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Geburt unter Schmerzen

Der Blick in die Geschichte hilft, das heutige Bangladesch mit seinen Problemen zu verstehen. Eine Reise von Dhaka nach Chittagong

Von Thomas Berger *

Das Liberation War Museum liegt in einer kleinen Seitenstraße von Dhaka, fast ein wenig versteckt. Wäre nicht das Schild über dem Tor, könnte man es schnell übersehen. Drei Taka kostet der Eintritt, das sind etwa fünf Cent – die Summe, die einem Tee an dem Stand zwei Ecken weiter an der Hauptstraße entspricht. Über zwei Etagen erstreckt sich die Ausstellung. Viele Bilder sind ein wenig vergilbt und das ganze Ambiente reichlich eingestaubt. Doch wer mit offenen Augen durch die Räume wandert, dem vorgezeichneten Rundgang folgend, merkt sehr schnell, daß die Sammlung Geschichte atmet. Von den Urahnen des bengalischen Nationalismus im 18. und vor allem 19. Jahrhundert spannt sich der Bogen über den antikolonialen Befreiungskampf, der 1947 aus der vormaligen Kronkolonie Britisch-Indien zwei neue Gemeinwesen entstehen ließ: Indien und Pakistan. Und wäre die Aufspaltung entlang religiöser Mehrheitsverhältnisse nicht schon problematisch genug gewesen, bestand das Kunstgebilde Pakistan aus zwei weit voneinander entfernt liegenden und kulturell nicht miteinander verwandten Teilen.

Wie ist das, sich im eigenen Land als unterdrückter Fremdling zu fühlen? Die Ausstellungsstücke im Museum sprechen Bände, erzählen von der zunehmenden Unterdrückung der Bevölkerung im damaligen Ostpakistan, als diese wenigstens Bengali als weitere Amtssprache neben Urdu eingeführt haben wollte. Die Language-Movement in den frühen fünfziger Jahren – sie wurde sozusagen zur Keimzelle der bengalischen Befreiungsbewegung gegen die im Westen des geteilten Staates sitzenden Herrscher, die Studentendemos gewaltsam niederknüppeln und »Aufrührer« verhaften ließen. Ist im Erdgeschoß auf diese Weise die Vorgeschichte des Unabhängigkeitskrieges nacherzählt, legen Bilder und Beschreibungen in der oberen Etage Zeugnis ab von der Brutalität der pakistanischen Armee, die Militärmachthaber Yahya Khan am 25. März 1971 schließlich gegen die Bengalen losschlagen ließ.

Kurz zuvor, bei den Wahlen zum Jahreswechsel, hatte die Awami Liga (AL) von Mujibur Rahman alle Sitze in Ostpakistan gewonnen. Doch die Elite im Westen des Landes war nicht bereit, die neuen Realitäten anzuerkennen. Nachdem er Anfang März bei einer Rede in Dhaka den Freiheitswillen seiner Landsleute betont hatte, war Mujibur wegen Aufwiegelung verhaftet worden. Ziaur Rahman, zu jener Zeit als Major ranghöchster bengalischer Offizier, blieb es überlassen, im Namen des AL-Führers per Radiodurchsage am 26. März die Unabhängigkeit zu erklären.

Die Aufstellung der »Mukti Bahini« (Freiheitskämpfer) sowie das zunächst ungleiche Verhältnis zwischen einer hochgerüsteten Armee und den teils in Guerillataktik operierenden Bengalen ist auf den Bildern im Museum in mannigfaltiger Weise erzählt. Ebenso die Leiden der Zivilbevölkerung. Wer auch nur verdächtig erschien, mit der Unabhängigkeitsbewegung verbunden zu sein, wurde oft gnadenlos umgebracht. Eine Vitrine mit mehreren Dutzend Totenschädeln von Opfern verdeutlicht die Greueltaten. Ein paar Schritte weiter dann jubelnde Gesichter auf den vergilbten Fotos: Nachdem Indien Anfang Dezember auf Seiten der Bengalen eingegriffen hatte, änderte sich die Lage, und zwei Wochen später kapitulierte die pakistanische Armee. Bangladesh wurde geboren – eine Geburt unter Schmerzen, mit Tränen und Blut.

