Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Horden des Hasses

Islamisten heizen in Bangladesch blutige Gewalt an / Zahlreiche Todesopfer

Von Hilmar König *

Mit gewalttätigen Protesten Zehntausender Anhänger hat die radikal-islamische Gruppierung Hafajat-e-Islam (Protektorat des Islam) am Montag ihre Belagerung Dhakas, der Hauptstadt Bangladeschs, fortgesetzt.

Bei blutigen Auseinandersetzungen der hasserfüllten Horden mit den Sicherheitskräften der Hauptstadt kamen inzwischen mindestens 15 Menschen ums Leben. Die Stadtbehörden von Dhaka verhängten ein Demonstrations- und Versammlungsverbot.

Die Fundamentalisten haben der säkularen Koalitionsregierung unter Premierministerin Hasina Wajed einen Forderungskatalog nach schärferer Islamisierung unterbreitet. Nötig sei ein striktes Gesetz gegen Gotteslästerung. Wer Allah, den Islam oder den Propheten Mohammed beleidige, müsse die Höchststrafe erhalten. Die Ahmadiya-Minderheit müsse zu Ungläubigen erklärt, jegliche »ausländische Kultur«, das Aufstellen von Skulpturen in der Öffentlichkeit, »gemischte Versammlungen« von Männern und Frauen verboten werden. Islamische Bildung müsse zur Pflicht an den Schulen gemacht, die staatliche Bildungs- und die Frauenpolitik abgeschafft sowie »antiislamisches Agieren« von Nichtregierungsorganisationen und von Bloggern gestoppt werden.

Mehr oder weniger offen unterstützt wird die Hafajat-e-Islam von den Parteien Jamaat-e-Islami und der Bangladesh Nationalist Party. Die Vorsitzende der Letzteren, Khaleda Zia, wies ihre Aktivisten am Montag an, der Hafajat in deren Mission, den »Islam zu schützen«, beizustehen. Die von der Awami-Liga dominierte Regierung lehnt ein neues Anti-Blasphemie-Gesetz ab und hält die Verordnungen für ausreichend. Die Premierministerin erklärte, jede Religion habe das Recht auf freie und faire Ausübung. Die Regierung versuche, alle religiösen Gefühle zu schützen.

Die Hafajat-e-Islam entstand 2010 auf Drängen konservativer islamischer Gelehrter und Geistlicher und hat ihre Wurzeln in den Moscheen und Koranschulen. Einige ihrer Gründer weilten 1988 bei den Mudschahedin in Afghanistan, sammelten dort Dschihad-Erfahrungen und rühmen sich, Kontakte zu Osama bin Laden gehabt zu haben.

2011 machte das »Protektorat« mobil gegen die Politik der Regierung, Frauen gleiche Rechte zu gewähren. Diesmal beteiligt sie sich seit Monaten an den Protesten der Oppositionsparteien, die mit Streiks, Demonstrationen und Kundgebungen den Rücktritt der Regierung und Reformen des Wahlsystems vor den Parlamentswahlen 2014 fordern.

Besonders verärgert reagierten die »Hüter des Islam« auf die Shabagh-Bewegung. Diese steht im Zusammenhang mit den Kriegsverbrechertribunalen, die 2010 zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen während des Kampfes zur Befreiung von der pakistanischen Vorherrschaft (1971) gebildet wurden. Die säkular orientierten Shabagh-Aktivisten verlangen die Todesstrafe für einstige Kollaborateure, die überwiegend eine Heimat in der heutigen Opposition gefunden haben. Die bislang gefällten Urteile haben meist blutig verlaufene Demonstrationen und Gegendemonstrationen ausgelöst.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 7. Mai 2013

Fast 50 Leichen über Nacht gefunden - nun 656 Tote in Bangladesch

Die Retter in Bangladesch sind auch zwölf Tage nach dem Fabrikeinsturz auf Dutzende Tote unter den Trümmern gestoßen. Allein in der vergangenen Nacht bargen sie nach offiziellen Angaben 46 Leichen, damit stieg die Zahl der Opfer auf mindestens 656. Weitere Menschen werden im Schuttberg vermutet. Das Gebäude mit Textilfabriken und Geschäften im Industriegebiet Savar nordwestlich der Hauptstadt Dhaka war am 24. April zusammengestürzt. Mehr als 2400 Menschen wurden bei der Katastrophe verletzt. Sie gilt als das schlimmste Fabrikunglück in der Geschichte Bangladeschs.
(nd, 06.05.2013)




Zurück zur Bangladesch-Seite

Zurück zur Homepage