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Frage der Bedingungen

Gentechnik: Burkina Faso zeigt, daß Zusammenarbeit mit Multis wie Monsanto möglich ist, ohne den eigenen Entwicklungsplan preisgeben zu müssen

Von Marianna Schauzu *

Meine Farm dient als ›Klassenzimmer‹ für die vielen in unserem Land, die wie der ›ungläubige Thomas‹ zweifeln«, sagt Karim Ouédraogo. Ihm fällt es nicht schwer, anderen Baumwollbauern seine Erfahrungen zu vermitteln. Ouédraogo ist Vorsitzender einer Provinzsektion der genossenschaftlichen Union der Baumwollbauern in Burkina Faso mit 325000 Mitgliedern. Die meisten von ihnen bewirtschaften weniger als zehn Hektar Ackerland. Karim Ouédraogo gehörte zu den ersten, die 2008 mit dem kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle auf Grundlage eines Kooperationsvertrages mit dem Multi Monsanto begannen. Und er ist mit dem Ergebnis zufrieden. Im Vergleich zur konventionellen Baumwolle stieg der Ertrag um 30 Prozent. Zudem konnten die bisher üblichen acht und mehr Insektizidbehandlungen auf zwei reduziert und damit Kosten gespart werden. Nun gibt er diese Erfahrung weiter. Gentechnikkritiker, die in einer Kooperation mit dem weltgrößten Hersteller von verändertem Saatgut einen Pakt mit dem Teufel sehen, kann er nicht verstehen.

Vorbild Indien

Auch für Karim Traoré gibt es keine Alternativen zur Zusammenarbeit des Landes mit dem Gentechnikriesen. Der Wissenschaftler vom nationalen Umwelt- und Agrarforschungsinstitut INERA informierte die aus Subsahara-Staaten Afrikas zusammengekommenen Teilnehmer eines Workshops im Dezember über die Ausgangslage: 85 Prozent der Bevölkerung des in der Sahelzone gelegenen Burkina Faso sind in der Landwirtschaft tätig. Der Export von Baumwolle stellt mit 60 Prozent die wichtigste Einnahmequelle des Landes dar. Aber Trockenheit, nährstoffarme Böden, Insektenplagen, ungenügende Infrastruktur und Finanzierung stellen die Baumwollproduktion vor erhebliche Probleme. So gab es in den 1990er Jahren Ernteausfälle von 50 bis 70 Prozent. Ursache dafür war vor allem das Versagen der Insektenbekämpfung durch zunehmende Resistenz der Pflanzen gegen die bis dahin hauptsächlich eingesetzten Pyrethroide.

In dieser Situation entschloß sich die Regierung Burkina Fasos, dem Beispiel Indiens und Chinas zu folgen. Beide Länder hatten bereits gute Erfahrungen mit dem Anbau der von Monsanto entwickelten gentechnisch veränderten Baumwolle gemacht. Diese bildet aufgrund der Übertragung der aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis stammenden Bt-Gene zwei Toxine, die die Pflanzen resistent machen gegen bestimmte Insektenarten, darunter der Baumwollkapselwurm und der afrikanische Baumwollwurm.

Im Rahmen eines Regierungsprogramms wurde INERA 2003 beauftragt, erste Freisetzungsversuche mit Bt-Baumwollpflanzen aus den USA durchzuführen. Begleitet wurden diese von umfangreichen Studien zur Wirksamkeit des BT-Toxins, Ertrag und Qualität der gewonnenen Baumwolle sowie zu möglichen Auswirkungen auf nützliche und schützenswerte Organismen. 2007 nahmen erstmals 20 Bauern am Erprobungsanbau auf insgesamt 20 Hektar teil. Im Jahr darauf wurden die beiden erfolgreichsten Sorten für die kommerzielle Saatgutproduktion durch lokale Hersteller zugelassen. 2009 wuchs Bt-Baumwolle bereits auf 200000 Hektar, 2010 wurde sie auf 80 Prozent der Baumwollfelder angebaut.

Die Regierung knüpfte die Zusammenarbeit mit Monsanto jedoch an einige Bedingungen: Als Miteigentümerin der auf der Basis der Genkonstrukte vom Gentechnikmulti entwickelten lokalen Bt-Baumwollsorten kann die Regierung über deren Einsatz verfügen. Vertraglich vereinbart wurde zudem, daß zwei Drittel der Gewinne bei den Baumwollproduzenten verbleiben. Das restliche Drittel wird zwischen Monsanto und den lokalen Saatgutfirmen aufgeteilt. Trotz dieser Regulierungen Karim Traoré von INERA noch Verbesserungsbedarf: Die Verhandlungsmacht des Landes gegenüber Weltkonzernen wie Monsanto sei immer noch zu schwach, um günstige Preise für die Bauern erreichen zu können.

Entwicklungsschub erhofft

Burkina Faso, das »Land der ehrenwerten Menschen«, wie das ehemalige Obervolta kurz nach dem revolutionären Umsturz von Thomas Sankara (Präsident bis zu seiner Ermordung 1987) im Jahr 1983 benannt wurde, hat seitdem eine interessante Entwicklung durchlaufen. Die Verstaatlichung von Grund und Boden zielte auf die Herstellung landwirtschaftlicher Selbstversorgung. Das ist mehr oder weniger auch gelungen. Burkina Faso ist darüber hinaus nach Ägypten zum größten Baumwollproduzenten Afrikas geworden. Vom Einsatz der Bt-Baumwolle wird nun ein Entwicklungsschub im bislang von der Subsistenzwirtschaft dominierten Agrarsektor erhofft. Das Beispiel Indiens zeigt, daß diese Erwartung nicht unrealistisch ist. In einer von 2002 bis 2009 überwiegend auf Kleinbauernhöfen Indiens mit weniger als drei Hektar Anbaufläche durchgeführten repräsentativen Studie wurde ermittelt, daß der Insektizideinsatz um 41 Prozent reduziert werden konnte und die Erträge um 37 Prozent angestiegen sind. Ähnliche Daten sind aus China bekannt. Ein vergleichbares Ergebnis in Burkina Faso würde demnach die Kaufkraft der vielen Kleinbauern erhöhen und damit die Entwicklung von Handel und Industrie befördern.

Durch Einführung der Gentechnik in Kooperation mit dem auf diesem Gebiet führenden Konzern Monsanto wird das vorhandene Wissen um diese Technologie genutzt. Ihre vorgesehene Weiterentwicklung im Land kann daher als Fortführung des von Sankara propagierten Kampfes gegen die Armut angesehen werden. Auf der Agenda steht dabei die Anwendung gentechnischer Verfahren zur Entwicklung von Nutzpflanzen, die an lokale Bedürfnisse und Umweltbedingungen angepaßt sind.

Das Beispiel Burkina Fasos zeigt, daß eine Zusammenarbeit mit multinationalen Konzernen wie Monsanto möglich ist, ohne den eigenen Entwicklungsplan preisgeben zu müssen, und daß ein »Pakt mit dem Teufel« nicht unbedingt mit dem »Verkauf der Seele« bezahlt werden muß.

* Aus: junge Welt, 13. Januar 2011

Lesen Sie auch die Replik auf diesen Artikel:

Kein Hohelied
Zum Einsatz der Genbaumwolle von Monsanto in Burkina Faso gibt es Alternativen. Sie müssen nur politisch gewollt sein. Ein Replik auf Marianne Schauzu (21. Januar 2011)




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