Bilder der Verehrten

Wer verstehen will, warum das Land sich heute so darstellt mit seinen vielfältigen Problemen, sollte dies nicht außer acht lassen. Der Museumsrundgang zeigt, was die meisten Bangladeschis, ungeachtet der konkreten politischen Einstellung, nach wie vor verbindet. Aber eben auch, daß Befreiung von Fremdbestimmung nicht zwangsläufig mit Fortschritt und Aufschwung einhergeht. Von all den »Kinderkrankheiten« des jungen Staates, die teilweise noch immer nicht überwunden sind, ist in dieser Ausstellung allerdings nichts zu finden.

In einer anderen Seitenstraße der Purana Paltan, vielleicht einen guten Kilometer Luftlinie entfernt, kann man die Premierministerin kaufen. Nun ja, nicht Sheikh Hasina Wajed selbst, wohl aber die Bilder der Frau, die seit dem Sieg ihrer »Grand Alliance« bei der Wahl vom 29. Dezember wieder an der Spitze des Landes steht. Und es gibt Kunden dieser Läden, die nicht nur bei ihrem Porträt zuschlagen, sondern auch gleich noch ihren Vater mitnehmen: Den hochverehrten Mujibur Rahman, Nationalheld und Vater der Unabhängigkeit. Wie werden sich die Händler freuen, daß die Regierung Ende März verfügte, sein Porträt solle fortan in allen amtlichen Büros hängen. Mancher will Hasina oder Mujib sogar auch für das eigene Wohnzimmer.

Hasan Tarique Chowdhury hatte einen Platz unweit der Universität als Treffpunkt vorgeschlagen. Zielsicher schwingt er sich als erster auf den Sitz einer der unzähligen Fahrradrikschas, Transportmittel Nummer eins im innerstädtischen Verkehr, um zum Büro der Kommunistischen Partei Bangladeschs (PCB) zu fahren. Hasan ist Leiter der Internationalen Abteilung, zudem Koordinator des Zentralkomitees, ganz nebenbei auch noch Sekretär des Bangladesh Peace Council. Die Dhaka University löst bei dem 36jährigen besondere Erinnerungen aus, denn einst war er Studentenführer, Aktivist der linksgerichteten Bangladesh Students Union. Daß nicht nur dieser Campus im Herzen der Hauptstadt, sondern auch andere Hochschulen heute zum Tummelplatz fragwürdiger Elemente geworden sind, macht ihn zugleich traurig und wütend.

Es ist erst wenige Tage her, daß die Zeitungen von gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Vertretern der Bangladesh Chhatra League (BCL) und der Islami Chhatra Shibir (ICS) in Rajshahi, einer Provinzstadt im Nordwesten, berichteten. Die BCL steht der regierenden Awami-Liga nahe, während die ICS der verlängerte Arm der ultrareligiösen Jamaat-e-Islami ist. Doch mit Politik haben die Streitigkeiten nur noch bedingt etwas zu tun. »Da geht es einfach um Macht in den Institutionen. Während wir seinerzeit versucht haben, unsere Gegner ideologisch zu bekämpfen, werden heute gleich Waffen eingesetzt, um die Vorherrschaft zu sichern«, sagt Hasan kopfschüttelnd. In Rajshahi hat ein hochrangiger Aktivist der ICS diese Streitigkeiten mit dem Leben bezahlt, und wenige Tage nach dem Gespräch liefern sich an der Dhaka University wiederum zwei verfeindete Fraktionen der BCL einen Schlagabtausch. Zwölf Menschen werden dabei verletzt.

