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Russland und China auf Tuchfühlung

Staatsbesuch von Präsident Hu Jintao gab Ausbau der Zusammenarbeit neue Impulse

Von Anna Guhl, Peking *

Drei Tage weilte Chinas Staatspräsident Hu Jintao in Moskau. Anlass seines Besuchs waren die Feierlichkeiten zu Beginn des »China-Jahres« in Russland. Doch viel mehr ging es Hu auch bei seinem dritten Staatsbesuch in Russland nach Amtsantritt 2003 um handfeste ökonomische Ergebnisse.

Zwar hat der Handelsumsatz beider Länder in den letzten Jahren kräftig zugelegt, China konnte seinen Export nach Russland um gut 14 Prozent steigern. Doch mit einem Volumen von 33,5 Milliarden Dollar – 2 Prozent des chinesischen Außenhandels – bleibt er weiter hinter den Erwartungen in Peking zurück. Bis 2010 wollen beide Regierungen den Umsatz auf mindestens 60 Milliarden Dollar anheben. Die chinesischen Medien verweisen insbesondere auf hohe Erwartungen an russische Erdöl- und Rohstofflieferungen. Auch Regierungssprecher Qin Gang bezeichnete die Energiekooperationen als überaus bedeutend. Ginge es nach den Vorstellungen Pekings, sollten ab 2010 mindestens 25 bis 30 Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr nach China fließen. Im letzten Jahr waren es gerade einmal 10 Millionen Tonnen, die Russland nach China lieferte.

Hus Besuch in der ölreichen Region Tatarstan sollte deshalb Chinas Anliegen noch einmal unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Peking hatte sich von der Mitte der 90er Jahre verkündeten »strategischen Partnerschaft« mit Russland beste Bedingungen nicht allein für den Bezug von Energierohstoffen, sondern auch für den Absatz chinesischer Produkte versprochen. Doch in beiden Bereichen kam man trotz häufiger Spitzentreffen nicht wie gewünscht voran. Auch wenn in Peking ganze Warenmärkte allein russischen Großhändlern vorbehalten sind, die dort auch kräftig zulangen, beklagt sich die Presse immer wieder, dass chinesische Waren bei der russischen Bevölkerung als Produkte minderer Qualität verrufen sind, die sich gegen zahlreiche Vorbehalte und Restriktionen durchsetzen müssen. Immer wieder seien chinesische Händler in Moskau Ziel von Razzien der Polizei und würden zu Unrecht angegriffen werden.

Das China-Bild der meisten Russen, so die chinesischen Medien, soll sich seit den 50er Jahren nur wenig geändert haben. Viele Russen würden China immer noch mit Fahrrädern auf den Straßen und blauer Einheitskleidung verbinden. Nach einem Bericht des außenpolitischen Parteiblatts »Global Times« tragen auch die russischen Medien wenig zur Verbesserung des chinesischen Rufs in Russland bei. Ganz im Stil westlicher Berichterstattung würden sie mehr über die Gefahren und Risiken des rasanten chinesischen Aufschwungs informieren als dem russischen Bürger das »moderne und offene China« mit seinen Chancen auch für die russische Wirtschaft nahebringen.

Auf regionaler und internationaler Ebene aber arbeiten die Führungen in Peking und Moskau immer enger zusammen. Bei der Beilegung internationaler Konflikte suchen sie diplomatische Nähe, um ein gewisses Gegengewicht zu den USA und Europa zu schaffen, sei es in Sachen Iran, Sudan oder KDVR. Beide Staaten halten konsequent an den Prinzipien der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten und der Unabhängigkeit im außenpolitischen Vorgehen fest und finden auf diese Weise immer mehr Zuspruch in der Dritten Welt.

Die 2001 geschaffene Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) ist für sie ein wichtiges regionales Forum. Durch gemeinsame Manöver und sicherheitspolitische Aktionen sowie verstärkte ökonomische Kooperationen wollen sie die SCO zu einem diplomatischen Instrument multilateraler Zusammenarbeit ausbauen.

China und Russland sind sich einig, dass sie in Zentralasien und angrenzenden Regionen dafür strategisch weder die US-amerikanische noch die europäische Beteiligung brauchen.

* Aus: Neues Deutschland, 29. März 2007


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