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"Dialog", zweiter Teil

Riesige US-Delegation präsentierte in Peking einen »langen Wunschzettel«

Von Knut Mellenthin *

Die USA und China sind bemüht, ihre Beziehungen zueinander als partnerschaftlich, eng und vielversprechend erscheinen zu lassen. Das war das wesentliche Fazit des sogenannten Strategischen und Wirtschaftlichen Dialogs, der am Montag und Dienstag in Peking stattfand. Es war das zweite Treffen dieser Art, das zu einer regelmäßigen Institution werden soll. Erstmals hatte der »Dialog« im Juli vorigen Jahres in Washington stattgefunden.

Wie damals die Chinesen, so waren jetzt die US-Amerikaner mit einer riesigen Delegation angereist. Beteiligt waren rund 200 Personen aus Politik, Wirtschaft und Militär, darunter Repräsentanten der meisten US-Ministerien. Geleitet wurde die US-Delegation von Außenministerin Hillary Clinton und Finanzminister Timothy Geithner. Zur Abordnung gehörten auch Handelsminister Gary Locke, Notenbankchef Ben Bernanke und der Chef des Kommando­bereichs Pazifik der US-Streitkräfte, Admiral Robert Willard.

Die Gäste aus Washington waren, wie es hieß, mit einem »langen Wunschzettel« nach Peking gekommen. Abgesehen von der Kampagne gegen Iran und dem plötzlich heiß gewordenen Thema Korea standen vor allem Wirtschaft und Handel auf dem Programm. Clinton umriß die Interessen der US-Kapitalisten unter anderem mit den Stichworten »freier und offener Wettbewerb«, »fairer Zugang zu den Märkten«, »größere Transparenz der Regeln« und »stärkere Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum«. Der Wunsch der USA nach einer Aufwertung der chinesischen Währung war schon im Vorfeld des Treffens hinter die Kulissen verbannt worden. Die häufig arrogant und trampelig auftretende US-Regierung fügt sich in diesem Fall offenbar der Einsicht, daß mit den üblichen Druckmethoden in Peking nichts zu erreichen ist. Die chinesische Formel lautet, man werde den Wechselkurs »nach den Grundsätzen der unabhängigen Entscheidung, der Kontrollierbarkeit und des schrittweisen Fortschritts« entwickeln.

Auf chinesischer Seite stand der Wunsch nach einem Abbau der US-amerikanischen Beschränkungen für Hochtechnologieexporte nach China und nach größerer Offenheit für chinesische Investitionen in den USA im Vordergrund. Mehrere Versuche Pekings, amerikanische Unternehmen zu kaufen, wurden durch Interventionen der US-Regierung und des Kongresses verhindert.

Vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet ist das Verhältnis zwischen China und den USA eine Erfolgsgeschichte. So ist das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten heute 120mal so groß wie 1979, als sie diplomatische Beziehungen aufnahmen. Trotz der Klagen amerikanischer Politiker, Medien, Unternehmer und Gewerkschaften über das »Ungleichgewicht« im Handel ist die Bilanz auch auf diesem Gebiet vorzeigbar: Die US-Exporte nach China haben im Zeitraum Januar bis März um fast 50 Prozent gegenüber dem ersten Vierteljahr 2009 zugelegt, während sie in den Rest der Welt nur um 20 Prozent stiegen.

Die militärischen Verbindungen zwischen beiden Ländern hielten mit ihrer sonstigen Zusammenarbeit nicht Schritt, klagte Admiral Willard in Peking. Dafür seien allein die USA verantwortlich, erwiderte Ma Xiaotian, stellvertretender Generalstabschef der chinesischen Streitkräfte. Er verwies auf die Waffenverkäufe nach Taiwan, auf das häufige Eindringen US-amerikanischer Kriegsschiffe und Flugzeuge in die von China beanspruchte 200-Meilen-Zone und auf Beschränkungen durch US-amerikanische Gesetze.

* Aus: junge Welt, 27. Mai 2010


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