Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Regierung Morales gewinnt an Zuspruch

Nach Referendum in Bolivien: Mehr Zustimmung für sozialistische Staatsführung. Neuwahl in zwei Regionen

Von Benjamin Beutler *

Rund 2,1 Millionen Stimmen für Boliviens Präsidenten Evo Morales und eine Million gegen seine Politik des Wandels -- das ist das Ergebnis des Amtsenthebungsreferendums am 10. August in Bolivien. Eine Woche nach der Abstimmung hat das Nationale Wahlgericht am Freitag das Endergebnis bekanntgegeben. Präsident Morales konnte seinen Wahlsieg auf 67,41 Prozent ausbauen, eine satte Zweidrittelmehrheit. Im Vergleich zur Präsidentschaftswahl 2005 (54 Prozent) gewann er im ganzen Land an Popularität. Allein im ländlichen Departement Beni (44 Prozent) und in Santa Cruz (39 Prozent) sprach sich eine Mehrheit gegen Morales und seine Bewegung zum Sozialismus (MAS) aus. Im oppositionell regierten Tarija verpaßte er den Sieg um nur 457 Stimmen. Ansonsten stechen die Erfolge hervor: in La Paz (83 Prozent), Cochabamba (70 Prozent), Oruro (83 Prozent), Potosi (84 Prozent) und Pando (52 Prozent). Besonders der Sieg in Pando ist beachtlich, weil die Führung des Departements Teil des »Nationalen Demokratischen Rates« (CONALDE) ist, mit dem die regierungsfeindlichen Präfekten eine Art Gegenregierung bilden wollen. Nach dem Referendum bleiben nun alle Präfekten in ihren Ämtern, allein in La Paz und Cochabamba muß neu gewählt werden.

Den hohen Rückhalt in der Bevölkerung will die MAS jetzt für ihre »demokratisch-kulturelle Revolution« nutzen. Die Blockadepolitik der Opposition soll weiterhin an den Wahlurnen gebrochen werden. Geplant sind vier Voten in einem: Neuwahl der abgewählten Präfekten, Bestimmung neuer regionaler Parlamente, Referendum eine Obergrenze für Landbesitz sowie Ratifizierung der 2007 verabschiedeten Konstitution.

Präsident Morales hatte die sichtlich angeschlagene Opposition zuvor vergeblich zum »bedingungslosen Dialog« aufgerufen. Mitte der Woche reisten acht Präfekten nach La Paz. In einer vorab einberufenen CONALDE-Sitzung schwor der Vorsitzende des »Bürgerkomitee Pro Santa Cruz«, Branko Marinkovich, die Teilnehmer auf die Blockadestrategie ein. Marinkovich bestand weiter auf die volle Auszahlung der »Steuer für fossile Brennstoffe« (IDH) an die Regionen. Diese Abgabe wird von der Nationalregierung einbehalten, um soziale Leistungen auf Landesebene zu finanzieren. Auch die neue Verfassung wird von den Rechten abgelehnt. Marinkovichs Gesinnungsfreund Rubén Costas, Gouverneur von Santa Cruz, hatte bereits am Wahlabend in aggressiver Rhetorik die neue Konstitution abgelehnt. Aus »gesundheitlichen Gründen« fuhr er dann als einziger Oppositionsvertreter nicht zu den Gesprächen nach La Paz. Sein vor Beginn des Referendums begonnener Hungerstreik gegen die Energiesteuer sei wichtiger, hieß es aus Costas Büro.

»Die Opposition ist in ihrem Versuch gescheitert, Bolivien zu spalten. Die Mehrheit unterstützt den Präsidenten und seine Politik«, sagte Boliviens Vizepräsident Álvaro García Linera. Präsident Morales erklärte in Paraguays Hauptstadt Asunción, wo er an dem Festakt zur Vereidigung seines neuen Amtskollegen Fernando Lugo teilnahm: »Je mehr einige Gruppen Privilegien und Macht verlieren, um so gewalttätiger und radikaler gehen sie gegen den Wandel in Bolivien vor.« Man ließe sich dadurch aber nicht einschüchtern.

* Aus: junge Welt, 18. August 2008


Zurück zur Bolivien-Seite

Zurück zur Homepage