In vorderster Front

Zwischen einem Gebäude, das zum Bildungsministerium gehört, und dem Obersten Gerichtshof ein Stück weiter stehen gleich an zwei Straßenkreuzungen Monumente, die an bewegte Zeiten erinnern. Das eine wurde aufgestellt, um diejenigen zu ehren, die damals bei einer Großdemo im Rahmen der »Language Movement« an dieser Stelle ums Leben kamen, erklärt Hasan. »Und das andere dort erinnert an zwei unserer Genossen aus der CPB, die von der Polizei 1973 bei einer Solidaritätskundgebung für Vietnam erschossen wurden.« Es ist zugleich ein Beweis dafür, daß die Kommunisten seit den Anfängen des Unabhängigkeitskampfes immer in vorderster Front dabei waren, auch wenn ihre bestenfalls bescheidene politische Präsenz im Parlament den realen Einfluß der Partei nie widerspiegelte. Das mag in gleicher Weise auch für die Gegenwart gelten. Denn obgleich die CPB bei den letzten Wahlen kein einziges Mandat erringen konnte, ist sie doch eine nationale Partei, die in allen Distrikten vertreten ist und durchaus Rückhalt genießt.

»Wir sind aber nicht bereit, unsere Prinzipien preiszugeben«, sagt Hasan, der inzwischen im Partei-Buchladen auf einem Stuhl Platz genommen hat. Hinter ihm hängen die Bilder von Marx, Engels, Einstein, Che Guevara, Mujibur Rahman und Moni Singh, dem langjährigen CBP-Vorsitzenden. Mit seinem Satz spielt der Leiter der Internationalen Abteilung auf mehrere vormalige Bündnispartner an, die sich kurz vor den Wahlen urplötzlich der Allianz von Sheikh Hasina angeschlossen haben. Die Democratic Front aus linken und linksliberalen Gruppen ist damit zusammengebrochen, von der Left Democratic Front blieb nur der harte Kern. Trotz dieser Rückschläge sieht der Kommunist das Bündnis weiter als eine echte Alternative zur Bipolarität in Bangladeschs Politik. Denn die Awami Liga sei zwar immerhin das kleinere Übel gegenüber der rechtskonservativen Bangladesh Nationalist Party (BNP) von Oppositionsführerin Begum Khaleda Zia, habe sich aber inzwischen auch weit von ihren einstigen Grundsätzen entfernt. Ob neoliberaler Kurs oder mangelnder Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus, da kann Hasan bei beiden großen Parteien wenig Unterschiede feststellen.

Daß die Radikalen ihre Netze ausbreiten, ist nicht nur an den Waffen ablesbar, die Sicherheitskräfte kürzlich in einer Madrassa (Koranschule) fanden, die vom aus England zurückgekehrten Neffen eines Exministers gegründet wurde. Der CPB-Funktionär erinnert auch an mehrere Anschläge, die seine eigene Partei oder andere Gruppen schon seitens dieser religiösen Fanatiker zu erleiden hatten. Eine Massenkundgebung der AL wurde ebenso attackiert wie kulturelle Veranstaltungen, und die Anschlagserie vor rund zwei Jahren, als zeitgleich in 63 der 64 Distrikte Sprengsätze explodierten, sind den Einwohnern des Landes noch in lebhafter Erinnerung.

Mothijeel ist eine der belebtesten Gegenden der 16-Millionen-Metropole und zugleich Dhakas Bankenviertel. Schon in ihrer Leuchtreklame und der Höhe ihrer Bürogebäude versuchen sich die Geldinstitute, gegenseitig zu übertreffen. Nur ein paar Fußminuten die Hauptstraße hinunter liegt das zentrale Stadion, dessen runder Bau schon aus der Ferne eine Orientierungsmarke ist. Vor einem Hotel in einer Seitenstraße lungern wiederum Rikschafahrer in der Hoffnung auf einen Passagier – sowie etliche Bettler. Eine Mutter sitzt neben dem Wagen mit ihrem verkrüppelten Jungen, ein alter Mann stützt sich auf einen Stock, doch schneller und hartnäckiger als alle anderen sind eine junge Frau mit ihrem Baby auf dem Arm und ein etwa 13jähriges Mädchen. Tagein, tagaus setzen sie ihre Hoffnungen darauf, genügend Mildtätige zu finden, um sich wenigstens eine kleine Mahlzeit leisten zu können.

