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Verletzlicher Friede

Nach Mordorgie an Tutsi normalisiert sich das Leben in Burundi

Von Roswitha Reich, Johannesburg *

In Südafrika feiert man den Frieden in Burundi, und Präsident Thabo Mbeki heftete Präsident Pierre Nkurunziza eine Medaille an die Brust. Nkurunziza war dafür am Wochenende extra aus Burundi nach Pretoria eingeflogen. Südafrika hat allen Grund zu feiern, denn endlich hat auch die letzte der etwa 20 burundischen Rebellengruppen die Waffen niedergelegt. Mit Hilfe Südafrikas. Schon Präsident Nelson Mandela versuchte sich als Mediator der verfeindeten Hutu und Tutsi nach der schrecklichen Mordorgie der Hutus an ihren Landsleuten in Burundi und Ruanda 1993, wo in wenigen Wochen 300.000 Tutsis abgeschlachtet wurden. Der Erfolg kam in sehr kleinen Schritten.

Damit die Bemühungen von allen ernst genommen wurden, half Südafrika dem Frieden mit einer Schutztruppe für die neue Regierung nach, zu der auch andere afrikanische Staaten Kontingente beisteuerten. Natürlich ist auch viel Geld geflossen, wobei Südafrika Fürsprecher bei allen internationalen Geldgebern wurde. Die Soldaten sind immer noch da und werden angesichts der bevorstehenden Wahlen in der DR Kongo, dem Nachbarland Burundis, wohl auch noch eine Weile bleiben.

Flüchtlinge kehren heim

Der 42jährige Pierre Nkurunziza, ein ehemaliger Universitätsdozent, der einst die größte Hutu-Rebellengruppe Forces for the Defence of Democracy (Kräfte für die Verteidigung der Demokratie) führte, ist seit seiner Wahl im August 2005 ein für alle akzeptabler Politiker geworden. Er hält die festgelegten Zusagen gegenüber den Tutsis ein (15 Prozent der Bevölkerung) und seine Regierung hat es geschafft, auch die letzten aggressiven Rebellen einzubeziehen. Diese nennen sich FNL oder Pelepehutu und hatten 1.500 bis 3.000 Guerillas unter Waffen.

Für den Frieden in Burundi scheint sich der Verhandlungsmarathon ausgezahlt zu haben. Es gibt Waffenstillstand, und die FNL will nun endlich ihre Männer demobilisieren und in die neue Nationalarmee eingliedern. Sie will eine politische Partei bilden, die auch an der Regierungsbildung teilnehmen kann. Allen Mitgliedern der FNL wird Amnestie gewährt, und alle sind aufgefordert, nach Hause zurückzukehren.

In Burundi beginnt sich das Leben zu normalisieren. Angesichts der Hunderttausenden ermordeten Tutsis wird das ein langwieriger Prozeß. Der Frieden wird sich nur mit Hilfe der afrikanischen Nachbarländer sichern lassen, die Abtrünnige nicht mehr unterstützen und keine terroristischen Gruppen auf ihrem Territorium dulden.

Über 400.000 Flüchtlinge aus Lagern in Tansania sind wieder nach Hause zurückgekehrt. Internationale Hilfsorganisationen geben Unterstützung beim Aufbau ihrer zerstörten Behausungen und liefern Saatgut und landwirtschaftliches Gerät, damit die Felder wieder bestellt werden können. Wirtschaftshilfe für die Regierung soll folgen, ganz sicher auch aus Südafrika, denn nur wenn es im Lande auch einen sichtbaren wirtschaftlichen Aufschwung gibt, wird Versöhnung und Vergebung zwischen die Bevölkerungsgruppen zu erreichen sein.

Leben in Armut

Burundi ist ein sehr armes Land. 95 Prozent der 7,3-Millionen-Bevölkerung leben in absoluter Armut von etwa umgerechnet ein US-Dollar täglich. Die Lebenserwartung bei Männern beträgt 40 Jahre, die bei Frauen 41 Jahre. Die Landwirtschaft dominiert. Exportiert werden Kaffee (wichtigstes Exportgut), Tee, Baumwolle, Reis, Palmöl und Gemüse. Es gibt zwar Bodenschätze, wie Zinn, Platin, Nickel und Vanadium, aber angesichts des Krieges hielten sich die Investitionen in Grenzen. Trotzdem ist eine kleine Schicht aus beiden Volksgruppen durch den Krieg reich geworden, denn der Binnenhafen der Hauptstadt Bujumbura am Tanganjikasee ist einer der wichtigsten Umschlagplätze für Rohstoffe aus der ganzen Region, u. a. für Gold, Diamanten und Coltan aus der benachbarten DR Kongo. Auch vor diesem Hintergrund ist der Friedensprozeß ein verletzliches Unterfangen.

* Aus: junge Welt, 27.06.2006


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