Chinas Erfolge seit Deng
30 Jahre Politik der Reformen und der Öffnung nach außen. Plenum des ZK der KP reagiert auf Finanz- und Wirtschaftskrise
Von Rolf Berthold *
Nach langen und harten Auseinandersetzungen hatte Ende Dezember 1978 die
3. Tagung des XI. Zentralkomitees der KP Chinas einen grundsätzlichen
Beschluß über den weiteren Weg der gesellschaftlichen Entwicklung in
China gefaßt. Die Formel »Reformen und Öffnung nach außen« beinhaltet
vor allem Konzentration auf die Entwicklung der sozialistischen
Produktivkräfte, allseitige Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft
unter strikter Beachtung der konkreten Lage in China, Festhalten am
sozialistischen Weg, am sozialistischen Staat, der führenden Rolle der
Kommunistischen Partei sowie am Marxismus-Leninismus, den Mao-Ideen und
der Theorie Deng Xiaopings als strategischer Leitideologie. Architekt
dieser Politik ist Deng Xiaoping, der den Weg des Sozialismus
chinesischer Prägung öffnete. Auf dem XVII. Parteitag 2007 wurde dieser
Weg als wissenschaftlicher Sozialismus unter strikter Beachtung der
Konkreten Lage Chinas charakterisiert.
Rasante Entwicklung
Ende Oktober 2008 veröffentlichte das Amt für Statistik der VR China
einige Zahlen, die die erfolgreiche Entwicklung der dreißig Jahre seit
der zu Recht als Wende bezeichneten Beschlüsse von 1978 dokumentieren.
Während das Bruttoinlandsprodukt in der Zeit von 1953 bis 1978 im
Jahresdurchschnitt um lediglich 6,1 Prozent stieg, erhöhte es sich im
Zeitraum 1979 bis 2007 um 9,8 Prozent im Jahresdurchschnitt. Allein der
Zuwachs des BIP 2007 betrug das Zehnfache des gesamten BIP 1978. 2007
stand China hinsichtlich der Wirtschaftsleistung auf dem vierten Platz
in der Welt (das waren 23,7 Prozent der Wirtschaftsleistung der USA,
74,9 Prozent der Japans und 99,5 Prozent der der BRD). Der Anteil Chinas
an der Weltwirtschaftsleistung stieg von 1,8 1978 auf sechs Prozent 2007.
Das Nationaleinkommen pro Kopf wuchs von umgerechnet 190 US-Dollar 1978
auf 2360 Dollar 2007. In diesem Zeitraum stiegen die Finanzeinnahmen des
Staates von 113,2 Milliarden Yuan auf 5132,2 Milliarden – ein
durchschnittliches Wachstum von 14,1 Prozent pro Jahr. Die
Devisenreserven erhöhten sich von 167 Millionen Dollar (pro Einwohner
0,17 Dollar) auf 1 528,2 Milliarden und sind damit die größten aller Länder.
Angesichts der gegenwärtigen internationalen Finanz- und
Wirtschaftskrise hat die chinesische Regierung bereits im November 2008
Maßnahmen zur Anpassung der Wirtschafts- und Finanzpolitik ergriffen.
Das beinhaltet erhöhte Investitionen des Staates und Steuersenkungen.
Für die nächsten zwei Jahre werden zwei Billionen Yuan für Investitionen
in kommunale Projekte, die Infrastruktur, Umweltprojekte und den
Wiederaufbau nach dem Erdbeben im Mai dieses Jahres sowie für die
Verbesserung der Situation von Menschen mit niedrigem Einkommen
bereitgestellt. Die makroökonomische Steuerung der Wirtschaft durch den
Staat zielt insbesondere auf die Erhöhung der Inlandsnachfrage.
Auf einer zentralen Wirtschaftskonferenz am 10. und 11. Dezember 2008
wurden Details dazu bekannt: Es soll in soziale Einrichtungen und in
Projekte investiert werden, die die Lebensumstände der Menschen in den
ländlichen Gebieten (370 Millionen Yuan) und die Wohnverhältnisse von
Menschen mit geringem Einkommen in den Städten (280 Millionen Yuan)
verbessern. In das Bildungswesen werden 40 Millionen, den Umweltschutz
350 Millionen Yuan investiert. Für den Ausbau des Straßennetzes und der
Flughäfen werden 1,8 Billionen Yuan und für das Erdbebengebiet eine
Billion Yuan bereitgestellt. 160 Millionen stehen für Projekte zur
technischen Erneuerung und Erfindungen zur Verfügung (100 Euro
entsprechen nach aktuellem Kurs etwa 921 Yuan).
Miserable Energiebilanz
Auf der Tagung wurde festgestellt, daß die rasante Entwicklung in den
letzten 30 Jahren auch zu hohem Material- und Energieverbrauch und
starker Umweltbelastung führte. Der Energieverbrauch pro Einheit
Bruttoinlandsprodukt beträgt in China gegenwärtig noch das Doppelte
desjenigen der USA, das Vierfache der EU-Staaten und das Achtfache von
Japan. Es wurde darauf orientiert, jetzt das bisher erfolgreiche
Entwicklungsmodell zu verändern. Dies müsse auf einer wissenschaftlichen
Entwicklungskonzeption, die auf dem XVII. Parteitag der KP Chinas
(Oktober 2007) eine große Rolle spielte, beruhen. Es müsse den Menschen
in den Mittelpunkt stellen, eine umfassende, koordinierte und
nachhaltige Entwicklung sichern, so das Plenum. Das neue Modell zielt
auf die Erhöhung der wirtschaftlichen Effizienz, die Erhöhung des
Lebensstandards der Menschen und den Umweltschutz. Orientiert wird auf
Ressourcenschonung, eigene Innovation und nicht nur Anwendung schon
vorhandener Technik. Vorrangig soll die Inlandsnachfrage erhöht werden,
vor allem durch die Förderung des Konsums der Bürger. Statt auf
Kapitalausfuhr soll auf zunehmende Kapitaleinfuhr orientiert werden.
In einer Analyse der Akademie für Gesellschaftswissenschaften von Anfang
Dezember 2008 wird in diesem Jahr eine geringfügige Absenkung der
Wachstumsrate erwartet, es wird mit einem Zuwachs von etwa 9,8 Prozent
gegenüber 2007 gerechnet.
* Aus: junge Welt, 22. Dezember 2008
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