Geldquelle Blauhelme

Dhaka wartet nicht mit solch schreiender Armut auf wie vergleichbare indische Großstädte. Die Stadt wirkt mit ihren ordentlichen Straßen, intakten Bürgersteigen, funktionierender Müllabfuhr sogar moderner und sauberer als viele Stadtteile von Mumbai (Bombay) oder Kolkata (Calcutta). Dennoch gibt es unzählige Arme, die kaum über die Runden kommen, und ihre Zahl hat mit den Preiserhöhungen im zurückliegenden Jahr weiter zugenommen. Ob Reis, Gemüse oder Öl zum Kochen, solche Dinge des täglichen Bedarfs sind immens teuer geworden. Da zudem viele Familien in der Hauptstadt schon 80 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen, reicht das wenige dann noch verbleibende Geld hinten und vorne nicht. An den Obst- und Gemüseständen nahe der Purana Paltan legt so mancher die Früchte wieder zurück, als der Händler den aktuellen Preis nennt. Und zwischen den ausgebreiteten Sammlungen von Äpfeln, Mandarinen, Kohl und Karotten sitzen immer wieder alte Frauen, die die Passanten um eine Münze anbetteln.

Im Bus von Dhaka nach Chittagong macht Noman seinem Ärger Luft. Der Mittvierziger mit ordentlich gescheiteltem Haar ist Commander bei der Navy, hat unter anderem schon bei der UN-Mission im Südsudan gedient – Bangladesch ist der wichtigste Lieferant von Blauhelmsoldaten und bessert auf diese Weise ein wenig die notorisch klamme Staatskasse auf. Derzeit hat Noman seinen Posten in der Hauptstadt, ist dort Versorgungsoffizier. Er stammt aus der Gegend von Chittagong, und da er selbst in einem Dorf groß geworden ist, kennt er die Nöte der Menschen auf dem Land: »Dort herrscht Armut, fehlt es an Krankenhäusern und vielem anderen.« Auf die Politiker, gleich welcher Partei, ist er nicht sonderlich gut zu sprechen, obgleich er gewisse Hoffnungen in die neue Regierung setzt.

Chittagong, der größte Hafen des Landes. Doch nicht etwa das verschafft der Stadt fragwürdige Berühmtheit, sondern der zweitgrößte Schiffsfriedhof der Welt. Etwa 45 Minuten tuckert die grüne Motorrikscha über die Straßen, nach 20 Kilometern in nördlicher Richtung ist Bhatiara erreicht. Der gesamte Küstenstreifen von hier bis zum noch einmal acht Kilometer entfernten Sitakunda ist letzte Ruhestätte für einstmals stolze Ozeanriesen. An 36 Abwrackplätzen ist ein Heer bienenfleißiger Arbeiter damit beschäftigt, ausgemusterte Luxusliner und Frachter in ihre Einzelteile zu zerlegen. Ein paar Wochen, höchstens wenige Monate, dann ist von den stählernen Kolossen nichts mehr zu sehen.

Es riecht zwar nicht über Gebühr nach industriellem Friedhof, aber andere Zeichen sind deutlich. Das Gelände zwischen Strand und den Liegeplätzen der Schiffe ist ein dunkelgrauer Schlamm, an verschiedenen Stellen zu Wegen festgetreten. Über die werden die Teile an Land gebracht. An einer Stelle dringt dunkler Rauch in den Nachmittagshimmel, und auf dem benachbarten Platz lagern etliche Fässer, aus denen eine pechschwarze Flüssigkeit tropft. Wenn es »nur« Altöl sein sollte, wäre es schon weniger schlimm.

Was seit Jahrzehnten hier bei Chittagong passiert, ist eine ökologische Katastrophe sondergleichen. Nur im indischen Alang werden noch mehr Schiffe verschrottet, insgesamt landet die übergroße Mehrzahl in Südasien. Westeuropäische, amerikanische, russische, chinesische, aus aller Herren Länder. Die Lebensdauer eines solchen Ozeanriesen beträgt 25 Jahre, schon nach 20 ist er offiziell abgeschrieben, und die früheren Besitzer wollen gar nicht wissen, was genau am Ende aus ihnen wird. Oft zum Schnäppchenpreis können die Verschrottungsfirmen zuschlagen, beim Auseinanderbau und Weiterverkauf der Einzelteile ein Vielfaches der bezahlten Summe an Profit herausschlagen.

