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Konto mit Fragezeichen

Bangladesch: Korruptionsvorwürfe gegen Sohn der Exregierungschefin Khaleda Zia

Von Thomas Berger, Dhaka *

In Bangladesch wird derzeit auf der Grundlage des Antigeldwäschegesetzes eine aufsehenerregende Anklage vorbereitet. Im Visier steht dabei der jüngere Sohn der heutigen Oppositionsführerin Begum Khaleda Zia. Arafat Rahman, genannt Coco, wurde schon länger der Korruption in der Zeit verdächtigt, als die rechtskonservative Bangladesh Nationalist Party (BNP) seiner Mutter regierte und diese selbst Premierministerin war. Jetzt scheinen die Ermittler der unter der vom Militär getragenen Übergangsregierung eingesetzten Antikorruptionskommission (ACC) genügend stichhaltige Beweise zusammengetragen zu haben, um den Geschäftsmann vor Gericht zu bringen.

Vor allem in Singapur recherchierte das ACC-Team, denn über die United Overseas Bank (UOB) im Stadtstaat, einem der wichtigen Finanzplätze der Welt, sind die dunklen Machenschaften gelaufen. Genauer gesagt über ein Konto, das die Firma ZASZ Trading and Consulting Pte. Ltd. im Jahr 2004 eröffnete. Zeichnungsberechtigter, entweder allein oder im Verbund, soll Arafat Rahman gewesen sein, ohne dessen Unterschrift somit keine Transaktionen hätten vorgenommen werden können. Daß es sich nicht um eine Verwechslung handelt, wurde von den Ermittlern durch Abgleich mit Rahmans Paß zweifelsfrei festgestellt, heißt es im jetzt vorgelegten ACC-Bericht.

Es ist ein Konto mit Fragezeichen, denn die Geldsummen, die im Kalenderjahr 2005 dort eingingen, stammen offenbar aus Schmiergeldzahlungen an Arafat Rahman, der in Abständen immer wieder per Scheck Beträge abhob. Als markanter Zahlungseingang sind 180000 US-Dollar vermerkt, die dem Bericht zufolge am 6. Oktober 2005 überwiesen wurden und von einem gewissen Zulfikar Ali stammen. Bei diesem handelt es sich, wie das ACC-Team herausfand, um den lokalen Berater des deutschen Siemens-Konzerns. Doch nicht nur dieser hat sich den Zuschlag bei der Ausschreibung für ein Mobilfunksystem im Jahr 2002 einiges extra kosten lassen, zitieren Zeitungen wie Daily Star und The Independent.

Denn die weitaus größere Summe, in zwei Teilbeträgen eingegangen, stammt von der China Harbour Engineering Company Ltd. Auf rund 920000 Singapur-Dollar (547000 US-Dollar) am 6. Mai 2005 folgten am 31. des gleichen Monats noch gut 830000 US-Dollar. In beiden Fällen handelt es sich den Ermittlungen nach um Zahlungen, auf die sich ein Strohmann Rahmans und die chinesische Firma verständigt hatten. Diese hatte den Zuschlag bei der Ausschreibung des neuen Containerterminals im Hafen von Chittagong erhalten - das zunächst niedrige Gebot war im nachhinein um genau 200 Millionen Takka (2,4 Millionen Euro) angehoben worden. Zwei Drittel des Aufschlags, sagte der lokale China-Harbour-Agent Zillur Rahman bei der Vernehmung, soll Rahman für sich gefordert haben. Ein dunkles Geschäft zu Lasten der Staatskasse.

Die Erkenntnisse untermauern, daß sich die Familie der vormaligen Ministerpräsidentin zu deren Regierungszeiten bereichert hat. Dies war einer der Gründe, warum das von Anfang 2007 bis Anfang 2009 amtierende Notstandskabinett sowohl Khaleda Zia als auch die heutige Premierministerin Sheikh Hasina aus der Politik drängen wollte. Aus der angestrebten Minus-zwei-Lösung wurde aber nichts, beide sitzen, mit vertauschten Rollen, wieder fest im Sattel. Gegen die BNP-Chefin rumort es jedoch auch in der eigenen Partei. Eine starke Fraktion fordert einen Neuanfang ohne sie und könnte mit den erhärteten Vorwürfen gegen ihren Sohn Oberwasser bekommen. Zumal nun auch Khaledas Bruder, BNP-Vize Zayed Eskander, von der ACC aufgefordert wurde, die Herkunft seines Vermögens offenzulegen.

* Aus: junge Welt, 24. März 2009


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