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Geschichte korrigiert

Bild vom Unabhängigkeitskampf Bangladeschs ab jetzt im richtigen Licht. Indira Gandhi posthum geehrt

Von Ashok Rajput, Neu-Delhi *

Vierzig Jahre nach Gründung des Staates Bangladesch wurde die 1984 ermordete ehemalige Premierministerin Indiens, Indira Gandhi, am Montag (25. Juli) in Dhaka posthum mit der höchsten Auszeichnung des Landes geehrt. Damit erhielt der Nachbar Indien nicht nur eine verspätete offizielle Anerkennung für seinen entscheidenden Beitrag im Unabhängigkeitskampf des damaligen Ostpakistan gegen die Kolonialtruppen Islamabads. Auch die bilateralen Beziehungen, die unter wechselnden bangladeschischen Regierungen meistens gespannt waren, bekamen einen spürbaren positiven Impuls. Indiens Premier Manmohan Singh wird im September zum Staatsbesuch nach Dhaka reisen und diesen Trend weiter verstärken.

In der Begründung für den Orden »Bangladesh Swadhinata Sammanona«, der von Präsident Zillur Rahman erstmals an eine Person aus dem Ausland verliehen wurde, heißt es: »Frau Gandhi stand von Anfang an trotz verschiedener Widrigkeiten an der Seite des Volkes von Bangladesch in seinem Befreiungskampf. Sie gab rund zehn Millionen Flüchtlingen ein Obdach. Trotz diplomatischer Hindernisse ermutigte sie immer den Befreiungskampf.« Zudem wurde ihr Einsatz bei der Befreiung des »Vaters der Nation«, Sheikh Mujibur Rahman, gewürdigt.

Rahman und seine Partei Awami-Liga hatten 1970 die Parlamentswahlen in Pakistan gewonnen. Doch das Militär wollte dieses Resultat nicht akzeptieren. Es weigerte sich, die Regierungsgwalt an den Führer des bengalischen Landesteiles weit im Osten abzugeben. Am 25. März 1971 schickten die Generäle ihre Kolonialsoldateska gegen demonstrierende Studenten in Dhaka ins Feld. Das war das Signal zum landesweiten Aufstand. Am folgenden Tag erklärte Rahman aus dem Kerker die Unabhängigkeit Ostpakistans. Doch es sollte neun Monate erbitterten Befreiungskrieges brauchen, bis dieses Ziel da facto erreicht war. Schätzungsweise drei Millionen Bengalen wurden in dem Konflikt getötet, 300000 Frauen vergewaltigt, Tausende Behausungen zerstört und Millionen Bürger aus dem Land getrieben.

Indien unter Indira Gandhi zögerte keinen Moment, den Ostbengalen umfassende Unterstützung zu gewähren. Es öffnete seine Grenzen für die Flüchtlinge, half der Exilregierung und bemühte sich bei der UdSSR und anderen sozialistischen Staaten erfolgreich um diplomatische Assistenz. Während sich die USA auf die Seite Pakistans schlugen, wurden die ostbengalischen Kämpfer, die Mukti Bahini, von Indien ausgerüstet und ausgebildet. Am Ende griff es mit eigenen Truppen in den Krieg ein, der mit der Kapitulation Pakistans und der Abtrennung des östlichen Landesteiles endete.

Haroon Habib, ein prominenter Befreiungskriegsveteran, schrieb dazu in der Zeitung The Hindu, daß jene, die in den vergangenen 40 Jahren überwiegend an der Macht waren, die Geschichte der Unabhängigkeit Bangladeschs sowie Indiens Beitrag dazu absichtlich gefälscht hatten. Es sei lobenswert, daß Sheikh Hasina Wajed, die Tochter des 1975 ermordeten Mujibur Rahman und heutige Ministerpräsidentin, es gewagt hat, endlich das falsche Bild zu korrigieren.

* Aus: junge Welt, 27. Juli 2011


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