Es ist ein Geschäft, das mit dem Leid von Mensch und Umwelt erkauft ist. Von Arbeitsschutz nicht die geringste Spur, die Männer – teils noch nicht einmal volljährig – tragen nur Sandalen, Hosen und schmutzige T-Shirts. Wer sich verletzt, hat Pech: Gezahlt wird nur für Anwesenheit und tatsächliche Arbeit, und fällt einer aus, stehen genügend andere Arme bereit, die selbst den Hungerlohn gut gebrauchen können. Nur etwa 2000 Arbeiter sind fest angestellt, die restlichen 25000 dagegen Tagelöhner, also rechtlos.

Zumindest bei Umweltverbänden war die Freude groß, als am 17. März die Richter des High Court nach einer im Herbst 2008 eingereichten Klage einer Gruppe ökologisch gesinnter Anwälte die Schließung aller Firmen verfügte, die nicht binnen 14 Tage eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Umweltbehörde vorweisen können. Da diese schon einräumte, daß nicht ein einziges Unternehmen je auch nur einen Antrag eingereicht hat, würde dies das Aus der Branche bedeuten. Aber eben auch Existenznot für Tausende Familien. Allein 30000 Arbeitsplätze sind direkt betroffen, weitere in den nachgeordneten Bereichen, machten die Teilnehmer einer Protestaktion fünf Tage nach dem Urteil deutlich. 10000 Beschäftigte legten für drei Stunden die Arbeit nieder, um eine kilometerlange Menschenkette zu bilden. Vermutlich geht der Fall nun an den Supreme Court, auf daß die obersten Richter einen Kompromiß zwischen Umweltschutz und den Interessen der Arbeiter finden.

Mitten im Zentrum von Chittagong wiederum liegt ein Bauwerk, dessen Betreten abermals drei Taka kostet. Dieses Mu­seum ist nicht primär dem Unabhängigkeitskampf gewidmet, sondern einem Mann, der später nachhaltig die Geschicke des Landes lenkte: Ziaur Rahman. Bilder zeigen den General als Kind und jungen Mann im Kreise der Familie, bei den Kämpfen als einer der Regionalkommandeure der »Mukti Bahini«, und sogar die originale Radioausrüstung, über die er in Mujiburs Namen die Unabhängigkeit verkündete, hat einen Ehrenplatz. Der »Vater der Nation«, dessen Glanz längst etwas verblaßt war, fiel 1975 einem Militärputsch zum Oper, zwei Jahre später wiederum übernahm Zia die Macht und brachte, wie es seine Getreuen beschönigend formulieren, neue Stabilität.

Daß diese mit einem politischen Rechtsruck sowie der brutalen Verfolgung Oppositioneller einherging, wird in manchen Kreisen gern verschwiegen, und auch das Museum spart diese Komponente aus. Zia mal in Uniform, mal in Zivil, einzeln mit allen Staatsoberhäuptern Südasiens der damaligen Zeit von Indira Gandhi bis zu Nepals König Birendra sowie mit weiteren Berühmtheiten. Bilder über Bilder, und am Ende die, welche die Trauerfeier für ihn zeigen. Es war in diesem Gebäude, in dem sich nun das Museum befindet, wo er 1981 – ebenfalls von Militärs – ermordet wurde. Erst 1990/91 fand die Kette von unrühmlichen Herrschern in Uniform ein Ende.

Bangladesch tut sich noch immer schwer mit basisdemokratischen Strukturen – was sich auch daran zeigt, daß die Regierung den gewählten Kommunalgremien die jeweiligen Parlamentsabgeordneten als »Berater« an die Seite stellt. Fast vier Jahrzehnte liegen zwischen dem überragenden Wahlerfolg Mujibs, der die Unabhängigkeit einläutete, und jetzt dem seiner Tochter. Die Hoffnungen der Leute auf ein besseres Leben sind weitgehend die gleichen geblieben, und Hasinas Regierung muß allerhand tun, um wenigstens einige zu erfüllen. Freiheit allein, das haben die Einwohner seit 1971 zur Genüge erfahren, besiegt nicht den Hunger.

* Aus: junge Welt, 18. April 2009


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