsbehörde, zu welchem Preis der Strom angekauft werden soll. Dabei könnten konkrete Angebote den drohenden Energieengpass gerade noch abwenden, argumentiert Mario Alvarado Mora. »Doch dazu müsste die Rolle der Privaten klarer definiert werden, denn sonst wandern sie nach Honduras oder Nicaragua ab, wo die Perspektiven besser sind«.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Juli 2011


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